Critik der reinen Vernunft (1781)/Der Transscendentalen Doctrin der Urtheilskraft (Analytik der Grundsätze) Drittes Hauptstück. Von dem Grunde der Unterscheidung aller Gegenstände überhaupt in Phaenomena und Noumena.

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Der
Transscendent. Doctrin der Urtheilskraft
(Analytik der Grundsätze)
Drittes Hauptstück.
Von dem Grunde der Unterscheidung aller
Gegenstände überhaupt
in
Phaenomena und Noümena.
Wir haben iezt das Land des reinen Verstandes nicht allein durchreiset, und ieden Theil davon sorgfältig in Augenschein genommen, sondern es auch durchmessen, und iedem Dinge auf demselben seine Stelle bestimt. Dieses Land aber ist eine Insel, und durch die Natur selbst in unveränderliche Gränzen eingeschlossen. Es ist das Land der Wahrheit (ein reizender Nahme), umgeben von einem weiten und stürmischen Oceane, dem eigentlichen Sitze des Scheins, wo manche Nebelbank, und manches bald wegschmelzende Eis neue Länder lügt, und| indem es den auf Entdeckungen herumschwärmenden Seefahrer unaufhörlich mit leeren Hoffnungen täuscht, ihn in Abentheuer verflicht, von denen er niemals ablassen, und sie doch auch niemals zu Ende bringen kan. Ehe wir uns aber auf dieses Meer wagen, um es nach allen Breiten zu durchsuchen, und gewiß zu werden, ob etwas in ihnen zu hoffen sey, so wird es nützlich seyn, zuvor noch einen Blick auf die Carte des Landes zu werfen, das wir eben verlassen wollen, und erstlich zu fragen, ob wir mit dem, was es in sich enthält, nicht allenfalls zufrieden seyn könten, oder auch aus Noth zufrieden seyn müssen, wenn es sonst überall keinen Boden giebt, auf dem wir uns anbauen könten, zweitens, unter welchem Titel wir denn selbst dieses Land besitzen, und uns wider alle feindselige Ansprüche gesichert halten können. Obschon wir diese Fragen in dem Lauf der Analytik schon hinreichend beantwortet haben, so kan doch ein summarischer Ueberschlag ihrer Auflösungen die Ueberzeugung dadurch verstärken, daß er die Momente derselben in einem Punct vereinigt.
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 Wir haben nemlich gesehen: daß alles, was der Verstand aus sich selbst schöpft, ohne es von der Erfahrung zu borgen, das habe er dennoch zu keinem andern Behuf, als lediglich zum Erfahrungsgebrauch. Die Grundsätze des reinen Verstandes, sie mögen nun a priori constitutiv seyn, (wie die mathematischen) oder blos regulativ (wie die dynamischen) enthalten nichts als gleichsam| nur das reine Schema zur möglichen Erfahrung; denn diese hat ihre Einheit nur von der synthetischen Einheit, welche der Verstand der Synthesis der Einbildungskraft in Beziehung auf die Apperception ursprünglich und von selbst ertheilt, und auf welche die Erscheinungen, als data zu einem möglichen Erkentnisse, schon a priori in Beziehung und Einstimmung stehen müssen. Ob nun aber gleich diese Verstandesregeln nicht allein a priori wahr sind, sondern so gar der Quell aller Wahrheit, d. i. der Uebereinstimmung unserer Erkentniß mit Obiecten, dadurch, daß sie den Grund der Möglichkeit der Erfahrung, als des Inbegriffes aller Erkentniß, darin uns Obiecte gegeben werden mögen, in sich enthalten, so scheint es uns doch nicht genug, sich blos dasienige vortragen zu lassen, was wahr ist, sondern, was man zu wissen begehrt. Wenn wir also durch diese critische Untersuchung nichts mehreres lernen, als was wir im blos empirischen Gebrauche des Verstandes, auch ohne so subtile Nachforschung, von selbst wol würden ausgeübt haben, so scheint es, sey der Vortheil, den man aus ihr zieht, den Aufwand und die Zurüstung nicht werth. Nun kan man zwar hierauf antworten: daß kein Vorwitz der Erweiterung unserer Erkentniß nachtheiliger sey, als der, so den Nutzen iederzeit zum vorauswissen will, ehe man sich auf Nachforschungen einläßt, und ehe man noch sich den mindesten Begriff von diesem Nutzen machen könte, wenn derselbe auch vor Augen gestellt würde. Allein es giebt doch einen Vortheil, der auch dem schwürigsten und| unlustigsten Lehrlinge solcher transscendentalen Nachforschungen begreiflich, und zugleich angelegen gemacht werden kan, nemlich dieser: daß der blos mit seinem empirischen Gebrauche beschäftigte Verstand, der über die Quellen seiner eigenen Erkentniß nicht nachsinnt, zwar sehr gut fortkommen, eines aber gar nicht leisten könne, nemlich, sich selbst die Gränzen seines Gebrauchs zu bestimmen, und zu wissen, was innerhalb oder ausserhalb seiner ganzen Sphäre liegen mag; denn dazu werden eben die tiefen Untersuchungen erfordert, die wir angestellt haben. Kan er aber nicht unterscheiden, ob gewisse Fragen in seinem Horizonte liegen, oder nicht, so ist er niemals seiner Ansprüche und seines Besitzes sicher, sondern darf sich nur auf vielfältige beschämende Zurechtweisungen Rechnung machen, wenn er die Gränzen seines Gebiets (wie es unvermeidlich ist) unaufhörlich überschreitet, und sich in Wahn und Blendwerke verirrt.
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 Daß also der Verstand von allen seinen Grundsätzen a priori, ia von allen seinen Begriffen keinen andern als empirischen, niemals aber einen transscendentalen Gebrauch machen könne, ist ein Satz, der, wenn er mit Ueberzeugung erkant werden kan, in wichtige Folgen hinaussieht. Der transscendentale Gebrauch eines Begriffs in irgend einem Grundsatze ist dieser: daß er auf Dinge überhaupt und an sich selbst, der empirische aber, wenn er blos auf Erscheinungen, d. i. Gegenstände einer möglichen| Erfahrung, bezogen wird. Daß aber überall nur der leztere statt finden könne, ersiehet man daraus. Zu iedem Begriff wird erstlich die logische Form eines Begriffs (des Denkens) überhaupt, und dann zweitens auch die Möglichkeit, ihm einen Gegenstand zu geben, darauf er sich beziehe, erfordert. Ohne diesen letztern hat er keinen Sinn, und ist völlig leer an Inhalt, ob er gleich noch immer die logische Function enthalten mag, aus etwanigen datis einen Begriff zu machen. Nun kan der Gegenstand einem Begriffe nicht anders gegeben werden, als in der Anschauung, und, wenn eine reine Anschauung noch vor dem Gegenstande a priori möglich ist, so kan doch auch diese selbst ihren Gegenstand, mithin die obiective Gültigkeit, nur durch die empirische Anschauung bekommen, wovon sie die blosse Form ist. Also beziehen sich alle Begriffe und mit ihnen alle Grundsätze, so sehr sie auch a priori möglich seyn mögen, dennoch auf empirische Anschauungen, d. i. auf data zur möglichen Erfahrung. Ohne dieses haben sie gar keine obiective Gültigkeit, sondern sind ein blosses Spiel, es sey der Einbildungskraft, oder des Verstandes, respective mit ihren Vorstellungen. Man nehme nur die Begriffe der Mathematik zum Beyspiele, und zwar erstlich in ihren reinen Anschauungen. Der Raum hat drey Abmessungen, zwischen zwey Puncten kan nur eine gerade Linie seyn etc. Obgleich alle diese Grundsätze, und die Vorstellung des Gegenstandes, womit sich iene Wissenschaft beschäftigt, völlig a priori im| Gemüth erzeugt werden, so würden sie doch gar nichts bedeuten, könten wir nicht immer an Erscheinungen (empirischen Gegenständen) ihre Bedeutung darlegen. Daher erfodert man auch, einen abgesonderten Begriff sinnlich zu machen, d. i. das ihm correspondirende Obiect in der Anschauung darzulegen, weil, ohne dieses, der Begriff, (wie man sagt) ohne Sinn, d. i. ohne Bedeutung bleiben würde. Die Mathematik erfüllt diese Forderung durch die Construction der Gestalt, welche eine den Sinnen gegenwärtige (obzwar a priori zu Stande gebrachte) Erscheinung ist. Der Begriff der Grösse sucht in eben der Wissenschaft seine Haltung und Sinn in der Zahl, diese aber an den Fingern, den Corallen des Rechenbrets, oder den Strichen und Puncten, die vor Augen gestellt werden. Der Begriff bleibt immer a priori erzeugt, samt den synthetischen Grundsätzen oder Formeln aus solchen Begriffen; aber der Gebrauch derselben, und Beziehung auf angebliche Gegenstände kan am Ende doch nirgend, als in der Erfahrung gesucht werden, deren Möglichkeit (der Form nach) iene a priori enthalten.
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 Daß dieses aber auch der Fall mit allen Categorien und den daraus gesponnenen Grundsätzen sey, erhellet auch daraus: daß wir so gar keine einzige derselben definiren können, ohne uns so fort zu Bedingungen der Sinnlichkeit, mithin der Form der Erscheinungen, herabzulassen, als auf welche, als ihre einzige Gegenstände, sie folglich| eingeschränkt seyn müssen, weil, wenn man diese Bedingung wegnimt, alle Bedeutung, d. i. Beziehung aufs Obiect, wegfällt, und man durch kein Beyspiel sich selbst faßlich machen kan, was unter dergleichen Begriffe denn eigentlich für ein Ding gemeint sey. Oben, bey Darstellung der Tafel der Categorien, überhoben wir uns der Definitionen einer ieden derselben dadurch: daß unsere Absicht, die lediglich auf den synthetischen Gebrauch derselben geht, sie nicht nöthig mache, und man sich mit unnöthigen Unternehmungen keiner Verantwortung aussetzen müsse, deren man überhoben seyn kan. Das war keine Ausrede, sondern eine nicht unerhebliche Klugheitsregel, sich nicht so fort ans Definiren zu wagen, und Vollständigkeit oder Präcision in der Bestimmung des Begriffs zu versuchen oder vorzugeben, wenn man mit irgend einem oder andern Merkmale desselben auslangen kan, ohne eben dazu eine vollständige Herzehlung aller derselben, die den ganzen Begriff ausmachen, zu bedürfen. Iezt aber zeigt sich: daß der Grund dieser Vorsicht noch tiefer liege, nemlich, daß wir sie nicht definiren konten, wenn wir auch wollten[1], sondern, wenn man alle Bedingungen der Sinnlichkeit| wegschaft, die sie als Begriffe eines möglichen empirischen Gebrauchs auszeichnen, und sie vor Begriffe von Dingen überhaupt (mithin vom transscendentalen Gebrauch) nehmen, bey ihnen gar nichts weiter zu thun sey, als die logische Function in Urtheilen, als die Bedingung der Möglichkeit der Sachen selbst anzusehen, ohne doch im mindesten anzeigen zu können, wo sie denn ihre Anwendung und ihr Obiect, mithin wie sie im reinen Verstande ohne Sinnlichkeit irgend eine Bedeutung und obiective Gültigkeit haben könne. Den Begriff der Grösse überhaupt kan niemand erklären, als etwa so: daß sie die Bestimmung eines Dinges sey, dadurch, wie vielmal Eines in ihm gesezt ist, gedacht werden kan. Allein dieses Wievielmal gründet sich auf die successive Wiederholung, mithin auf die Zeit und die Synthesis (des gleichartigen) in derselben. Realität kan man im Gegensatze mit der Negation nur alsdenn erklären, wenn man sich eine Zeit, (als den Inbegriff von allem Seyn) gedenkt, die entweder womit erfüllet, oder leer ist. Lasse ich die Beharrlichkeit (welche ein Daseyn zu aller Zeit ist) weg, so bleibt mir zum Begriffe der Substanz nichts übrig, als die logische Vorstellung vom Subiect, welche ich dadurch zu realisiren vermeine: daß ich mir Etwas vorstelle, welches blos als Subiect| (ohne wovon ein Prädicat zu seyn) statt finden kan. Aber nicht allein, daß ich gar keine Bedingungen weis, unter welchen denn dieser logische Vorzug irgend einem Dinge eigen seyn werde: so ist auch gar nichts weiter daraus zu machen, und nicht die mindeste Folgerung zu ziehen, weil dadurch gar kein Obiects des Gebrauchs dieses Begriffs bestimt wird, und man also gar nicht weis, ob dieser überall irgend etwas bedeute. Vom Begriffe der Ursache würde ich, (wenn ich die Zeit weglasse, in der etwas auf etwas anderem nach einer Regel folgt) in der reinen Categorie nichts weiter finden, als daß es so etwas sey, woraus sich auf das Daseyn eines andern schliessen läßt, und es würde dadurch nicht allein Ursache und Wirkung gar nicht von einander unterschieden werden können, sondern weil dieses Schliessenkönnen, doch bald Bedingungen erfordert, von denen ich nichts weis, so würde der Begriff gar keine Bestimmung haben, wie er auf irgend ein Obiect passe. Der vermeinte Grundsatz: alles Zufällige hat eine Ursache, tritt zwar ziemlich gravitätisch auf, als habe er seine eigene Würde in sich selbst. Allein frage ich: was versteht ihr unter zufällig, und ihr antwortet, dessen Nichtseyn möglich ist, so möchte ich gern wissen, woran ihr diese Möglichkeit des Nichtseyn erkennen wollt, wenn ihr euch nicht in der Reihe der Erscheinungen eine Succession und in dieser ein Daseyn, welches auf das Nichtseyn folgt, (oder umgekehrt), mithin einen Wechsel vorstellt; denn, daß das Nichtseyn eines Dinges sich selbst nicht widerspreche,| ist eine lahme Berufung auf eine logische Bedingung, die zwar zum Begriffe nothwendig, aber zur realen Möglichkeit bey weitem nicht hinreichend ist; wie ich denn eine iede existirende Substanz in Gedanken aufheben kan, ohne mir selbst zu widersprechen, daraus aber auf die obiective Zufälligkeit derselben in ihrem Daseyn, d. i. die Möglichkeit seines Nichtseyns an sich selbst, gar nicht schliessen kan. Was den[WS 1] Begriff der Gemeinschaft betrift, so ist leicht zu ermessen: daß, da die reine Categorien der Substanz so wol, als Caussalität keine, das Obiect bestimmende, Erklärung zulassen, die wechselseitige Caussalität in der Beziehung der Substanzen auf einander (commercium) eben so wenig derselben fähig sey. Möglichkeit, Daseyn und Nothwendigkeit hat noch niemand anders als durch offenbare Tautologie erklären können, wenn man ihre Definition lediglich aus dem reinen Verstande schöpfen wollte. Denn das Blendwerk, die logische Möglichkeit des Begriffs (da er sich selbst nicht widerspricht) der transscendentalen Möglichkeit der Dinge, (da dem Begriff ein Gegenstand correspondirt) zu unterschieben, kan nur Unversuchte hintergehen und zufrieden stellen.
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 Es hat etwas befremdliches und so gar widersinnisches an sich, daß ein Begriff seyn soll, dem doch eine Bedeutung zukommen muß, der aber keiner Erklärung fähig wäre. Allein hier hat es mit den Categorien diese besondere Bewandniß: daß sie nur vermittelst der allgemeinen sinnlichen Bedingung eine bestimte Bedeutung| und Beziehung auf irgend einen Gegenstand haben können, diese Bedingung aber aus der reinen Categorie weggelassen worden, da diese denn nichts, als die logische Function enthalten kan, das Mannigfaltige unter einen Begriff zu bringen. Aus dieser Function d. i. der Form des Begriffs allein kan aber gar nichts erkant und unterschieden werden, welches Obiect darunter gehöre, weil eben von der sinnlichen Bedingung, unter der überhaupt Gegenstände unter sie gehören können, abstrahirt worden. Daher bedürfen die Categorien, noch über den reinen Verstandesbegriff, Bestimmungen ihrer Anwendung auf Sinnlichkeit überhaupt (Schema) und sind ohne diese keine Begriffe, wodurch ein Gegenstand erkant, und von andern unterschieden würde, sondern nur so viel Arten, einen Gegenstand zu möglichen Anschauungen zu denken, und ihm nach irgend einer Function des Verstandes seine Bedeutung (unter noch erforderlichen Bedingungen) zu geben, d. i. ihn zu definiren: selbst können sie also nicht definirt werden. Die logische Functionen der Urtheile überhaupt: Einheit und Vielheit, Beiahung und Verneinung, Subiect und Prädicat können, ohne einen Cirkel zu begehen, nicht definirt werden, weil die Definition doch selbst ein Urtheil seyn und also diese Functionen schon enthalten müßte. Die reine Categorien sind aber nichts anders als Vorstellungen der Dinge überhaupt, so fern das Mannigfaltige ihrer Anschauung durch eine oder andere dieser logischen Functionen gedacht werden muß: Grösse ist die Bestimmung, welche nur durch ein Urtheil, das| Quantität hat, (iudicium commune) Realität, dieienige, die nur durch ein beiahend Urtheil gedacht werden kan, Substanz, was, in Beziehung auf die Anschauung, das lezte Subiect aller anderen Bestimmungen seyn muß. Was das nun aber für Dinge seyn, in Ansehung deren man sich dieser Function vielmehr als einer andern bedienen müsse, bleibt hiebey ganz unbestimt: mithin haben die Categorien ohne die Bedingung der sinnlichen Anschauung, dazu sie die Synthesis enthalten, gar keine Beziehung auf irgend ein bestimtes Obiect, können also keines definiren, und haben folglich an sich selbst keine Gültigkeit obiectiver Begriffe.

 Hieraus fließt nun unwidersprechlich: daß die reine Verstandesbegriffe niemals von transscendentalem, sondern iederzeit nur von empirischem Gebrauche seyn können, und daß die Grundsätze des reinen Verstandes nur in Beziehung auf die allgemeine Bedingungen einer möglichen Erfahrung, auf Gegenstände der Sinne, niemals aber auf Dinge überhaupt, (ohne Rücksicht auf die Art zu nehmen, wie wir sie anschauen mögen), bezogen werden können.

 Die transscendentale Analytik hat demnach dieses wichtige Resultat: daß der Verstand a priori niemals mehr leisten könne, als die Form einer möglichen Erfahrung überhaupt zu anticipiren, und, da dasienige, was nicht Erscheinung ist, kein Gegenstand der Erfahrung seyn kan: daß er die Schranken der Sinnlichkeit, innerhalb denen uns allein Gegenstände gegeben| werden, niemals überschreiten könne. Seine Grundsätze sind blos Principien der Exposition der Erscheinungen, und der stolze Nahme einer Ontologie, welche sich anmaßt, von Dingen überhaupt synthetische Erkentnisse a priori in einer systematischen Doctrin zu geben (z. E. den Grundsatz der Caussalität) muß dem bescheidenen, einer blossen Analytik des reinen Verstandes, Platz machen.
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 Das Denken ist die Handlung, gegebene Anschauung auf einen Gegenstand zu beziehen. Ist die Art dieser Anschauung auf keinerley Weise gegeben, so ist der Gegenstand blos transscendental, und der Verstandesbegriff hat keinen andern, als transscendentalen Gebrauch, nemlich die Einheit des Denkens eines Mannigfaltigen überhaupt. Durch eine reine Categorie nun, in welcher von aller Bedingung der sinnlichen Anschauung, als der einzigen, die uns möglich ist, abstrahirt wird, wird also kein Obiect bestimt, sondern nur das Denken eines Obiects überhaupt, nach verschiedenen modis, ausgedrükt. Nun gehört zum Gebrauche eines Begriffs noch eine Function der Urtheilskraft, worauf ein Gegenstand unter ihm subsumirt wird, mithin die wenigstens formale Bedingung, unter der etwas in der Anschauung gegeben werden kan. Fehlt diese Bedingung der Urtheilskraft, (Schema) so fällt alle Subsumtion weg; denn es wird nichts gegeben, was unter den Begriff subsumirt werden könne. Der blos transscendentale Gebrauch also der Categorien ist in der That gar kein Gebrauch, und hat keinen bestimten, oder auch nur| der Form nach, bestimbaren Gegenstand. Hieraus folgt, daß die reine Categorie auch zu keinem synthetischen Grundsatze a priori zulange, und daß die Grundsätze des reinen Verstandes nur von empirischem, niemals aber von transscendentalem Gebrauche sind, über das Feld möglicher Erfahrung hinaus aber, es überall keine synthetische Grundsätze a priori geben könne.

 Es kan daher rathsam seyn, sich also auszudrücken: die reine Categorien, ohne formale Bedingungen der Sinnlichkeit, haben blos transscendentale Bedeutung, sind aber von keinem transscendentalen Gebrauch, weil dieser an sich selbst unmöglich ist, indem ihnen alle Bedingungen irgend eines Gebrauchs (in Urtheilen) abgehen, nemlich die formale Bedingungen der Subsumtion irgend eines angeblichen Gegenstandes unter diese Begriffe. Da sie also (als blos reine Categorien) nicht von empirischem Gebrauche seyn sollen, und von transscendentalen nicht seyn können, so sind sie von gar keinem Gebrauche, wenn man sie von aller Sinnlichkeit absondert, d. i. sie können auf gar keinen angeblichen Gegenstand angewandt werden; vielmehr sind sie blos die reine Form des Verstandesgebrauchs in Ansehung der Gegenstände überhaupt und des Denkens, ohne doch durch sie allein irgend ein Obiect denken oder bestimmen zu können.

 Erscheinungen, so fern sie als Gegenstände nach der Einheit der Categorien gedacht werden, heissen Phaenomena.| Wenn ich aber Dinge annehme, die blos Gegenstände des Verstandes sind, und gleichwol, als solche, einer Anschauung, obgleich nicht der sinnlichen (also coram intuitu intellectuali) gegeben werden können; so würden dergleichen Dinge Noümena (intelligibilia) heissen.
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 Nun sollte man denken, daß der durch die transsc. Aesthetik eingeschränkte Begriff der Erscheinungen schon von selbst die obiective Realität der Noümenorum an die Hand gebe, und die Eintheilung der Gegenstände in Phaenomena und Noümena, mithin auch der Welt, in eine Sinnen und eine Verstandeswelt (mundus sensibilis & intelligibilis) berechtige, und zwar so: daß der Unterschied hier nicht blos die logische Form der undeutlichen oder deutlichen Erkentniß eines und desselben Dinges, sondern die Verschiedenheit treffe, wie sie unserer Erkentniß ursprünglich gegeben werden können, und nach welcher sie an sich selbst, der Gattung nach, von einander unterschieden seyn. Denn wenn uns die Sinne etwas blos vorstellen, wie es erscheint, so muß dieses Etwas doch auch an sich selbst ein Ding, und ein Gegenstand einer nichtsinnlichen Anschauung, d. i. des Verstandes seyn, d. i. es muß eine Erkentniß möglich seyn, darin keine Sinnlichkeit angetroffen wird, und welche allein schlechthin obiective Realität hat, dadurch uns nemlich Gegenstände vorgestellt werden, wie sie sind, da hingegen im empirischen Gebrauche unseres Verstandes Dinge nur erkant| werden, wie sie erscheinen. Also würde es, ausser dem empirischen Gebrauch der Categorien (welcher auf sinnliche Bedingungen eingeschränkt ist) noch einen reinen und doch obiectivgültigen geben, und wir könten nicht behaupten, was wir bisher vorgegeben haben: daß unsere reine Verstandeserkentnisse überall nichts weiter wären, als Principien der Exposition der Erscheinung, die auch a priori nicht weiter, als auf die formale Möglichkeit der Erfahrung gingen, denn hier stände ein ganz anderes Feld vor uns offen, gleichsam eine Welt im Geiste gedacht, (vielleicht auch gar angeschaut) die nicht minder, ia noch weit edler unsern reinen Verstand beschäftigen könte.
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 Alle unsere Vorstellungen werden in der That durch den Verstand auf irgend ein Obiect bezogen, und, da Erscheinungen nichts als Vorstellungen sind, so bezieht sie der Verstand auf ein Etwas, als den Gegenstand der sinnlichen Anschauung: aber dieses Etwas ist in so fern nur das transscendentale Obiect. Dieses bedeutet aber ein Etwas = x, wovon wir gar nichts wissen, noch überhaupt, (nach der ietzigen Einrichtung unseres Verstandes) wissen können, sondern, welches nur als ein Correlatum der Einheit der Apperception zur Einheit des Mannigfaltigen in der sinnlichen Anschauung dienen kan, vermittelst deren der Verstand dasselbe in den Begriff eines Gegenstandes vereinigt. Dieses transscendentale Obiect läßt sich gar nicht von den sinnlichen Datis absondern, weil alsdenn nichts| übrig bleibt, wodurch es gedacht würde. Es ist also kein Gegenstand der Erkentniß an sich selbst, sondern nur die Vorstellung der Erscheinungen, unter dem Begriffe eines Gegenstandes überhaupt, der durch das Mannigfaltige derselben bestimbar ist.

 Eben um deswillen stellen nun auch die Categorien kein besonderes, dem Verstande allein gegebenes Obiect vor, sondern dienen nur dazu, das transscendentale Obiect (den Begriff von etwas überhaupt) durch das, was in der Sinnlichkeit gegeben wird, zu bestimmen, um dadurch Erscheinungen unter Begriffen von Gegenständen empirisch zu erkennen.

 Was aber die Ursache betrift, weswegen man, durch das Substratum der Sinnlichkeit noch nicht befriedigt, den Phaenomenis noch Noümena zugegeben hat, die nur der reine Verstand denken kan, so beruhet sie lediglich darauf. Die Sinnlichkeit, und ihr Feld, nemlich das der Erscheinungen, wird selbst durch den Verstand dahin eingeschränkt: daß sie nicht auf Dinge an sich selbst, sondern nur auf die Art gehe, wie uns, vermöge unserer subiectiven Beschaffenheit, Dinge erscheinen. Dies war das Resultat der ganzen transscendentalen Aesthetik, und es folgt auch natürlicher Weise aus dem Begriffe einer Erscheinung überhaupt: daß ihr etwas entsprechen müsse, was an sich nicht Erscheinung ist, weil Erscheinung nichts vor sich selbst, und ausser unserer Vorstellungsart seyn kan, mithin, wo nicht| ein beständiger Cirkel herauskommen soll, das Wort Erscheinung schon eine Beziehung auf Etwas anzeigt, dessen unmittelbare Vorstellung zwar sinnlich ist, was aber an sich selbst, auch ohne diese Beschaffenheit unserer Sinnlichkeit, (worauf sich die Form unserer Anschauung gründet), Etwas, d. i. ein von der Sinnlichkeit unabhängiger Gegenstand seyn muß.
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 Hieraus entspringt nun der Begriff von einem Noümenon, der aber gar nicht positiv, und eine bestimte Erkentniß von irgend einem Dinge, sondern nur das Denken von Etwas überhaupt bedeutet, bey welchem ich von aller Form der sinnlichen Anschauung abstrahire. Damit aber ein Noumenon einen wahren, von allen Phänomenen zu unterscheidenden Gegenstand bedeute, so ist es nicht genug: daß ich meinen Gedanken von allen Bedingungen sinnlicher Anschauung befreye, ich muß noch überdem Grund dazu haben, eine andere Art der Anschauung, als diese sinnliche ist, anzunehmen, unter der ein solcher Gegenstand gegeben werden könne; denn sonst ist mein Gedanke doch leer, obzwar ohne Widerspruch. Wir haben zwar oben nicht beweisen können: daß die sinnliche Anschauung die einzige mögliche Anschauung überhaupt, sondern daß sie es nur vor uns sey, wir konten aber auch nicht beweisen: daß noch eine andere Art der Anschauung möglich sey, und, obgleich unser Denken von iener Sinnlichkeit abstrahiren kan, so bleibt doch die Frage, ob es alsdenn nicht eine blosse Form| eines Begriffs sey, und ob bey dieser Abtrennung überall ein Obiect übrig bleibe.

 Das Obiect, worauf ich die Erscheinung überhaupt beziehe, ist der transscendentale Gegenstand, d. i. der gänzlich unbestimte Gedanke von Etwas überhaupt. Dieser kan nicht das Noumenon heissen; denn ich weis von ihm nicht, was er an sich selbst sey, und habe gar keinen Begriff von ihm, als blos von dem Gegenstande einer sinnlichen Anschauung überhaupt, der also vor alle Erscheinungen einerley ist. Ich kan ihn durch keine Categorien denken; denn diese gilt von der empirischen Anschauung, um sie unter einen Begriff vom Gegenstande überhaupt zu bringen. Ein reiner Gebrauch der Categorie ist zwar möglich, d. i. ohne Widerspruch, aber hat gar keine obiective Gültigkeit, weil sie auf keine Anschauung geht, die dadurch Einheit des Obiects bekommen solte; denn die Categorie ist doch eine blosse Function des Denkens, wodurch mir kein Gegenstand gegeben, sondern nur, was in der Anschauung gegeben werden mag, gedacht wird.

 Wenn ich alles Denken (durch Categorien) aus einer empirischen Erkentniß wegnehme, so bleibt gar keine Erkentniß irgend eines Gegenstandes übrig; denn durch blosse Anschauung wird gar nichts gedacht, und, daß diese Affection der Sinnlichkeit in mir ist, macht gar keine Beziehung von dergleichen Vorstellung auf irgend ein Obiect aus. Lasse ich aber hingegen alle Anschauung weg,| so bleibt doch noch die Form des Denkens, d. i. die Art, dem Mannigfaltigen einer möglichen Anschauung einen Gegenstand zu bestimmen. Daher erstrecken sich die Categorien so fern weiter, als die sinnliche Anschauung, weil sie Obiecte überhaupt denken, ohne noch auf die besondere Art (der Sinnlichkeit) zu sehen, in der sie gegeben werden mögen. Sie bestimmen aber dadurch nicht eine grössere Sphäre von Gegenständen, weil, daß solche gegeben werden können, man nicht annehmen kan, ohne daß man eine andere, als sinnliche Art der Anschauung als möglich voraussezt, wozu wir aber keinesweges berechtigt sind.
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 Ich nenne einen Begriff problematisch: der keinen Widerspruch enthält, der auch als eine Begränzung gegebener Begriffe mit andern Erkentnissen zusammenhängt, dessen obiective Realität aber auf keine Weise erkant werden kan. Der Begriff eines Noumenon, d. i. eines Dinges, welches gar nicht als Gegenstand der Sinne, sondern als ein Ding an sich selbst, (lediglich durch einen reinen Verstand) gedacht werden soll, ist gar nicht widersprechend; denn man kan von der Sinnlichkeit doch nicht behaupten, daß sie die einzige mögliche Art der Anschauung sey. Ferner ist dieser Begriff nothwendig, um die sinnliche Anschauung nicht bis über die Dinge an sich selbst auszudehnen, und also, um die obiective Gültigkeit der sinnlichen Erkentniß einzuschränken, (denn das übrige,| worauf iene nicht reicht, heissen eben darum Noumena, damit man dadurch anzeige, iene Erkentnisse können ihr Gebiet nicht über alles, was der Verstand denkt, erstrecken). Am Ende aber ist doch die Möglichkeit solcher Noümenorum gar nicht einzusehen, und der Umfang ausser der Sphäre der Erscheinungen ist (vor uns) leer, d. i. wir haben einen Verstand, der sich problematisch weiter erstreckt, als iene, aber keine Anschauung, ia auch nicht einmal den Begriff von einer möglichen Anschauung, wodurch uns ausser dem Felde der Sinnlichkeit Gegenstände gegeben, und der Verstand über dieselbe hinaus assertorisch gebraucht werden könne. Der Begriff eines Noumenon ist also blos ein Gränzbegriff, um die Anmassung der Sinnlichkeit einzuschränken, und also nur von negativem Gebrauche. Er ist aber gleichwol nicht willkürlich erdichtet, sondern hängt mit der Einschränkung der Sinnlichkeit zusammen, ohne doch etwas Positives ausser dem Umfange derselben setzen zu können.
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 Die Eintheilung der Gegenstände in Phaenomena und Noümena, und der Welt in eine Sinnen- und Verstandeswelt kan daher gar nicht zugelassen werden, obgleich Begriffe allerdings die Eintheilung in sinnliche und intellectuelle zulassen; denn man kan den lezteren keinen Gegenstand bestimmen, und sie also auch nicht vor obiectivgültig ausgeben. Wenn man von den Sinnen abgeht, wie will man begreiflich machen, daß unsere Categorien,| (welche die einzig übrig bleibende Begriffe vor Noumena seyn würden) noch überall etwas bedeuten, da zu ihrer Beziehung auf irgend einen Gegenstand, noch etwas mehr, als blos die Einheit des Denkens, nemlich, überdem eine mögliche Anschauung gegeben seyn muß, darauf iene angewandt werden können? Der Begriff eines Noümeni, blos problematisch genommen, bleibt demungeachtet nicht allein zuläßig, sondern, auch als ein die Sinnlichkeit in Schranken setzender Begriff, unvermeidlich. Aber alsdenn ist das nicht ein besonderer intelligibeler Gegenstand vor unsern Verstand, sondern ein Verstand, vor den es gehörte, ist selbst ein Problema, nemlich, nicht discursiv, durch Categorien, sondern intuitiv in einer nichtsinnlichen Anschauung seinen Gegenstand zu erkennen, als von welchem wir uns nicht die geringste Vorstellung seiner Möglichkeit machen können. Unser Verstand bekomt nun auf diese Weise eine negative Erweiterung, d. i. er wird nicht durch die Sinnlichkeit eingeschränkt, sondern schränkt vielmehr dieselbe ein, dadurch, daß er Dinge an sich selbst (nicht als Erscheinungen betrachtet) Noümena nent. Aber er sezt sich auch so fort selbst Gränzen, sie durch keine Categorien zu erkennen, mithin sie nur unter dem Nahmen eines unbekanten Etwas zu denken.
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 Ich finde indessen in den Schriften der Neueren einen ganz andern Gebrauch der Ausdrücke eines mundi sensibilis und intelligibilis, der von dem Sinne der Alten| ganz abweicht, und wobey es freylich keine Schwierigkeit hat, aber auch nichts, als leere Wortkrämerey angetroffen wird. Nach demselben hat es einigen beliebt, den Inbegriff der Erscheinungen, so fern er angeschaut wird, die Sinnenwelt, so fern aber der Zusammenhang derselben nach allgemeinen Verstandesgesetzen gedacht wird, die Verstandeswelt zu nennen. Die theoretische Astronomie, welche die blosse Beobachtung des bestirnten Himmels vorträgt, würde die erstere, die contemplative dagegen, (etwa nach dem copernicanischen Weltsystem, oder gar nach Newtons Gravitationsgesetzen erklärt) die zweite, nemlich eine intelligibele Welt vorstellig machen. Aber eine solche Wortverdrehung ist eine blosse sophistische Ausflucht, um einer beschwerlichen Frage auszuweichen, dadurch, daß man ihren Sinn zu seiner Gemächlichkeit herabstimmt. In Ansehung der Erscheinungen läßt sich allerdings Verstand und Vernunft brauchen, aber es frägt sich, ob diese auch noch einigen Gebrauch haben, wenn der Gegenstand nicht Erscheinung (Noümenon) ist, und in diesem Sinne nimt man ihn, wenn er an sich als blos intelligibel, d. i. dem Verstande allein, und gar nicht den Sinnen gegeben, gedacht wird. Es ist also die Frage: ob ausser ienem empirischen Gebrauche des Verstandes (selbst in der Newtonischen Vorstellung des Weltbaues) noch ein transscendentaler möglich sey, der auf das Noumenon als einen Gegenstand gehe, welche Frage wir verneinend beantwortet haben.
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|  Wenn wir denn also sagen: die Sinne stellen uns die Gegenstände vor, wie sie erscheinen, der Verstand aber, wie sie sind, so ist das leztere nicht in transscendentaler, sondern blos empirischer Bedeutung zu nehmen, nemlich, wie sie als Gegenstände der Erfahrung, im durchgängigen Zusammenhange der Erscheinungen, müssen vorgestellt werden, und nicht nach dem, was sie, ausser der Beziehung auf mögliche Erfahrung, und folglich auf Sinne überhaupt, mithin als Gegenstände des reinen Verstandes seyn mögen. Denn dieses wird uns immer unbekant bleiben, so gar, daß es auch unbekant bleibt, ob eine solche transscendentale (ausserordentliche) Erkentniß überall möglich sey, zum wenigsten als eine solche, die unter unseren gewöhnlichen Categorien steht. Verstand und Sinnlichkeit können bey uns nur in Verbindung Gegenstände bestimmen. Wenn wir sie trennen, so haben wir Anschauungen ohne Begriffe, oder Begriffe ohne Anschauungen, in beiden Fällen aber Vorstellungen, die wir auf keinen bestimten Gegenstand beziehen können.
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 Wenn iemand noch Bedenken trägt, auf alle diese Erörterungen, dem blos transscendentalen Gebrauche der Categorien zu entsagen, so mache er einen Versuch von ihnen in irgend einer synthetischen Behauptung. Denn eine analytische bringt den Verstand nicht weiter, und da er nur mit dem beschäftigt ist, was in dem Begriffe schon gedacht wird, so läßt er es unausgemacht, ob dieser an sich selbst auf Gegenstände Beziehung habe, oder nur die Einheit| des Denkens überhaupt bedeute, (welche von der Art, wie ein Gegenstand gegeben werden mag, völlig abstrahirt), es ist ihm genug zu wissen, was in seinem Begriffe liegt; worauf der Begriff selber gehen möge, ist ihm gleichgültig. Er versuche es demnach mit irgend einem synthetischen und vermeintlich transscendentalen Grundsatze, als: alles, was da ist, existirt als Substanz, oder eine derselben anhängende Bestimmung: alles Zufällige existirt als Wirkung eines andern Dinges nemlich seiner Ursache, u.s.w. Nun frage ich: woher will er diese synthetische Sätze nehmen, da die Begriffe nicht beziehungsweise auf mögliche Erfahrung, sondern von Dingen an sich selbst, (Noümena) gelten sollen? Wo ist hier das Dritte, welches iederzeit zu einem synthetischen Satze erfordert wird, um in demselben Begriffe, die gar keine logische (analytische) Verwandtschaft haben, mit einander zu verknüpfen? Er wird seinen Satz niemals beweisen, ia was noch mehr ist, sich nicht einmal wegen der Möglichkeit einer solchen reinen Behauptung rechtfertigen können, ohne auf den empirischen Verstandesgebrauch Rücksicht zu nehmen, und dadurch dem reinen und sinnenfreyen Urtheile völlig zu entsagen. So ist denn der Begriff reiner blos intelligibeler Gegenstände gänzlich leer von allen Grundsätzen ihrer Anwendung, weil man keine Art ersinnen kan, wie sie gegeben werden sollten, und der problematische Gedanke, der doch einen Platz für sie offen läßt, dient nur, wie ein leerer Raum, die empirische Grundsätze einzuschränken,| ohne doch irgend ein anderes Obiect der Erkentniß, ausser der Sphäre der lezteren, in sich zu enthalten und aufzuweisen.



  1. Ich verstehe hier die Realdefinition, welche nicht blos dem Nahmen einer Sache andere und verständlichere Wörter unterlegt, sondern die, so ein klares Merkmal, daran der Gegenstand (definitum) iederzeit sicher erkant werden kan, und den erklärten Begriff zur Anwendung brauchbar macht, in sich enthält. Die Realerklärung würde [242] also dieienige seyn, welche nicht blos einen Begriff, sondern zugleich die obiective Realität desselben deutlich macht. Die mathematische Erklärungen, welche den Gegenstand, dem Begriffe gemäß, in der Anschauung darstellen, sind von der letzteren Art.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: dem
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