Das „Franzele“

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Titel: Das „Franzele“
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aus: Die Gartenlaube, Heft 13, S. 213–215
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1876
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Das „Franzele“.


Franziska von Hohenheim! Ein Name, der, wenn er im Schwabenlande erklingt, stets voll dankbarer Anerkennung genannt wird und „draußen im Lande“ mindestens jedes Gebildeten Interesse weckt. Herzog Karl Eugen, Schiller, Schubart, die blauröckige, zopfbekleidete Schaar jugendlicher Karlsschüler, diese Gestalten alle gruppiren sich um die zarte Erscheinung jener Frau in wirkungsvollster Lebendigkeit.

Franziska von Hohenheim.

Kaum hundert Jahre sind es, daß das „Franzele“ an der Seite „Karl Herzogs“, wie ihn der Schwabe nennt, erschien, um ihn als guter Engel auf seiner Lebensbahn zu begleiten, und wenig mehr als sechszig, seit Franziska als Herzogin von Württemberg starb. Welch ein gewaltthätiger Herrscher Herzog Karl, der mit sechszehn Jahren schon auf den Thron gelangt war, in der ersten Hälfte seiner Regierung gewesen, ist bekannt. Feste, so glänzend, wie man sie nur am französischen Hofe sah, große militärische Schauspiele, verschwenderische Reisen vertrieben ihm die Zeit, während das Volk unter Frohnen und Steuern seufzte. Seine Gemahlin, Friederike von Bayreuth, die Nichte Friedrich’s des Großen, verließ ihn im achten Jahre ihrer kinderlosen, unglücklichen Ehe. Eine förmliche Scheidung konnte die ungleichen Gatten – so lebenslustig, feurig und leutselig Karl war, so stolz und eigensinnig war seine Gemahlin – nicht trennen, weil der Herzog der katholischen Kirche angehörte.

Hatte schon während der Anwesenheit der Herzogin zu Stuttgart und Ludwigsburg das bunteste Leben geherrscht, so nahm dasselbe nach ihrer mehr einer Flucht gleichenden Abreise noch mehr überhand. Elende Günstlinge, wie Montmartin, Rieger und Wittleder, bedrückten das württembergische Land, während sich der Herzog amüsirte, und zwar so lange amüsirte, bis er endlich, übersättigt, den Entschluß faßte, ein anderes Leben zu beginnen und den Versuch zu machen, ob es ihm nach allem Vorhergegangenen nicht noch gelingen könne, sein Volk zu beglücken und dessen Liebe zu erringen. In diese Zeit fiel seine erste Begegnung mit der Frau, welche auf ihn einen so wohlthätigen Einfluß üben und für Württemberg ein Segen werden sollte, der Frau, mit welcher diese Zeilen sich beschäftigen werden.

Franziska von Bernerdin – wir entnehmen die nachfolgenden Mittheilungen aus dem Leben derselben dem soeben in zweiter Auflage erschienenen Werke „Herzog Karl von Würtemberg und Franziska von Hohenheim“ von E. Vely (Stuttgart, C. F. Simon), welches auf Benutzung bisher noch nicht veröffentlichter Archivalien beruht – Franziska war die Tochter eines alten, hochachtbaren, aber armen Geschlechts, der Bernerdins zum Pernthurn, und wurde am 10. Januar 1748 zu Adelmannsfelden auf dem Familiengute ihrer Mutter, einer Hohenstein, geboren. Sie erwuchs mit vier Schwestern bei dem nothdürftigsten Unterrichte, der sich nur auf Lesen, Schreiben und Religion erstreckte. Durch die Vermählung der Schwestern kam sie hinaus in die Welt, und auf einer dieser Reisen lernte sie der Freiherr Friedrich von Leutrum kennen und warb um sie. Sein Charakter war unedel und neidisch, seine Gestalt zwerghaft und bucklig, sein Kopf unförmig und dick, gewiß keine Erscheinung, welche das Herz eines sechszehnjährigen Mädchens einnehmen konnte. In den Augen der Eltern aber wurde das Alles zur verschwindenden Nebensache, weil der Brautwerber einen altadligen Namen und großen Reichthum besaß. Sie gaben ihm ohne Zögern ihr „Ja“. Die arme Franziska wurde nicht gefragt, ob ihr der zukünftige Gemahl gefalle.

„Geheirathet, als ich kaum sechszehn Jahre alt war,“ schrieb sie in späteren Jahren über diese Ehe, welche eine Quelle vielen Leids für sie geworden war, „gleichsam als ein Kind, ohne alle Neigung, ohne alle Liebe, blos weil man mir sagte: ‚Du mußt den von Leutrum heirathen.‘ Mithin aus bloßem Gehorsam und nicht aus eigener Wahl wurde ich meinem Manne angetraut, der nie mein Herz befriedigen konnte. Dieses ist Beweis genug, daß ich nur auf die erste schickliche Gelegenheit gewartet, mich seiner nach den Grundsätzen meiner Religion los zu machen.“

Franziska war, wie das nebenstehende ebenfalls dem oben genannten Vely’schen Buche entnommene Portrait zeigt, ohne gerade regelmäßig schön zu sein, eine liebliche, frische Erscheinung; sie hatte reiches, blondes Haar und tiefblaue Augen, eine blendendweiße Gesichtsfarbe und schlanke Gestalt, die wohlklingendste Stimme und graziöse Bewegungen. Ihre neue Heimath war das Herrenhaus der Leutrums zu Pforzheim, wohin sie ihr Gatte gleich nach der Vermählung führte. Ein ziemlich gleichförmiges Leben erwartete sie dort. Der Baron Leutrum war eine eifersüchtige und mißgünstige Natur und barg seine junge hübsche Frau ängstlich vor fremden Blicken. Dieselbe suchte in der Einsamkeit durch eifrige Studien nachzuholen, was bei ihrer Erziehung versäumt worden war. Bücher waren ihre liebste Gesellschaft, namentlich wählte sie religiöse Schriften; sie hatte äußerst schwärmerische Glaubensanschauungen, denen sie bis in ihr hohes Alter treu blieb.

Im Jahre 1769 reiste Baron von Leutrum mit seiner Gemahlin nach dem nahen Wildbad, wo sich eben eine Schwägerin Herzog Karl’s, die Herzogin Dorothea von Württemberg, mit ihrem Hofstaate aufhielt.

Die Kinder derselben hatten, wenn Karl Eugen ohne Nachkommen starb, das einzige Anrecht auf den württembergischen Thron. Mit dieser Fürstin war die liebenswürdige Baronin Leutrum bereits in nähere Beziehungen getreten, als Herzog Karl in Wildbad anlangte, um seine Schwägerin zu besuchen. Er sah Franziska. Sie fiel ihm durch ihre unbewußte Anmuth und mädchenhafte Frische auf, und er zeigte ihr seine Zuneigung unverhohlen. Den Baron von Leutrum erfaßte Eifersucht und Zorn, und als die fürstliche Gesellschaft Wildbad verlassen hatte und er mit seiner Gattin nach Pforzheim zurückgekehrt war, machte er ihr Vorwürfe, die sogar bis zu Thätlichkeiten ausarteten, weil sie sich die Huldigungen des Herzogs, dieses ebenso schönen wie gefährlichen Mannes, hatte gefallen lassen. Dennoch wagte der Baron nicht, als plötzlich vom Stuttgarter Hofe eine Einladung zu Jagdfestlichkeiten in Pforzheim anlangte, dieselbe abzulehnen, sondern reiste mit Franziska nach dort. In Urach, wo die Jagden stattfanden, hatte Karl die beste Gelegenheit, sich Franziska zu nähern. Ihr Liebreiz bestrickte ihn mehr und mehr und entriß ihm endlich das Geständniß der Liebe. Die junge Frau, tödtlich erschreckt, wich ihm aus, und Herzog Karl erhielt so die erste Zurückweisung, welche ihm in seinem Leben wurde.

So ablehnend sich Franziska nun auch dem fürstlichen Verehrer gegenüber verhalten hatte, so heiß schlug dennoch für ihn ihr Herz, das bisher die Liebe nicht gekannt. Ihr Gatte [214] quälte sie mit neuen Eifersuchtsscenen, besonders, als der Herzog plötzlich in Pforzheim erschienen war, folgte aber doch einer zweiten Einladung mit ihr an den Stuttgarter Hof.

Franziska’s Herz war mit ihren strengen Ansichten in schwerem Kampfe – des Herzogs Worte und Gelübde erschütterten ihre Festigkeit und verwirrten sie. Er sprach von einem neuen Leben, das er zu beginnen wünschte, von einer Vereinsamung auf dem Throne, von der Menschenverachtung, die sich seiner bemächtigt hatte – und der schwärmerischen, jungen Frau erschien es plötzlich als die schönste, menschenwürdigste Aufgabe, den trotz aller Schwächen großherzigen Fürsten auf eine andere Bahn zu lenken. Des Gatten Augen gewahrten ihre wachsende Neigung; neue Mißhandlungen kränkten sie auf’s Aeußerste – und so, halb willenlos getrieben, flüchtete sie sich in des Herzogs Schutz. Wir sind weit davon entfernt, das mit diesem Schritte anhebende Verhältniß zwischen Franziska und dem Herzoge, welches beiderseits auf einem unleugbaren Treubruche beruht, hier entschuldigen oder gar glorificiren zu wollen, nur das psychologische und historische Interesse, welches dasselbe gewährt, veranlaßt uns, auf Grund des oben erwähnten Buches noch einmal auf diese schon oft behandelte Episode der württembergischen Geschichte zurückzukommen.

Zuerst führte Karl seine Freundin auf die Solitüde, das reizende Lustschloß unweit Ludwigsburg; der Baron von Leutrum eilte zornig nach Pforzheim zurück, von wo aus er Franziska zur Heimkehr zu bewegen versuchte. Vergebens! Abscheu vor ihm und warme Liebe zu Herzog Karl ließen sie jede andere Rücksicht vergessen. Der Herzog stellte ihr ein Rescript aus, daß ihre Ehe mit Leutrum geschieden werden solle, und daß er sie, sobald seine Gemahlin, die kränkelnd zu Bayreuth lebte, stürbe, zu seiner rechtmäßigen Gattin erheben wolle. Er bestrebte sich, ihr zu zeigen, daß er es wirklich ernst mit der Umkehr meine. Von dem Tage der Vereinigung mit Franziska an begann er in der That ein neues Leben; seine „gute Periode“ brach an, von der in Schwaben noch heute viel berichtet wird. Vor allen Dingen wollte er für die Erziehung und den Unterricht seiner Landeskinder sorgen. Er erweiterte die bereits gegründete „Militärische Pflanzschule“, den Anfang der späteren „hohen Karlsschule“, dehnte die „Académie des arts“ aus, entließ die fremden Künstler, schränkte die Feste ein und gründete eine „École des demoiselles“, deren Protectorat seine Freundin übernehmen mußte.

Nachdem Franziska’s Ehe geschieden war, erwirkte der Herzog beim Kaiser Joseph dem Zweiten ihre Erhebung in den Reichsgrafenstand unter dem Namen „von Hohenheim“. Denselben hatte er einem Landgute in der Nähe von Stuttgart entlehnt, das er nun, ihr zu Ehren, mit neuen Bauten und Gartenanlagen schmückte. Ueberall thut sich seine zärtliche Fürsorge für Franziska hervor. Seine Briefe an sie zu Geburts- und Namenstagen, oft in Versen, sind wahrhaft rührende Beweise seiner Liebe und Hochachtung für die Frau, welche, über die ihrem Verhältnisse zum Herzoge mangelnde Sanction tief unglücklich, aber dem Urtheile der Welt trotzend, an seiner Seite blieb und sich ihrer Aufgabe wohl bewußt war. Niemals hat sie nach Bereicherung, nach Einfluß in Staatsgeschäften gestrebt; all ihr Denken ging dahin, Herzog Karl eine ruhige Häuslichkeit zu bereiten, da zu mildern, wo sein unruhiger Sinn aufbrauste, und im Stillen wohlzuthun – so wurde sie wirklich Württembergs guter Engel.

Ihr Eifer, zu lernen und sich fortzubilden, gefiel dem Herzog und ließ ihn den Plan fassen, ihr fremde Länder zu zeigen. Italien, die Schweiz, Frankreich, England, ganz Deutschland und Dänemark hat sie im Laufe der Jahre mit ihm besucht. Diese Reisen glichen im Gegensatze zu Karl’s früheren prunkvollen Ausflügen einfachen Studienfahrten. Er besuchte Universitäten, unterhielt sich mit Professoren und faßte dabei neue Ideen für seine „Karl’s-Akademie“. Seit dem 17. Januar 1773 zählte, nebenbei bemerkt, Friedrich Schiller als „Zuwachs“ unter der Nr. 447 zu den Schülern der weltberühmten Anstalt.

An allen Höfen fast, die man auf den Reisen berührte, wurde die Reichsgräfin von Hohenheim gleich einer regierenden Fürstin empfangen; man ehrte in ihr Karl’s bescheidene Freundin, von der man wußte, daß sie längst als rechtmäßige Gattin an seiner Seite stehen würde, hätte nicht Friederike von Bayreuth noch grollend in ihrer Heimath gelebt.

Daß neben vielen Aufmerksamkeiten, welche Franziska freiwillig gespendet wurden, auch manche Demüthigung sie traf, wurde durch das Absonderliche ihrer Stellung hervorgerufen. Am tiefsten kränkte sie der Ausschluß von Beichte und Abendmahl, wogegen selbst Karl’s Machtgebot wirkungslos blieb. Die früheren prunkvollen Oper- und Balletvorstellungen wurden eingestellt, und statt deren feierte Herzog Karl jetzt Franziska’s Geburts- und Namenstage mit großen Armenspeisungen, Ausstattungen von Brautpaaren etc., weil ihre Hauptfreude im Wohlthun bestand.

„Eleve Schiller“ brachte bei einer solchen Gelegenheit dichterische Gaben: „Empfindungen der Dankbarkeit beim Nahmensfeste Ihro Excellenz der Frau Reichsgräfin von Hohenheim“ von der Militärakademie und der École des demoiselles. Ein anderes Mal entwarf er „Inschriften für ein Hoffest“ zu ihrem Preise, und im Jahre 1780, dem letzten seines Studiums, hielt er in Gegenwart des Herzogs und seiner Freundin eine schwungvolle Geburtstagsrede für sie: „Die Tugend in ihren Folgen betrachtet.“

Für sämmtliche Schüler der Militär- oder Karl’s-Akademie war die Gräfin von Hohenheim, die oft an des Herzogs Seite die Lehrsäle betrat, eine verehrte, glanzvolle Erscheinung. Nur eines Unglücklichen hat sich Franziska nicht mit jener Wärme angenommen, die sie sonst Leidenden zu Theil werden ließ – Schubart’s, des Gefangenen des Hohenaspergs. Er hatte sie durch Spottlieder und Reden auf ihr Verhältniß zum Herzog bitter gekränkt. Seine Kinder beschenkte sie indessen, und als Herzog Karl ihm endlich die Freiheit gab, war es Franziska’s Mund, welcher ihm die freudebringende Botschaft verkünden mußte. Seine feurigsten Lieder priesen sie fortan.

Das Tagebuch der Gräfin von Hohenheim ist ein Denkmal ihres edlen Herzens, ihres einfachen Lebens. Sie hat jedes kleine Ereigniß gewissenhaft darin verzeichnet, oft hat aber auch Herzog Karl ihr die Feder aus der Hand genommen und Sätze zu ihrem Lobe hineingeschrieben. Am 9. April 1780 erzählt sie: „Beim Aufwecken wurde gemeldet, daß eine Stafette da wäre, und diese brachte die Nachricht, daß Ihre Durchlaucht, die Herzogin, den 6. dieses, Abends zwischen 6 und 7 Uhr, das Ewige mit dem Zeitlichen verwechselt hätten; ich war gewiß gerührt über diese Nachricht.“

Der charakteristischste aller Briefe des Herzogs an seine Freundin ist der, in welchem er ihr verspricht, daß sie nun seine Gattin werden solle: „Bald Zehen jahre sind es, Gott ist mein Zeug, daß immer meine Gedanken dahin gingen, wann Ich die nun Verstorbene Herzogin überleben sollte, keiner andern, alß Dir, Liebste Freundin, theil an meinem Herzen, an meiner Hand zu geben; nun ist der fall, mein Herz ist Dir Eigen, und hier, zum pfand meiner bißherigen rechtschaffenheit und redlichen gedenkungsarth gegen Dir, und hier sage Ich, ist meine Hand.“

Aber so ehrlich Herzog Karl es auch meinte, und so gewissenhaft er allen Heirathsvorschlägen, welche ihm politische Vortheile bringen konnte, widerstand, vorläufig konnte er seinen Entschluß, sich mit Franziska kirchlich zu verbinden, doch nicht ausführen. Die katholische Kirche widersetzte sich der Ehe mit einer geschiedenen Protestantin. Er wandte sich, um den Consens zu erlangen, direct an den Papst Pius den Sechsten, aber auch von dort traf eine abschlägliche Antwort ein. Daß Franziska in diesen Tagen, Wochen und Monaten der Erwartung unendlich litt, wer könnte das bezweifeln?! Ihr Tagebuch bezeugt es oft genug.

Mit neuen Plänen und Versuchen, den Papst umzustimmen, gingen noch Jahre hin; endlich gab der Prälat von Neresheim dem Herzoge den Rath, sich heimlich zu vermählen und den päpstlichen Consens erst nachträglich einzuholen. Karl, dessen Geduld erschöpft war, befolgte denselben. Am 11. Januar 1785 ließ er sich mit Franziska in Gegenwart seines Bruders Friedrich Eugen, dessen Gemahlin und eines Ministers in aller Stille trauen. Franziska’s Tagebuch berichtet nichts über diesen Act, als den Satz: „Der Herzog führte mich dahin, wo ich mein weltliches Glück befestigt sehe.“

Erst ein Jahr später, am Lichtmeßfeste 1786, machte Karl dem versammelten Hofe seine Vermählung bekannt; der Act war ebenso eine Ueberraschung für „sein Franzele“ wie die Trauung [215] selber. Franziska hörte plötzlich in der Akademiekirche für sich beten: „Segne auch, o Gott, höchstdesselben Gemahlin!“

Im Lande war Jubel und Freude, daß „Karl Herzogs Engele“ nun endlich den Thron bestiegen hatte. Franziska blieb nach ihrer Erhöhung ebenso einfach und bescheiden, wie vorher; sie hatte nicht nach Macht gestrebt, sondern nur nach jener als berechtigt geltenden Stellung an der Seite des Gatten, um welche sie oft das ärmste Weib im Lande mit heißen Thränen beneidet hatte. Sämmtliche protestantische Höfe erkannten Franziska als Herzogin an; die katholischen aber warteten erst den Beschluß des Papstes ab. Dieser ließ nicht lange auf sich warten; denn kaum hatte Pius der Sechste von Karl’s eigenmächtiger Handlung erfahren, als er ihm einen eindringlichen Brief schrieb und ihn aufforderte, die ungültig eingegangene Ehe wieder aufzuheben.

Herzog Karl sandte daraufhin neue Unterhändler nach Rom.

Franziska theilte in den bescheidensten Ausdrücken ihre Heirath den Verwandten des Herzogs und ihren Freunden mit. An Professor Niemeyer am Waisenhause zu Halle schrieb sie:

„Ich eile, Ihnen zu melden, daß durch die Gnade des Herzogs in meiner öffentlichen Anerkennung und Erhebung zu seiner Gemahlin endlich das so lange gegebene Aergerniß, wie ich wenigstens hoffe, in den Augen der Welt sein Ende erreicht hat. – Je mehr Menschen auf mich sahen, desto strafbarer erschien ich mir. Sie fühlen gewiß, wie drückend der Gedanke blieb und wie gerecht noch jetzt meine Thränen darüber fließen, auch nur einem Menschen zum Anstoße geworden zu sein. Für diesen Schmerz giebt es eigentlich keinen ausreichenden Trost und keine völlige Beruhigung.“

Im März 1791 langte endlich die päpstliche Anerkennung der Heirath an; das Paar war gerade in Brüssel. Herzog Karl schrieb in sein Reisetagebuch: „Heute Morgen bekam ich durch eine Estafette von Rom von dem von Mylius die Nachricht, daß der Papst meine Heirath als kanonisch erklärt, mithin der letzte eingebildete Stein des Anstoßes gehoben sei.“

Nur wenige Jahre traulichen Zusammenlebens waren den Beiden indessen noch beschieden – am 23. October 1793 starb Herzog Karl in Franzel’s Armen.

Eigenhändige Bestimmungen ihres verstorbenen Gatten wiesen Franziska den Wittwensitz auf dem Schlosse zu Kirchheim unter Teck an. Hier hat sie noch mit einem ziemlich großen Hofstaate bis zum ersten Januar 1811 gelebt. Unter dem Chore der dortigen Martins-Kirche fand sie ihre letzte Ruhestätte; kein Denkmal bezeichnet dieselbe, aber in dem schwäbischen Volke lebt Franziska dennoch fort als „Württembergs guter Engel“.