Das „Contobuch“ der Deutschen Liga
[97] Das „Contobuch“ der Deutschen Liga. Das Reichsarchiv zu München bewahrt unter den Acten der „Entstehung des Dreissigjährigen Krieges“ in fasc. II, n. 21 einen, mit altem Schweinsledergewande ausgestatteten Band, welcher auf der Vorderseite des Deckels die Aufschrift trägt: „Contobuch über der hochlob. catholischen bundsstende bewilligte contributiones und daran wie auch von andern concurrirenden stenden ervolgten erlagen von anno 1610 her biss“ –. Das Titelblatt ist zunächst und zwar von derselben Hand folgendermassen beschrieben: „Unfirgreifliche anzaig und berechnung, was sowoln wegen des hochlob. rhein. als oberländischen directorii, item hierinnen vermeldter schwebischer clöster, graven und herrn, auch der catholischen reichsstätt halber vermig der bundsabschied von anno 1619 als dem anfang diser entstandener unruehe her bis zu end des negstabgewichnen 1627. jars nach den gewilligten contributionen einzeschicken und beizetragen sich verfallen hette, hingegen jeder stand an seiner quota (sovil man bei der haubtcassa zu München nachricht haben kinden) an gelt und geltsstatt guetgemacht und dariber noch zu rest verbliben, sambt deme, so von tails anderr concurrirenden stenden eingangen.“ Von anderer Hand ist dann auf einem eingeklebten Zettel bemerkt: „Na. bis zu endt des aprils 1631 alles eingetragen“. Eine dritte Hand endlich schrieb auf den unteren Rand des Titelblattes: „NB. Auch was von hernachbenambsten hochlobl. cathollischen bunds- und tails anderen concurrirenden stenden wie von ad[1] 396 bis ad 407 zu sehen, vor diser entstandenen unruehe, id est von anno 1610 her biss auf 1619 an vorhero gewilligten bundscontributionen oder anlagen herrn Balthasar Gerolden, gew. bundspfennigmaister sel. bezalt und gutgemacht worden.“
Diese Aufzeichnungen geben die Entstehungsgeschichte des Bandes. [98] Ihr entsprechend sind von S. 1–165 die Bewilligungen, Zahlungen und Reste aus den Jahren 1619–1627 einschliesslich eingetragen. Daran reiht sich S. 167–175 eine kurze Zusammenstellung der Bewilligungen, Zahlungen und Reste der Bundesstände mit Ausnahme des Baierischen Kreises, ferner der sonst geleisteten Beihilfen, dann der Leistungen des Baierischen Kreises mit Ausnahme von Baiern und endlich der Leistungen Baierns von 1619–1627 einschliesslich. S. 177 bildet dann ein neues Titelblatt mit der Aufschrift: „Volgt firter allen, welche hievorbeschribner massen in den bundsanlagen und beihilfen begriffen, jedem der ursachen sein neue sonderbare rubrick, damit den hievor bis zu end anno 1627 einkomnen und summariter herfirgetragnen verwilligungen und erlagen dasjenige, was man allerseits weiter verwilligen, einschicken und guetmachen wirdet, könde beigesezt werden.“ Von S. 178A–256B ist dann das Verzeichniss der Bewilligungen und Zahlungen bis zu der im Mai 1631 bewilligten Bundeshilfe eingetragen und von 259A–305B folgen Nachträge zur Rechung einzelner Stände aus 1628–1631. Der Rest der Blätter ist herausgerissen. Vermuthlich waren die Blätter 306–395 leer. Das auf dem Haupttitelblatte angekündigte Verzeichniss für die Jahre 1610–1619 dürfte den Schluss des Bandes gebildet haben.
Der Zweck der Zusammenstellung war, wie die unten näher zu erwähnenden, S. 173–175 eingetragenen Angaben über Baiern zeigen, zu beweisen, dass Baiern mehr als alle anderen Mitglieder und Freunde des Bundes und weit mehr als seine Quote an den Bundesbewilligungen geleistet habe. Im Jahre 1628 erfolgte sie wohl aus Anlass der Verhandlungen über die Aufhebung der Verpfändung Oberösterreichs, um dem Gerede zu begegnen, dass Baiern seine Theilnahme am Kriege mit den Hilfen der Liga und ihrer Freunde gedeckt, ja noch bedeutende Ueberschüsse erzielt habe. Wie das Titelblatt S. 177 beweist, wurde dann gleich damals die Fortsetzung beschlossen, und ebenso dürfte schon damals das Verzeichniss über die Jahre 1610–1619 beigefügt worden sein, da ja die Aufschrift auf dem Deckel des Einbandes als Inhalt des Buches kurzweg eine mit 1610 beginnende Abrechnung bezeichnet. Deren Endziel ist dort nicht angegeben, und so sind denn auch die Rechnungen für 1628–1631 nicht abgeschlossen.
Den fehlenden Rest des Bandes aufzufinden, besteht wenig Hoffnung; der Inhalt der vorliegenden Blätter dagegen ist für die Geschichte Maximilian’s und der Liga so wichtig, dass ich dessen Mittheilung nicht aufschieben zu sollen glaube.
Ich beschäftige mich zunächst mit dem ersten, die Jahre 1619 bis 1627 umfassenden Theile.
[99] Bewilligt wurden: I. von den Rheinischen Ständen: 1. im December 1619 auf dem Ligatage zu Würzburg monatlich 100 000 fl., was nach der Schlacht am Weissen Berge auf 9 Monate (vom 20. Februar bis 8. November 1620) und mithin auf 900 000 fl., beschränkt wurde; 2. zu Augsburg für 3 Monate (vom 9. November 1620 bis 5. Februar 1621) 183 000 fl. oder nach Abzug der Beisteuer von Stadt Köln und Aachen 153 694 fl. 6 kr.; 3. am 12. März 1621 zu Augsburg vom 6. Februar 1621 bis Ende 1622 (23 Monate lang) je 70 000 fl.; 4. 1624 zu Augsburg für die Zeit von Anfang 1623 mit April 1624 (16 Monate) je 70 000 fl. monatlich und zwar für die ersten 4 Monate den Reichsthaler zu 4, für die folgenden zu 2 fl. gerechnet; 5. vom 1. Mai 1624 bis Ende 1626 wieder (für 32 Monate) je 70 000 fl.; 6. 1627 zu Würzburg 9 Monate. II. Von den oberländischen Ständen: 1. im December 1619 zu Würzburg 70 Monate; 2. im Februar 1620 noch 30; 3. vom 27. April 1620 bis 6. März 1621, also 10 ⅓ Monate hindurch, je 18 Römermonate; 4. vom 6. März 1621 bis Ende 1626 (70 Monate) von den oberländischen Ständen ausser Baiern monatlich 85 000 fl.; 5. 1627 zu Würzburg 9 Monate. Die Fugger insgesammt und der Deutschmeister, welche erst 1624 auf dem Augsburger Bundestage eintraten, bewilligten für die Zeit vom 1. März 1624 bis Ende 1626 und dann für 1627 wie die anderen Stände. III. Von den Schwäbischen Ständen, „so dem lob. cathol. bund nit immediate zugethon, sondern sonsten in etwas concurrirn“, gemäss Beschluss vom 14. März 1620 zu Ueberlingen jährlich 56 Römermonate bis zum Ende des Krieges, also 8 Jahre lang bis Ende 1627.
Den Bewilligungen gegenüber stehen die „Erlagen“. Unter diesen sind nicht nur die an die Bundeskasse, sondern auch die an Regimenter oder Andere[2] geleisteten Zahlungen und Lieferungen aufgeführt. Sorgfältig ist auch überall der wechselnde Geldwerth vermerkt[3]. Als Vermittler der Zahlungen erscheinen vor allem die Fugger, dann Martin Horngacher zu Augsburg, die Jesuiten zu München, Hans Debit zu Prag, Wilhelm von Haidhausen zu Frankfurt, Gottfried Rieder zu Prag, Kessler zu Brüssel, Peter Gudenau [100] zu Köln. Angegeben, aber nicht mitgerechnet sind einige Summen, welche nach Mittheilung der betreffenden Stände für das Bundesheer in Geld oder in Lieferungen aufgewendet worden waren, worüber jedoch noch genügende Abrechnung fehlte. Sie betragen für Mainz 85 861 fl. 21 kr., für Köln 900 672 fl. 13 kr., für Trier 27 495 fl. 48 kr., für Worms 2052 fl., für Fulda 106 597 ¾ Rthr., für Eichstädt 19 450 fl. 22 kr., zusammen 1 248 726 fl. 34 kr.
Es folgen dann Beihilfen „von Ständen, so dem bund nit immediate zugethon, sonder sonst in etwas concurrirn“. Darunter hat der Papst zahlen lassen: 1621 October 30. durch die Kaufleute Buroner und Martin Zobl in Augsburg 80 000 fl., November 29. durch die Buroner 90 000 fl. 1622 Januar 10. durch die Buroner und Friedrich Pechler in Augsburg, die Lunage zu Nürnberg und Franz Fülln zu München 100 000 fl., März 31. 60 000 fl. und [z. Th. durch David und Hans Altstetter] 130 000 fl., Juni 27. 16 000 fl., December 31. [z. Th. durch Anton Benevieni und Cosmo Sini] 52 400 fl. 1623 März 15. 81 051 fl., April 21. 75 577 fl., Mai 10. 40 000 fl., Juni 8. 15 000 fl., September 10. 3300 fl. 1624 Februar 8. 9000 fl., März 26. 68 850 fl., August 15. durch Martio Valentino 1333 fl. 20 kr. 1625 Mai 1. durch die Gerardini in Augsburg 8550 fl., Mai 31. 17 100 fl., Juli 15. 5333 fl. 20 kr., September 18. 103 000 fl.; „dann so hat auch gemelter Seb. Füll seliger noch verner per romanisch wexlgelt absonderlich guetgemacht“: 1620 vom Juni bis December 267 753 fl. 57 kr. 1622 Januar 10. 30 000 fl., 1626 April 18. 32 400 fl. Spanien hat gegeben: 1620 August 14. 36 000 fl., December 31. 21 250 fl., 1621 März 20. 14 750 fl.; 1627 December 31. 186 398 fl. 29 kr. 5 hl.
Den Schluss bilden die Bewilligungen Baierischer Kreistage von 1619 und 1620. Das Ergebniss ist folgendermassen zusammengestellt:
Mithin betrugen die Bewilligungen aller Bundesstände von 1619 bis Ende 1627: 16 588 903 fl. 32 kr. 6 hl.; die Zahlungen: 6 339 474 fl. 28 kr. 5 hl.; die Reste: 10 249 429 fl. 4 kr. 1 hl.
[103]
Die Gesammtsumme aller Leistungen beträgt also 8 318 031 fl. 31 kr. 4 hl., und wenn man die oben S. 100 erwähnten, unbelegten Leistungen mit 1 248 726 fl. 34 kr. hinzurechnet: 9 566 758 fl. 5 kr. 4 hl.
Hingegen beläuft sich Baierns Quote an den Bundeshilfen auf 5 098 920 fl. und an Kreishilfen auf 255 380 fl., zusammen 5 254 300 fl. Es hat jedoch allein an Geld erlegt:
Mithin hat Baiern allein an Geld über seine Quote hinaus geleistet 16 243 234 fl. 27 kr. 2 hl. und seine Leistungen übertreffen die aller anderen betheiligten Katholiken um 13 024 122 fl. 55 kr. 5 hl. beziehungsweise unter Abrechnung der unbelegten Leistungen anderer um 11 775 396 fl. 21 kr. 5 hl.
Die Bewilligungen der Rheinischen und Baierischen Stände betrugen 1628 neun Römermonate, 1629 drei, 1630 im Januar drei und 45 580 fl. und im October vierundzwanzig und 1631 siebenundachtzig Monate; die von Constanz je 56 Römermonate, die der anderen schwäbischen Stände für 1628 sechsundfünfzig, für 1629 und 1630 [104] vierundvierzig, für 1631 zweiundsiebzig Römermonate; die der schwäbischen Grafen und Herren für 1628–1630 je 56 Monate ausser den Fuggern, welche entsprechend den Bewilligungen der Stände angeschlagen sind; die der katholischen Reichsstädte endlich betrugen je 56 Monate für 1628–1630 einschliesslich. Dazu kommen noch die Bewilligungen neu eingetretener Bundesstände, welche denen der älteren für die Zeit der Mitgliedschaft entsprechen. Es lässt sich daraus folgendes Gesammtergebniss gewinnen, welches ich nach dem Muster des ersten Theils unseres Bandes zusammenstelle:
[106] Eine Beihilfe leistete nur noch Kloster Zwiefalten i. J. 1628 mit 1310 fl. 50 kr. Vom Papste, Spanien und den anderen oben S. 102 aufgezählten, sowie von den Baierischen Kreisständen wurde nichts mehr geleistet.
Baierns Quote in den Jahren 1628–1631 betrug 1 054 942 fl. Es leistete vom 1. Januar 1628 bis 1. Mai 1631 in Geld und Kriegsbedarf 1 273 102 fl. 44 kr. 2 hl.
Die Bewilligungen der katholischen Stände betrugen 4 890 784 fl. 26 kr., die Leistungen 1 142 300 fl., die Reste 3 749 795 fl. 16 kr.
Für die Zeit von 1619–1631 Mai betrugen also die Leistungen aller Katholiken nebst den protestantischen Ständen des Baierischen Kreises, Ortenburg und Regensburg, 9 459 020 fl. 41 kr. 4 hl. beziehungsweise [vgl. oben S. 103] 10 707 747 fl. 15 kr. 4 hl., die Leistungen Baierns dagegen 22 615 257 fl. 11 kr. 4 hl., und der Ueberschuss derselben über seine Quote belief sich auf 16 461 395 fl. 11 kr. 4 hl.
In diesen Zahlen bietet sich ein neuer Beweis, dass die Wirksamkeit der Liga vor allem von Maximilian ausging und dass er die Kräfte seines Landes auf’s äusserste für den Katholicismus und die Reichsverfassung anstrengte, die anderen katholischen Stände und der Papst selbst dagegen an Eifer weit hinter ihm zurückstanden. Die Restanten der Ersteren, welche 13 999 224 fl. 20 kr. 1 hl. betrugen, würden, wenn sie bezahlt worden wären, wohl hingereicht haben, um dem Kampfe Tilly’s gegen Gustav Adolf i. J. 1630 und im Anfange von 1631 eine andere Gestalt zu geben. Aber die geistlichen Herren wollten nicht glauben, was Maximilian ihnen seit der Aufrichtung der Liga so oft gepredigt hatte, dass es besser sei, Hab und Gut für die Abwehr der Feinde einzusetzen, als es denselben zur Beute fallen zu lassen. Die Schweden hoben die der Ligakasse vorenthaltenen Restanten mit wucherischem Zinseszins ein.
Anmerkungen
- ↑ D. h. Seite.
- ↑ So zahlt der Kurfürst von Mainz im Juni und im September 1620 den Jesuiten zu Köln je 10 000 fl. für den Herzog von Baiern, welcher seinerseits den Betrag an der Quota von Mainz in die Bundeskasse abzahlt.
- ↑ Im Mai 1620 gilt der Reichsthaler 2 fl. 8 kr, am 15. Juni 2.15, am 30. d. Mts. 2 fl. 8, am 20. Mai 1621 2 fl. 50 und 2 fl. 30, 15. August 1624 2 fl.; 1622 stieg der Rthr. von 2.50 auf 9; der Goldgulden galt am 15. Juni 2 fl. 33; 31. März 1622 10 fl.
- ↑ Nach Vermerken in den späteren Rechnungen erfolgten die Beihülfen der fünf hier genannten Bisthümer aus der Decimation ihrer Geistlichkeit.
- ↑ Auf einem einliegenden Zettel ist in Bezug auf mehrere Zahlungsposten Triers aus 1619–27 die Vermuthung oder die bestimmte Behauptung ausgesprochen, dass sie doppelt angesetzt oder nur aus Versehen eingerückt seien. In der Rechnung selbst ist bemerkt, dass Trier noch 11 008 Rthlr. anrechnen wolle, welche von den Bundesständen noch nicht genehmigt seien.
- ↑ Hier sind die Bewilligungen von 1631 nicht in Ansatz gebracht.
- ↑ Die Fugger fehlen diesmal hier und sind ganz zu den Schwäbischen Grafen und Herren eingereiht.