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Das Bergmännlein, der Wichtel, Unterirdische auf dem Hochwalde

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Textdaten
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Autor: Heinrich Gottlob Gräve
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Titel: Das Bergmännlein, der Wichtel, Unterirdische auf dem Hochwalde
Untertitel:
aus: Volkssagen und volksthümliche Denkmale der Lausitz, S. 130–133
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: F. A. Reichel
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Erscheinungsort: Bautzen
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Quelle: MDZ München, Commons
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[130]
LIV. Das Bergmännlein, der Wichtel, Unterirdische auf dem Hochwalde.

Auf dem Hochwalde, welcher die reizendste, über alle Beschreibung erhabene Ansicht vom Oybin gewährt, und der nach Angabe des Wahlenbüchleins zwar nicht Schätze von geprägtem Gold und Silber, aber herrliche, den orientalischen gleichende Edelsteine enthalten soll, geht nach der Landbewohner Meinung ein kleines, von Gesicht graues Männchen, mit langen schloßweißen Haupt- und Barthaaren, in einem schwarzen, roth verbrämten Talar, den über die Hüften ein goldgelber Gürtel schließt, auf dem Kopfe eine trichterähnliche Mütze von smaragdgrüner Farbe, in der linken Hand ein Rauchfaß, in der rechten aber einen bunten Stab haltend, bei Nachtzeit umher. Die Nächte seiner Erscheinung fallen den Weihnachts- Oster- Johannis- und Michaelis-Heiligenabend. Dieses Männlein zeigt nun dem ihm Begegnenden, nicht Fliehenden, vielmehr Vertrauenden, nicht blos heilsame, das menschliche Leben fristende und mancherlei Krankheiten vertreibende Wurzeln und Kräuter, sondern – damit es dem Gesunden nicht an Leibesnahrung und Nothdurft fehle – Gold, Silber und Edelsteine, daß er seines Lebens sich freuen und es genießen könne.

Lebte vor etwas langer Zeit zu Olbersdorf Jakob Sahrer, von Einigen der fromme Jakob, von Andern der hinkende Bote genannt. Wacker hatte er als kaiserl. Reitersmann am 8. Novbr. 1620 in der Schlacht auf dem weißen Berge mit gefochten und einen Schuß in die linke Kniescheibe erhalten, der ihn zum fernern Dienst unbrauchbar machte, [131] und von den Böhmen letztgedachten, von seinen Freunden aber, wegen seiner ungeheuchelten Frömmigkeit – er war nämlich nicht lange Soldat gewesen, folglich nicht, wie seine Kameraden damaliger Zeit, in Sünden und Lastern ergraut – erstbemerkten Namen bekommen.

Ohne Nachtheil für die Invalidenkasse und ohne Gratifikation – welches damals nicht an der Tagesordnung war – entlassen, lebte er in dem Dörfchen, wo ihm die Sonne zum erstenmale geschienen, still und ruhig – zufrieden mit seinem Schicksale, sammelte Kräuter und ging, in so weit es seine Kräfte erlaubten – auf nahgelegene Oerter Botschaft.

Als er einst in der Michaelisnacht spät von einem solchen Berufswege zurückkehrte, begegnete er dem Bergmännlein, dem – da es ihm winkte – er furchtlos folgte. Ob nun wohl in der Mitternachtstunde an so einem einsamen Orte – da ihn der Geist die Kreuz und die Quere herumführte – dem ehrlichen Sahrer etwas unheimlich werden mochte und er gern zurückgetreten wäre; so hielt er – in der Erinnerung jener Zeit, wo er oft an verrufenern und unheimlichern Oertern Vorpostenwacht gehalten hatte – es doch für schimpflich auszuweichen und hinkte – ob sich gleich sein Haar lupfte und es ihm kalt im Nacken fröstelte, sich kreuzigend und segnend – seinem Führer nach, der endlich an einem Hügel stehen blieb, räucherte, mit dem Stock nach den vier Himmelsgegenden wieß und den Hügel berührte, der sich öffnete, eine Menge Gold, Silber und Edelsteine herausgab und dann sich schnell schloß. Das Männlein winkte dem Erstaunten sich dieses Alles anzueignen, [132] worauf denn der Beglückte – ohne ein Scherflein zu vergessen – Alles in seinen Mantel packte. Hierauf zog die Erscheinung ein mit goldnem Schnitt und mächtigen Schlössern versehenes, in schwarzem Sammet gebundenes Buch unter seinem Talar hervor, legte es ihm auf die Hocke, winkte ihm zu gehen und verschwand auf derselben Stelle.

Glücklich und unangefochten langte nun Sahrer mit seinen Schätzen in seiner Heimath an, wo er sofort eine Lampe anzündete und von Neugier getrieben das Buch entfesselte, aber, wie groß war nicht seine Freude, als er fand, wie selbiges seinen Lieblingsgegenstand – nämlich die Kenntniß der Wurzeln und Kräuter und ihre Wirkung auf den menschlichen Körper – behandle. Als er es verschließen wollte, fiel aus demselben ein Zettel, auf welchem die Worte

„Utere bene, memorque sis aegrotorum pauperumque[1]

zu lesen waren und die er, als ein die Jesuiterschule Durchlaufner, richtig zu dollmetschen verstand.

Der Beglückte erfüllte redlich, was ihm der Zettel befohlen hatte, verwendete einen Theil des Schatzes zu milden Stiftungen, beschenkte Kirchen und Schulen, errichtete Betsäulen und Kapellen, heilte durch seine Kenntnisse Elende und Kranke – welches ihm den Namen des klugen Mannes erwarb – unterstützte Arme und Leidende und starb hochbejahrt am letzten Tage des siebenzehenten Jahrhunderts.

[133] Nun aber wird man auch zu wissen verlangen, wer und was wohl jener gute Geist, der Sahrern beschenkte, gewesen sey, als er in der Staubhülle auf der Erde wandelte. Folgendes giebt von ihm die Sage:

Wie er ein gar frommer, der Natur und ihrer Kräfte kundiger, im Bergwesen äußerst erfahrener Mann – dessen Namen jedoch die alles vertilgende Zeit verwischt hat – gewesen sey und im grauen Alterthum in Böhmen – unweit der Lausitzer Grenze gehauset, von da aus aber weite Streifereien nach Böhmen und Oesterreich gemacht, den Boden untersucht und die ersten Bergwerke in diesen Ländern angelegt habe. Durch die ihm beiwohnende Kräuter- und Wurzelkunde wären manche Krankheiten – vorzüglich der schwarze Tod und die Pest – von ihm geheilt worden, wodurch er sich bei vielen ungemein beliebt, hingegen durch seinen Bergbau bei denen, deren Aecker dieserwegen in Anspruch genommen worden, verhaßt gemacht habe, deswegen ihm Letztere den Tod geschworen und diese blutige That auch ausgeführt hätten; denn als er eines Abends von seinen Forschungen nach Hause kehrte, wurde er unversehens überfallen, ermordet und sein von Wunden entstellter Leichnam am Fuße des Berges liegen gelassen. Am folgenden Morgen fanden ihn Lausitzer Landleute, die den Tod des Guten beweinten und seinen todten Körper unter dem Hügel – dem sein Geist an bemerkten Nächten entsteigt – begruben.


  1. Gebrauch es wohl, vergiß der Armen und Kranken nicht.