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Daniel Burgschmiet

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Daniel Burgschmiet
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 361-362
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Daniel Burgschmiet.

Der bekannte Nürnberger Bildhauer, Daniel Burgschmiet, der Rüstige, der vor kurzer Zeit noch in voller Manneskraft Stehende, er mußte vor Kurzem Hammer und Meißel an den Tod abgeben. Das geschah so plötzlich, daß seine Freunde und Bekannten es kaum glauben, kaum für möglich halten konnten. Hatten sie ihn doch jüngst noch gesehen in seinen Werkstätten, wie er arbeitete von früh bis spät; wie er, umgürtet mit dem Lederschurz, in der Gießhütte stand, umringt von seinen Gehülfen, – oder auch, ohne Schurz und nur bedeckt vom leichteren Arbeitskleide, und ohne Gehülfen, allein in seinem Atelier zwischen Marmorblöcken saß – beginnend, fortführend, vollendend – schaffend.

Lassen wir kurz sein Leben auf diesem Blatte an uns vorübergehen.

Wir treten ein in eine kleine, geringe Werkstätte. Wir sehen da Holzspulen, Pfeifenrohre und Pfeifenköpfe, Kegel und Kegelkugeln, Zwirnhalter und Nadelbüchsen, Armbrüste und Steckenpferde, – der Knabe Daniel Burgschmiet sitzt an der Holzdrehbank, – wird ein Drechsler.

Er hält es dabei nicht aus, – in ihm treibt und gährt es. Solche Werkstätte wird ihm zu enge, befriedigt ihn nicht, – aber es ist keine Hand da, die auf andere Bahn mit anderm Ziel ihn stellt.

Da hilft er sich selbst, – er zieht herum mit einem Automatentheater, führt dieses Theater durch halb Deutschland. In ihm noch immer keine Ruhe, keine Befriedigung, – wohl aber die noch geschlossene Knospe einer echten Künstlernatur. Und diese Knospe schwellt und treibt, schießt in die Blüthe und ruht nicht, bis sie vollkommen aufgebrochen ist, bis sie sich entfaltet hat zur vollständig gebreiteten, vollendeten Blume.

Erst als er das Automatentheater abgegeben hatte, beschäftigte sich Burgschmiet mit der eigentlichen Bildnerkunst. Er war nun schon in das Mannesalter getreten, – aber sein Talent entfaltete sich schnell unter Fleiß und Begeisterung.

Betreten wir die Treppe des Waisenhauses zu Nürnberg, so sehen wir zwei Figuren von Waisenhauszöglingen in ihrer alten Tracht, – und diese zwei Figuren sind eigentlich die erste größere Arbeit Burgschmiet’s.

Bedeutender tritt er auf mit der Statue Melanchthon’s, welche bei der dreihundertjahrigen Stiftungsfeier des Nürnberger Gymnasiums aufgestellt wurde. Burgschmiet arbeitete sie ohne Modell, nahm nichts dazu, als die Zeichnung, welche Heideloff gearbeitet hatte. Das war nicht leicht. Denn ehe man zur Ausführung eines Bildwerkes in Stein schreitet, fertigt man bekanntlich für die Arbeit selbst Skizzen und Modelle in einer weicheren Masse, gewöhnlich in Thon, die man sodann in Gyps abgießt. Auch dem geübteren Meister ist in der Regel ein solch genügendes Vorbild nöthig, weil im Stein, wenn einmal zu tief geschlagen wurde, keine ausgleichende Berichtigung mehr möglich ist. Nur kurz sei hier erwähnt, daß Einem, der sonst so hoch steht, dieses Versehen sehr oft begegnete. Michel Angelo war’s. Sein Feuergeist verschmähete Skizze [362] und Modell. Er nannte derartige Vorbereitungen kleinlich und geisttödtend.

Doch zurück zu Burgschmiet. Der Magistrat in Nürnberg wollte dem berühmten Maler Albrecht Dürer, der ja auch in Nürnberg lebte und schuf und daselbst begraben liegt, ein Standbild aus Erz widmen. Das Modell dazu fertigte Rauch in Berlin an. Dieser bestimmte zugleich, daß Burgschmiet den Guß vollziehen solle. Der Letztere nahm das an, reiste auch, um in der Kunst der Gießerei noch Gutes zu sehen, nach Paris, kam dann zurück und – aus seiner Gießhütte ging dann die berühmte Dürerstatue hervor.

Und diese nicht allein. Von seinen größeren plastischen Gebilden, alle geschaffen in der Gießhütte zu Nürnberg, sind weltberühmt: die Statue Beethoven’s in Bonn, Kaiser Karl’s in Prag, Martin Luther’s in Möra.

Ebenso weltberühmt wird sein Radetzky-Denkmal werden, dessen Kosten sich auf 80,000 Gulden C.-M. belaufen. Diese Arbeit war Burgschmiet’s letzte. Mit Recht beklagt dies nicht nur jeder Bildhauer, Erzgießer und Kunstfreund, sondern Jeder, der es weiß, wie viel ein edler Mensch, ein ehrenwerther Charakter wiegt. Deutschlands Kunstgrößen schätzten ihn, Rauch war mit inniger Hochachtung ihm zugethan, – aber das erst macht uns ihn liebenswürdig, daß viel Tausende in Nürnberg aufrichtige Liebesthränen für ihn hatten, als er starb, und ein warmes Herz für ihn, da er lebte. Wer hätte diesen Mann auch nicht lieben sollen! Leistung und Verdienst Anderer, wo und wie er es auch fand, erkannte er freudig an, während er selbst bescheiden auf sich und seine eignen Leistungen blickte, und nie sich erhob über die Grenze seines Verstehens und Könnens, auch das, was er schuf, heraufholte aus dem eignen, innern Lebensborn.

An seinem Schwiegersohn, Ch. Lenz, besaß er einen tüchtigen Mitarbeiter, und es war ihm hohe Freude, wenn es hieß: „Burgschmiet-Lenz zum Guß übertragen.“ Uebrigens lebte er sehr einfach, genügsam, still. Die liebste Gesellschaft war ihm seine Familie und der Kreis seiner Freunde.

Jeder Reisende sagt, daß die Täuschung, als sei man in frühere Jahrhunderte versetzt, fast in keiner Stadt so lebhaft hervorgebracht werde, als in Nürnberg. – Kommt das nur von den Mauern und Giebeln der Wohnhäuser? Von den Dächern und Zinnen der Kirchen? – O, es ist wohl hauptsächlich der Geist, der durch die Bilder und Bildwerke geht, mit welchen Kirche und Haus geschmückt sind. Und das ist der Geist der Männer, welche Nürnberg die Seinen nannte.

Gebrüder Schonhofer, Adam Kraft, Michael Wohlgemuth, Albrecht Dürer, Peter Bischer und Andere noch, die als Sterne leuchteten in Nürnberg, hat es die Seinen genannt. Nun auch den Bildhauer und Erzgießer Daniel Burgschmiet. Und wie Jene, obgleich sie erloschen, doch immer noch nachleuchten, so wird es auch Dieser.