Christliche Symbolik/Baum

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Baum,

Sinnbild des Lebens und des Todes, je nachdem er gesund und kräftig oder krank und dürr ist. Der Gerechte gleicht [114] einem fruchtbaren Baume. Psalm 1, 3. 92, 13. Christus verflucht den unfruchtbaren Baum. Schon im Paradiese standen sich in diesem Sinne der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntniss gegenüber. Durch die Erkenntniss kam Sünde und Tod in die Welt. 1. B. Mos. 2, 9. Adam ass von dem Baume der Erkenntniss den verbotenen Apfel. So lockend dieser war, verbarg er doch in sich den Tod. Daher die Giftschlange, die um den Baum sich windet, daher auch die Versuche in späterer Zeit, den Apfelbaum im Paradiese als ein Todtengerippe darzustellen, z. B. auf einem Stiche von Beham. Der Baum des Lebens ist dem Menschen seit Adams Fall entzogen, ebend. 3, 22. Dagegen wird er die Seligen dereinst mit seinen Früchten erquicken, wenn sie das Paradies wiedergewonnen haben. Offenb. Joh. 2, 7. 22, 2.

Im Mittelalter suchte man die beiden Bäume welthistorisch zu reproduciren und aus einander entstehen zu lassen. Wie Adam die durch Sünde verdunkelte, Christus die gereinigte Menschheit bedeutete, so sollte aus dem Baume der Erkenntniss zuletzt der Baum des Lebens werden, indem aus ihm das Kreuz gezimmert wurde. Adam nahm einen Kern des Apfels mit aus dem Paradiese und behielt ihn im Munde, als er starb. Aus seinem Grabe wuchs der Stamm des Kreuzes. Cornelius a Lapide in Genes. II. 9. Vgl. Hofmann, Apokr. 430. In demselben Sinne malte man früher häufig das Kreuz grün als lebendigen Baum. Hauptsächlich aber ist es der Christ- oder Weihnachtsbaum, mit Aepfeln behangen und Lichtern besteckt, der am Geburtsfeste des Heilands als Lebensbaum ausdrücklich dem Apfelbaume des Erkenntnisses wie Erlösung dem Sündenfalle entgegengesetzt wird; womit der Glaube zusammenhängt, dass in der Christnacht die Bäume blühen.

Die Gattung des Erkenntnissbaumes wird verschieden aufgefasst. Juden und Muhamedaner verstehen darunter einen Weinstock, die griechische Kirche einen Feigenbaum, erst die römische nahm den Apfel an. Vgl. v. Bohlen, Genesis 38. Im Orient dachte man auch an die Pisang. Der Sinn bleibt [115] überall derselbe, welche süsse Frucht man auch vorzog, immer blieb sie nur Sinnbild der Verlockung. – Auf einem Bilde von Vasari sind die Patriarchen des alten Testaments an den Baum der Erkenntniss angekettet und Maria bittet für sie. Huber, Kupferst. VII. 64.

Der Baum der Sünde und des Todes wurde in christlicher Symbolik auch zum Weltbaum, zum Sinnbild des ganzen Menschenlebens.

Nach dem altdeutschen Gedicht Barlaam und Josaphat von Rudolf von Montfort und in den gestis Romanorum Nr. 168. macht Barlaam vom menschlichen Leben folgendes Bild. Ein Mensch fürchtet sich vor einem Einhorn und fällt in einen Abgrund. Da hält er sich an einem Baume, zu dessen Füssen aber lauert in einem Brunnen ein Drache mit offnem Rachen auf ihn, eine weisse und schwarze Maus benagen des Baumes Wurzel, dass er wankt, und vier Vipern verpesten die Luft mit ihrem Athem. Aber oben aus dem Baume floss Honig, von dem er so viel genoss, dass er alle Gefahr über der Süssigkeit vergass, dann aber in den Rachen des Drachen hinabstürzte. Wiener Jahrbücher VI. 174. Vgl. Grimm, altd. Wälder I. 77. Das Einhorn ist der Tod, der Abgrund die Welt, der Baum das Leben, die Mäuse sind Tag und Nacht, die Vipern sind die Elemente, der Honig ist die Verlockung dieser Welt, der Rachen unten die Hölle. – Im Kloster Lorch in Schwaben befand sich ehemals ein Bild, auf dem der Baum mit den Mäusen ebenfalls abgebildet war, und zwar ganz so, wie das Bild in Barlaam angegeben ist, mit dem Einhorn (auf dem der Tod mit gespanntem Bogen reitet), mit dem Drachen, den Vipern, dem Honig. Crusius, schwäb. Chronik III. 12. 35. Dasselbe Bild in einer andern altdeutschen Fassung bei Lassberg, Liedersaal I. 252.

Das Wahrzeichen der Stadt Lübeck sind die beiden an der Wurzel eines Baumes nagenden Mäuse, abgebildet links von der grossen Uhr an der Marienkirche. Es soll einmal ein falscher Prophet der Stadt den Untergang gedroht und gesagt haben, wenn es nicht wahr sey, so solle dieser Baum [116] noch in derselben Nacht verdorren. Der Baum aber verdorrte wirklich und man fand an der Wurzel zwei Mäuse nagen. Asmus, Lübecks Volkssagen S. 221.

Auf einem alten Bild in Marburg ist das Menschenleben durch einen Baum symbolisirt, der von aussen grüne Zweige mit lustig singenden Vögeln trägt, in dessen hohlem Innern aber Schweine hausen.

Ein Baum der Sünde und des Todes ist auch jene herrliche Ceder, mit der Ezechiel 31, 6 das Reich Assur vergleicht, denn bei aller Pracht und Stärke birgt sie den Tod in sich. — Wieder in anderem Sinne ist der von Christus verfluchte Feigenbaum aufzufassen, denn er bedeutet die ursprünglich von Gott zum Guten geschaffene Kraft, die sich dem guten Berufe versagt und mit den Mitteln zum Guten Uebles thut.

Man hat viel Gelehrsamkeit zur Schau getragen, um den Sündenbaum der Genesis aus den Bäumen herzuleiten, die in vielen heidnischen Mythen vorkommen, an deren Wurzeln eine Schlange nagt, oder deren Früchte von einem Drachen gehütet werden. Vgl. v. Bohlen, Genesis 38. Piper, Myth. I. 66. Aber jene Mythen haben fast durchaus einen andern Sinn und gehören um so weniger hierher, als sie den Unterschied zwischen dem Baume der Erkenntniss und des Lebens nicht kennen, der in der christlichen Symbolik die Hauptsache ist.

Adam und Eva wurden aus dem Paradiese gejagt, damit sie nicht auch vom Baume des Lebens ässen, nachdem sie vom Baume der Erkenntniss gegessen hatten, 1. Mos. 3, 22, denn alsdann wäre die Sünde in der Welt verewigt worden. Die Früchte des Lebensbaumes reifen nur den Seligen und Reinen. Offenb. Joh. 2, 7. Darum prangt er im künftigen Paradiese, welches der Christ erst wiedererwerben muss, im neuen Jerusalem am Strome des lebendigen Wassers mit zwölferlei Früchten. Offenb. Joh. 22, 2. Eine Hymne des Fortunatus bezeichnet den fruchtbarsten Baum als das Kreuz, das den Heiland trägt, und eine andere des heiligen Cyprian gibt ihm [117] die Apostel als zwölf Aeste, welche die ganze Welt überschatten. Fortlage S. 108. 116. Tundal in seiner berühmten Vision erblickte diesen Baum im Paradiese mit verschiedenfarbigen Blättern und Früchten schattend über wunderbaren Blumenbeeten und Elfenbeinzellen, worin Mönche und Nonnen Gott lobsingen. Kopisch zu Dante S. 473. – Der Lebensbaum steht auf einem altchristlichen Grabbilde bei Bottari, Roma solter. II. tav. 125 als Oelbaum, eine Taube auf seinen Zweigen, zwischen dem guten Hirten und der Maria. Die letztere hebt nach dem ältesten Typus beide Arme in die Höhe und trägt einen Schleier, zu ihren Füssen blühen drei Lilien, wovon eine noch in der Knospe. Das ist auf andern altchristlichen Bildern, Bottari, I. tav. 48, Aringhi I. 389, Sinnbild des Frühlings, mithin soll dem Begrabenen der künftige Frühling im Himmel vorbedeutet werden. Wie viel schöner ist diese Grabmalerei, als so manche auf unsern modernen Kirchhöfen!

Man findet den Baum des Lebens auch als Stammbaum Christi. Namentlich in gemalten Glasfenstern der Kirchen sieht man häufig aus dem unten liegenden Jesse (Isai, Vater des Königs David) einen Stammbaum sich erheben, der in den verschiedenen Stockwerken des Fensters die Geschichte von David bis Christus nach einander entwickelt. Vgl. über diesen Baum des Jesse Didron, manuel p. 151, wo viele schöne Bäume dieser Art in französischen Bildwerken verzeichnet werden. Der Baum ist öfters ein Weinstock und wächst aus Jesse's Brust oder Mund. Eine prachtvolle Skulptur in der Kathedrale zu Beauvais, die auf jedem Zweige Könige und Propheten trug, wurde in der Revolution der Statuen beraubt, der schöne Baum selbst aber steht noch. Vgl. auch Kunstblatt 1847, Nr. 13.

Nach manichäischer Lehre war Christus selbst der Baum des Lebens, unter dem Namen Jesus patibilis. Vgl. Augustinus, contra Faustum XX. 2. Baur, manich. Rel. S. 71. Mani nämlich lehrte, die in der Finsterniss gelegenen Lichtkeime würden nur in den Pflanzen wieder frei; Christus aber, als [118] Seele des gesammten Lichts, feiere seine immerwährende Auferstehung aus dem Grabe in dem Emporwachsen der Pflanzen aus der Erde. Christum quotidie nasci, quotidie mori. Evorius, de fide I. 36. Omnes arbores crucem esse dictitis. Aug. cont. Faust. XXI. 9. Daher assen die Manichäer nur Pflanzenstoffe, um den Lichtkeim in sich aufzunehmen. Vgl. auch Jakob Böhmes Aurora 24, 7. Die beste und erlaubteste christliche Anwendung von diesem heidnischen Gedanken macht der Volksglaube, demzufolge am Sebastianstage (20. Januar) aller vorher starrer Saft wieder in den Bäumen emporsteige. An diesem Tage soll der Heilige, an einen Baum gebunden, verblutet seyn und sein Blut soll den Saft erwärmt haben oder selber ihm zum Safte geworden seyn, anzudeuten, dass ohne das Blut (des Heilandes und der Martyrer) der Lebensbaum der Kirche nicht hätte wachsen können, und zur Mahnung, dass wir an jedem Jahresanfang, wenn der Saft wieder in die Bäume tritt, um uns den irdischen Frühling zu bringen, jenes Erlösungswerkes eingedenk seyn sollen, das uns den himmlischen bringt. Sehr merkwürdig ist in einem Bamberger Evangelienbuch der Münchener Bibliothek ein Bild Christi, wie er auf dem Baume des Lebens sitzt, sich mit der Hand an einem Ast desselben und mit der andern eine Weltkugel hält. E. Förster, deutsche Kunst I. 71.

Man findet auch den Lebens- und Todesbaum verschmolzen. So in einem von Furtmayr gemalten Missale (Förster, d. K. II. 259), wo derselbe Baum zugleich Aepfel und Hostien trägt. Ein anderer in einer Skulptur der Kathedrale zu Trier trägt Knospen, aus deren auseinandertretenden Hülsen rechts Engelsköpfe, links Todtenköpfe hervorwachsen. Didron, annales XII. p. 168.

Der dürre Baum oder Stab, der plötzlich wieder grünt und blüht, ist das Sinnbild des Ueberganges aus dem Tode in’s Leben, daher auch an den Weihnachtscultus geknüpft. Sehr weit verbreitet war in Deutschland der Aberglaube, dass in der Mitternachtsstunde der Christnacht die Apfelbäume blühen und Früchte tragen, dann aber wieder dürr [119] dastehen. Dürre Bäume, an die Heilige gebunden und gemartert wurden, schlugen grün aus und blühten. So nach der Legende des heiligen Aemilian, Basiliscus, Coloman, Eutropius, Pantaleon. Mitten im Schnee des Winters grünen und blühen Bäume, zwischen die eine Hostie geworfen wurde etc. Vgl. Bagatta, admir. VI. 1.

Bäume neigen sich ehrfurchtsvoll und anbetend vor der Madonna, nur ein einziger Baum war zu stolz dazu, die Espe, deshalb muss sie nun zur Strafe beständig zittern. Auf der Flucht nach Aegypten reichten die Bäume von selbst ihre Aeste hinab, damit das Christkind die Früchte pflücken konnte. Damals öffnete sich auch einmal ein Baum, nahm die ganze heilige Familie, als sie verfolgt wurde, in sich auf und schloss sich hinter ihr, um sich wieder zu öffnen, als die Gefahr vorüber war. Wiederum neigten sich alle Bäume vor der Madonna, als sie gen Himmel fuhr, und noch einmal, als die Engel ihr kleines Haus nach Loretto brachten. Sehr oft erschien ein wunderthätiges Madonnenbild auf Bäumen, oder innerhalb eines Baumes, daher die vielen Namen Unserer Lieben Frau zur Eiche, zur Linde etc. Nicht selten findet sich neben den auf Bäumen erhöhten, meist wunderthätigen Marienbildern in der Nähe des Baumes auch eine Heilquelle. Sinnig war der Gedanke eines Künstlers, die Monstranz als einen Baum, den Baum des ewigen Lebens zu formen. Swedenborg sah in einer Vision die Kirche auf den Zweigen eines Baumes erbaut.

Die Baumwunder wiederholen sich bei vielen einzelnen Heiligen. Der heilige Martinus hielt einen fallenden Baum durch sein Gebet auf. Der heilige Thomas zog einen Baum mit seinem Gürtel von der Stelle. Der Baum, unter dem die heilige Gudula gesessen, lief von selbst zu ihrem Grabe und blieb über demselben stehen. Die heilige Edigna, der heilige Bavo und Gerlach lebten in einem hohlen Baume. Vor der heiligen Rosa von Lima neigten sich alle Bäume, wenn sie den Psalm sang: Benedicite universa germinantia in terra. Vgl. Görres, Gesch. der Mystik II. 221. Als die [120] Prinzessin Juana von Portugal als fromme Nonne zu Aveiro starb, fielen alle Blätter von den Bäumen des Gartens. Acta SS. zum 12. Mai.

Der heilige Aidanus, in seiner irischen Landessprache Maedogh genannt, ruhte einst mit seinem Jugendfreunde, dem heiligen Laserianus, unter zwei Bäumen, da frugen sie Gott, ob sie beisammen bleiben oder sich trennen sollten, um an verschiedenen Orten zu wirken. Siehe, da trennten sich die Bäume und liefen einer nach Norden, der andere nach Süden, worauf die Freunde sich umarmten und den Bäumen folgten. Acta SS. 31. Januar. St. Johann von Paranense, Abt eines Klosters bei Spoleto, sehr fromm und wunderthätig, wurde einst von Jägern mitten im Winter unter einem blühenden Baume schlafend gefunden. Im 6ten Jahrhundert. 19. März.

In den Legenden werden sehr oft die Heiligen an Bäume gebunden und todt gemartert: der heilige Sebastian und der heilige Eduard durch Pfeile, die heilige Afra durch Verbrennung, der heilige Pantaleon durch Annagelung. Die heilige Corona und die heilige Photis wurden zwischen zwei Bäumen zerrissen; die heilige Zoë an den Haaren aufgehenkt, die heilige Theodula an einem Baum gekreuzigt. An einen Baum gehenkt, strahlte die Leiche des heiligen Arnulfus von Licht, wurde die heilige Hildegunde von einem Engel losgebunden und wieder lebendig gemacht. An einen Baum gebunden, blieb der heilige Januarius sicher unter den ihn feindlich umgebenden wilden Thieren.