Das Geheimniß der Reminiszenz, an Laura
Ewig starr an Deinem Mund zu hangen,
Wer enträzelt dieses Wutverlangen?
Wer die Wollust, Deinen Hauch zu trinken,
In Dein Wesen, wenn sich Blike winken,
Fliehen nicht verrätherisch, – wie Sklaven,
Weggeworfen faigen Muths die Waffen, –
Meine Geister, hin im Augenblike,
Stürmend über meines Lebens Brüke,
Sprich, warum entlaufen sie dem Meister?
Suchen dort die Heimat meine Geister?
Oder küssen die getrennten Brüder,
Losgeraft vom Kettenband der Glieder,
Laura? träum’ ich? ras’ ich? – die Gedanken
Ueberwirbeln des Verstandes Schranken –
Sieh! der Wahnsinn ist des Räzels kunder,
Staune Weisheit auf des Wahnsinns Wunder
Waren unsre Wesen schon verflochten?
War es darum, daß die Herzen pochten?
Waren wir im Stral erloschner Sonnen
In den Tagen lang begrabner Wonnen,
Ja wir warens – Eins mit Deinem Dichter
Warst du Laura – warst ein Weltzernichter! –
Meine Muse sah es auf der trüben
Tafel der Vergangenheit geschrieben:
Aber ach! – die sel’gen Augenblike
Weinen leiser in mein Ohr zurüke –
Könnten Grolls die Gottheit Sünder schelten,
Laura – den Monarchen aller Welten
Aus den Angeln drehten wir Planeten,
Badeten in lichten Morgenröthen,
In den Loken spielten Edens Düfte,
Und den Silbergürtel unsrer Hüfte
Uns entgegen gossen Nektarquellen
Tausendrörigt ihre Wollustwellen,
Unserm Winke sprangen Chaosriegel,
Zu der Wahrheit lichtem Sonnenhügel
Unsern Augen riss’ der Dinge Schleyer,
Unsre Blike, flammender und freyer,
Sahen in der Schöpfung Labyrinthen,
Wo die Augen Lyonets verblinden,
Tief o Laura unter jener Wonne
Wälzte sich des Glükes Nietentonne,
Schweifend durch der Wollust weite Lande
Warfen wir der Sätt’gung Ankerbande
Weine Laura – dieser Gott ist nimmer,
Du und ich des Gottes schöne Trümmer,
Und in uns ein unersättlich Drängen
Das verlorne Wesen einzuschlingen,
Darum Laura dieses Wutverlangen,
Ewig starr an deinem Mund zu hangen,
Und die Wollust, deinen Hauch zu trinken,
In dein Wesen, wenn sich Blike winken,
Darum fliehn, verrätherisch, wie Sklaven,
Weggeworfen faigen Muts die Waffen,
Meine Geister, hin im Augenblike!
Stürmend über meines Lebens Brüke,
Darum nur entlaufen sie dem Meister,
Ihre Heimat suchen meine Geister,
Losgeraft vom Kettenband der Glieder,
Küssen sich die langgetrennten Brüder
Töne! Flammen! zitterndes Entzüken!
Wesen lechzt an Wesen anzurüken –
Wie, beim Anblik einer Freundsgaleere,
Friedensflaggen im Ostindermeere
Aufgejagt von froher Pulverweke,
Springt das Schiffsvolk freudig auf’s Verdeke,
Hoch im Winde schwingen sie die Hüte,
Posidaons woogendes Gebiete
War es nicht dis freudige Entsezen,
Als mir’s ward an Lauren mich zu lezen?
Ha! das Blut, voll wütendem Verlangen,
Drängte sich muthwillig zu den Wangen,
Und auch Du – da mich dein Auge spähte,
Was verrieth der Wangen Morgenröthe? – –
Floh’n wir nicht als wären wir verwandter,
Freudig, wie zur Heimat ein Verbannter,
Sieh, o Laura, deinen Dichter weinen! –
Wie verlor’ne Sterne wieder scheinen,
Flimmen öfters, flüchtig, gleich dem Blize,
Traurigmahnend an die Göttersize,
Oftmals lispeln der Empfindung Saiten
Leise Ahndung jener goldnen Zeiten –
Wenn sich schüchtern unsre Augen grüsen,
Seh ich träumend in den Paradiesen
Ach zu oft nur waffn’ ich meine Mächte,
Zu erobern die verlornen Rechte –
Klimme kühner bis zur Nektarquelle,
Poche siegend an des Himmels Schwelle, –
Wenn dein Dichter sich an deine süsen
Lippen klammert mit berauschten Küssen,
Fremde Töne um die Ohren schwirren,
Unsre Wesen aus den Fugen irren
Und verkauft vom Meineid der Vasallen
Unsre Seelen ihrer Welt entfallen,
Mit des Staubs Tyrannensteuer pralen,
Tod und Leben zu wollüstgen Qualen
Und wir beide – näher schon den Göttern –
Auf der Wonne gähe Spize klettern,
Mit den Leibern sich die Geister zanken,
Und der Endlichkeit despotsche Schranken –
Waren, Laura, diese Lustsekunden
Nicht ein Diebstal jener Götterstunden?
Nicht Entzüken, die uns einst durchfuhren?
Ineinanderzukender Naturen,
Hat dir nicht ein Stral zurükgeglostet?
Hast du nicht den Göttertrank gekostet? –
Ach! ich sah den Purpur deiner Wangen! –
War es doch der Wesen die sich schlangen
Laura – majestätisch anzuschauen
Stand ein Baum in Edens Blumenauen;
„Seine Frucht vernein’ ich eurem Gaume,
„Wißt! der Apfel an dem Wunderbaume
Laura – weine unsers Glükes Wunde! –
Saftig war der Apfel ihrem Munde – – –
Bald – als sie sich Unschuldsvoll umrollten –
Sieh! – wie Flammen ihr Gesicht vergoldten! –