Das Gewicht der Schulmappe

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Autor: Marie Schönbrunn
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Titel: Das Gewicht der Schulmappe
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 68 d
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[68 d] Das Gewicht der Schulmappe. Mit dem Schlag 3/48 Uhr beginnt es am Morgen in der Nähe des Schulhauses lebendig zu werden. Der Pedell öffnet die Schulthüre den von allen Seiten herbeieilenden Schülerinnen.

Der Blick der die Aufsicht führenden Lehrerin ruht prüfend auf der jungen Schar. Sie ermahnt zu anständigem, mädchenhaftem Eintritt in die Klassenräume, tadelt da einen flüchtigen Knicks und ergänzt gerade in dieser Morgenstunde hier und da die häusliche Erziehung.

Heute gilt ihr prüfender Blick besonders den Schulmappen, von denen manche ordentlich geschwollen aussieht, durch ihre Schwere die Trägerin augenfällig belästigt und ihre Haltung ungünstig beeinflußt. In solchem Falle heißt es: „Schnalle die Mappe ab und zeige, was du darin hast.“ An der Hand des Stundenplanes wird nun festgestellt, welche Bücher die Schülerin für diesen Tag braucht. Außer diesen nötigen quillt in den meisten Fällen eine Menge nicht notwendiger heraus, die das Kind unnötig belasten. Das ist oft bei sehr ängstlichen Kindern der Fall, die in der Besorgnis, etwas zu vergessen, Unnötiges mitnehmen, oder auch bei unordentlichen, die ohne Wahl einfach, was ihnen zunächst liegt, in die Mappe stecken. Kommt dann der Mutter eine solche schwere Mappe in die Hand, so beklagt sie die bedauernswerte Trägerin derselben und fürchtet mit Recht eine zu große Belastung des jugendlichen Rückgrats.

Dieses Ueberladen der Mappe ist ein Uebelstand, den die wohlgeleitete Schule vermeiden möchte. Die preußischen Schulaufsichtsbehörden haben diesem Punkte ihre Aufmerksamkeit längst zugewendet. Der Unterrichtsminister hat sogar die königliche wissenschaftliche Deputation für das Medizinalwesen zur Begutachtung darüber aufgefordert. Es sind in verschiedenen Schulen Wägungen von Mappen und Büchern veranstaltet worden, die ein nicht unbedeutendes Gewicht derselben ergaben. Die leere Mappe allein wiegt oft schon 2 Pfund. Mit Inhalt steigt ihr Gewicht schon für die Unterklasse auf 3½ Pfund; es soll aber auch für die nächsten Schuljahre nicht mehr als ein Achtel des Körpergewichts betragen, sondern eher weniger.

Wie ist nun diesem Uebelstand abzuhelfen? Für die Lehranstalten erwächst die Pflicht, so wenig wie möglich Bücher in die Schule mitbringen zu lassen. Ferner müssen sie gestatten, daß schwere Bücher, wie Bibeln, Atlanten etc. in der Schule aufbewahrt werden, um das Hin- und Hertragen derselben zu vermeiden. Außerdem überzeugt man sich in guten Schulen durch häufige Mappenuntersuchung, ob die Schülerinnen die über das Mitbringen der Bücher gegebenen Anordnungen befolgen. Doch kann die Schule gerade in diesem Fall die Unterstützung des Elternhauses nicht entbehren.

Die Aufgabe, die Töchter zur Ordnung zu erziehen, fällt im Hause der Mutter zu. Diese soll nun darauf halten, daß das Kind die Schultasche abends einpackt mit Beachtung des Stundenplanes. Sie möge von Zeit zu Zeit einen prüfenden Blick in die Mappe werfen, der ihr an Ordnung gewöhntes Auge nicht immer erfreuen wird. Sie würde oft darüber staunen, was die Mappe alles Unnötiges enthält. Dabei sähe sie das Aeußere der Hefte und Bücher, fände sicher manches ausgeschriebene Heft, manches zerknüllte Blatt, das zu beseitigen wäre.

Durch diese Anleitung schärft sie des Kindes Blick für Ordnung, verhindert eine Ueberlastung und leistet so durch gelegentliche Beachtung der Schulmappe ihrem Kinde und der Schule einen wichtigen Dienst. Marie Schönbrunn.