Das Hündchen von Bretten (Sachs)
Es ist ein Hündlein, wohl bekannt,
Aus rauhem Stein gehauen,
Zu Bretten auf der Kirchenwand
Am hohen Dach zu schauen.
Weiß selbst nicht mehr, warum und wie
Sie zu dem Hund gekommen;
Ich aber hab’s vernommen.
Ihr Herrn, die ihr mit Heldenmuth
Vor diesem Hündlein zieht den Hut,
Als dem die Ehre ziemet!
Denn wißet: dieses Hündlein hat
Gerettet seine Vaterstadt
Aus Jammer und Gefahren.
Einst war von einer Kriegerschaar
Die fromme Stadt umgeben,
Da thät sie greulich in Gefahr
Es dauerte wohl Wochen lang
Des Feindes mächt’ger Waffendrang,
Doch wollt’s ihm nicht gelingen,
Die Tapfern zu bezwingen.
Das Städtlein zu besiegen,
Doch blieb das ganze Feindesheer
Rings um die Mauern liegen,
Daß Hunger es beinah bezwang;
Bis sie, die Noth zu enden,
Zu einer List sich wenden.
Ein fettes Hündlein wird ersehn,
Das schwerbedrängte Bretten
Und Hungertod zu retten.
Man mästet nun das Thier so sehr,
Daß es so feist ward, dick und schwer,
Dem Feinde nur zum Trug doch,
Als dieser bald darauf die Stadt
Mit stolzem Trotz so eben
Von Neuem aufgefordert hat,
Sich endlich zu ergeben;
Ein fett gemästet Thier hervor,
Als sollt’ sein voller Magen
Dem Feind die Antwort sagen.
Obwohl ihn solcher Spott verdroß,
Und fand für gut, mit seinem Troß
Soforten aufzubrechen.
Er schickt mit zornentflammtem Blick
Schwanzlos den armen Hund zurück;
Das Hündlein leiden müssen!
Doch um dem Hündlein für die That
Ein Denkmal zu erbauen,
Beschloß hierauf der Magistrat
So sieht man jetzo spat und früh
Am Dache St. Laurentii
Den Hund, den immer fetten;
Das ist der Hund von Bretten.