Das Eßlinger Mädchen

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Autor: Gustav Schwab
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Titel: Das Eßlinger Mädchen
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aus: Gedichte. 1. Band, S. 260–263
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Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: Stuttgart und Tübingen
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Quelle: Google und Scans auf Commons
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[260]

Das Eßlinger Mädchen.

Melac, der Franzen General
Mit seinen wüth’gen Schaaren
Gezogen kam durch’s Neckarthal,
Gen Eßlingen gefahren.

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Und auf der Burg da sitzt er schon,

Man hört ihn lachend sprechen,
Wie er die Stadt zum Trotz und Hohn
Am andern Tag will brechen.

Er tritt zu äußerst auf den Wall

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Am Pulverdampf sich labend,

Der wolkig zieht, mit seinem Schwall
Die ganze Stadt begrabend.
Doch wie den Qualm zertheilt der Wind,
Sieht er ein Häuslein stehen,

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Daraus ein schönes Bürgerkind

In halbem Nebel gehen.

Er ist in welscher Glut entbrannt:
„Das Mägdlein will ich haben!
Es giebt in diesem Schwabenland

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So viele schöne Gaben;

Mir will der Wein in diesem Thal
Schier wie der heim’sche munden,
Darum verlangt mein Herz zumal
Nach heim’schen Schäferstunden!“

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Noch an demselben Abend steht

Ein Herold vor den Thoren,
Und an die Stadt sein Ruf ergeht:
Will sie nicht seyn verloren,
Soll sie alsbald die schöne Magd

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Dem argen Dränger senden,

Sonst raucht die Stadt, sobald es tagt,
Von tausend Feuerbränden.

Der frommen Bürger Antwort hat
In gutem Deutsch geklungen:

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„Von einer freien Reichesstadt

Wird solches nicht bedungen;
Wir gehen freudig in den Fall
Wenn keine Seel’ verdorben,
Und sterben uns’re Töchter all,

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So sind sie keusch gestorben!“


Der and’re Morgen dämmert still,
Die Glocken alle schallen,
Die Stadt als Eine Seele will
Gen Himmel betend wallen.

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Da schmückt sich bei der Glocke Klang

Die Jungfrau auserkoren,
Zur Kirche wallt des Volkes Drang
Sie wandelt nach den Thoren.

Auf geht die Pforte kaum berührt,

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War’s durch die Hand der Wächter?

War’s Gottes Arm, der helfend führt
Die reinste seiner Töchter?

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Durch Freund’ und Feinde frei sie geht,

Die Magd mit stillem Tritte,

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Hinauf bis wo die Fahne weht

Von Melac’s Lagerhütte.

Gesprungen war er auf in Wuth,
Weil ihn ein Traum betrogen,
Der ihm von heißer Küsse Gluth

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Betrüglich vorgelogen;

Er wirft sich in die Waffen stolz:
Sie sollen’s alle fühlen!
Am dürren und am grünen Holz
Will seine Brunst sich kühlen.

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Wie er will schreiten aus dem Saal,

Sieht er die Thüre gehen,
Und mit dem ersten Sonnenstrahl
Die Jungfrau vor sich stehen;
Mit ihrem Häublein spielt das Licht

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Als einem Heil’genscheine,

Aus ihrem blauen Auge bricht
Des deutschen Sinnes Reine.

Nicht Angst, nicht and’re Regung zückt
Durch ihre schlanken Glieder,

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Die Brust mit frischem Strauß geschmückt

Wallt friedlich unter’m Mieder;
Die Hände fromm gefaltet sind,
Schlicht sind die blonden Locken,
Sie schaut ihm, wie ein fragend Kind

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In’s Antlitz unerschrocken.


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So deutscher Schönheit klares Licht

Es leuchtet ihm entgegen,
Auf sein geblendet Angesicht
Muß er die Hände legen.

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Gehemmt ist ihm das welsche Wort

Auf seiner schnellen Zungen,
Es zieht ihn rückwärts, treibt ihn fort,
Hat ihn auf’s Pferd geschwungen.

Hinaus mit seiner Schaar in’s Thal

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Jagt’s ihn weit in die Ferne,

Als fürchtet’ er den Blitzesstrahl
Aus ihrem Augensterne. –
Die Glocken sind noch nicht verhallt,
Da wandelt zu den Thoren

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Herein die fromme Magdgestalt,

Siegreich und unverloren.

Anmerkungen (Wikisource)

Zum Stoff siehe Gunter E. Grimm: Das Mädchen von Esslingen. Wandlungen einer Sage (1979) Goethezeitportal.de.

Vers 1: Ezéchiel du Mas, comte de Mélac.