Christliche Symbolik/Geist

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Geist, der heilige,

die dritte Person in der Gottheit, als ungeschaffener ewiger Geist eins mit Gott Vater und Gott Sohn, und weder von dem Einen oder Andern geschaffen, noch mit Einem oder dem Andern ausschliesslich verbunden, sondern beiden gleich und mit beiden Eins. Eben so aber auch weder die Weisheit in beiden, noch die Liebe, noch die Kraft allein, sondern Alles zugleich. Was die Weisheit betrifft, so liebte man sie weiblich aufzufassen. Vgl. den Art. Sophia. Was die Kraft des Geistes betrifft, so war ihr Symbol der Adler, siehe diesen Artikel. Da aber jene Sophia sich allzu nahe mit heidnischen Vorstellungen berührte und der Adler schon von der Symbolik Jehovah’s in Anspruch genommen war, so wurde die Taube als Sinnbild der Liebe Hauptsymbol des heiligen Geistes, sofern in ihm die Liebe das Vorherrschende ist. Auf den Kirchenbildern trägt die Taube den Kreuznimbus (wie alle Personen der Dreieinigkeit) um den Kopf, oder sie schwebt in einem Dreieck, das gewöhnlich noch eine Sonne umgibt, und aus ihrem Munde gehen Strahlen aus auf Den, der den heiligen Geist empfangen soll. Sehr häufig bildet sie, indem sie vom Himmel zur Erde herabfliegt und ihr Kopf zu unterst ist, mit dem geraden Leibe und den ausgebreiteten Flügeln selber die Kreuzform.

Das wichtigste Vorkommen des heiligen Geistes in der Bibel. Zuerst bei der Schöpfung schwebt der Geist Gottes über den Wassern. Auf einem Glasfenster der Kathedrale zu Auxerre erblickt man die Taube mit dem Kreuznimbus rings von Wasser umgeben. Didron, icon. p. 515. Auf einem Miniaturbild des 14ten Jahrhunderts hält Gott Vater eine [322] Weltkugel in der Hand, über deren Wasser die Taube schwebt, daselbst p. 511. Auf einem andern schwimmt der heilige Geist als kleines Kind mit dem Kreuznimbus auf dem Wasser, während Gott Vater in zwei grosse weisse und schwarze Kugeln Licht und Finsterniss scheidet, daselbst p. 482. Hier ist der Geist als Seele gedacht, denn gewöhnlich stellte man im Mittelalter die vom Körper getrennte Seele des Ungebornen oder schon Gestorbenen als kleines geschlechtsloses Kind dar.

Beide Sinnbilder, die Taube und das Kind, erscheinen auseinandergehalten auf Bildern der Empfängniss. Von der Taube geht ein Strahl aus, bis zur heiligen Jungfrau, in der Mitte des Strahls aber schwebt ein kleines Kind, d. i. die Seele des noch ungebornen Messias. Das Mittelalter, dem diese Symbolik noch verständlich und geläufig war, fasste diese Gattung von Bildern keineswegs so grobsinnlich auf, als die moderne Aufklärung.

Die Ausgiessung des heiligen Geistes zu Pfingsten, nachdem Christus gen Himmel gefahren, ist das Erbe, welches er seinen Jüngern zurückliess, und das Gegenbild zum babylonischen Thurmbau. Wie dort die Einheit des menschlichen Geschlechts zerspalten und seine Sprache verwirrt wurde, so wird hier die Menschheit im heiligen Geist wieder einig und Jeder versteht wieder die Sprache des Andern; es beginnt gleichsam eine neue Schöpfung. Wie der heilige Geist im Anbeginn über den Wassern der materiellen Welt schwebte, so schwebt er zu Pfingsten über dem Völkermeere, und wie er dort das erste Paradies schuf, in dem alle Naturkräfte harmonisch zusammenwirkten, so schafft er jetzt das neue Jerusalem im Geist. Auch ist die Ausgiessung des heiligen Geistes Gegenbild der Gesetzesertheilung auf dem Berge Sinai. Wie Moses das alte Gesetz vom Himmel empfing, so lässt sich jetzt der heilige Geist des neuen Bundes auf die Jünger nieder. Dieser Gegensatz erhält eine eigenthümliche Schönheit dadurch, dass das alte Gesetz vom Sinai nur unter Donner und Blitz und unter dem Zagen des Volkes [323] ertheilt werden konnte, der Geist der Liebe sich aber sanft und im Licht über die freudig Begeisterten ergiesst. Endlich ist die Ausgiessung des heiligen Geistes die Ergänzung der Taufe. Johannes der Täufer sagte von sich, er taufe nur mit Wasser, es werde aber Einer kommen, der mit Feuer taufen werde. Das ist die Ergiessung des heiligen Geistes.

Nach Joh. 2, 3. waren es feurige Zungen, die auf die Jünger niederfielen. Auf Kirchenbildern flattern diese Zungen zuweilen vor dem Munde, öfter und schicklicher aber über dem Haupte der Jünger. Noch einfacher ist die Symbolik auf einem altbyzantinischen Miniaturbilde: die auf einem Buch schwebende Taube mitten unter den Aposteln. Waagen, Paris 212. Auf einem altbyzantinischen Bilde gehen von der Taube zwölf Strahlen aus, jeder trifft einen Apostel. Die Apostel aber empfangen zugleich von einem gekrönten alten Manne, der die Welt vorstellen soll, jeder eine Rolle, d. h. das Evangelium in einer fremden Sprache. Didron, man. p. 205.

Vom heiligen Geist gehen sieben Kräfte aus, die sieben Geister Gottes (Offenb. Joh. 5, 6.), mit denen er sich den Aeonen und Urkräften des Heidenthums überordnet, die in den sieben Planeten wirksam gedacht wurden. Ihr Sinnbild sind daher die sieben Sterne an der Hand Gottes, oder der siebenarmige Leuchter, beides im ersten Kapitel der Offenbarung Johannis. Verschieden von diesen ursprünglichen Kräften des göttlichen Geistes sind die sieben Gnadengaben des Geistes, worunter nur die dem Menschen mitgetheilten, also viel geringeren Geisteskräfte, Intelligenzen oder Wissenschaften verstanden wurden. Unter den sieben göttlichen Geistern als Attributen Gottes selbst verstand man: virtus, divinitas, sapientia, fortitudo, honor, gloria und benedictio. Didron, icon. p. 494. Unter den vom Menschen empfangenen sieben Gaben dagegen: sapientia, intellectus, consilium, fortitudo, scientia, pietas, timor domini, daselbst p. 434; aber auch die sieben Wissenschaften: grammatica, rhetorica, logica, arithmetica, musica, geometria, astrologia, daselbst p. 440. [324] Die sieben Gaben erscheinen oft als sieben Tauben, welche den Heiland oder auch seine Mutter umgeben, daselbst p. 433, 488. 505. Dasselbe bedeutet die Taube mit sechs Flügeln, daselbst p. 468.

Die Taube kommt auch vor mit den vier Thierköpfen der Cherubim, auf der Hand des Heilands, d'Agincourt, sculpt. pl. 120. Das bedeutet den heiligen Geist wirksam in den vier Evangelien. Auf einem Miniaturbild des 11ten Jahrhunderts hat die Taube einen Pfauenschweif, Waagen, Paris 273. Die Augen im Pfauenschweif sollen wohl das Allsehen des Geistes bezeichnen.