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Das Haus der Gemeinen im Parlaments-Gebäude zu London

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Das Haus der Gemeinen im Parlaments-Gebäude zu London
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 47, S. 565–569
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[567]
Das Haus der Gemeinen
im Parlaments-Gebäude zu London

Der glänzende, gothische Raum des Parlaments-Gebäudes (vergl. Gartenl. Nr. 6.), worin die eigentlichen Gesetzgeber des Landes Großbritannien nicht nur über England und die besten Stücke anderer Erdtheile entscheiden, sondern auch die Mittel des Krieges der „westlichen Civilisation“ gegen „östliche Barbarei“ (wie die gemünzte Redensart einmal lautet) dirigiren, gewinnt unter den jetzigen Verhältnissen eine besondere Bedeutung für den ganzen Verlauf der jetzt zum offenen Kriege ausgebrochenen Krisis zwischen dem Osten und Westen d. h. der östlich und westlich Gesinnten und Interessirten, so daß eine Schlacht, welche die Engländer und Franzosen gewinnen, eben so sehr und noch mehr eine Niederlage der russisch gesinnten Engländer sein kann, als Rußlands selbst. Immer sitzt das Parlament in diesem Augenblicke nicht beisammen, um die Staatssecretaire (Minister) zu fragen, was sie mit den Geldern und den ihnen eingeräumten Vollmachten zum Kriege für Gebrauch oder Mißbrauch gemacht haben; aber es dauert auch nicht lange mehr, denn spätestens im Februar ruft die Königin die fünfhundert und mehr englischen Könige zusammen und eröffnet eine neue Periode ihrer gesetzgebenden und die vergangenen Thaten und Unthaten ihrer Diener d. h. des Ministeriums richtenden Thätigkeit. Da das Haus der Gemeinen nicht nur die drei Hauptwaffen des Krieges, nämlich erstens Geld, zweites Geld und drittens Geld, in den Händen hält, sondern auch das Recht und die Macht, seine untreuen und veruntreuenden Diener abzusetzen und zur Rechenschaft zu ziehen, kann man wohl Neugierde fühlen, ob es diesmal von seinem Rechte und seiner Macht gehörigen Gebrauch machen werde; „denn im Staate Dänemark ist etwas faul“ und weder die englischen Soldaten, noch die englische Flotte selbst sind Schuld, daß der Name England jetzt so verhöhnt und verunglimpft von Feinden und verdächtig bei Freunden in der Geschichte schwankt. „Karlchen“ ist im baltischen Meere mit seiner Flotte, wie sie die Welt noch nie so mächtig beisammen sah, ein Witzstoff, Dundas im schwarzen Meere gleichbedeutend mit, „Dumm das“ geworden, während die englischen Soldaten, die endlich auf der Krim und vor Sebastopol starben, ihre besten und meisten Kameraden vorher durch das Ministerium verloren hatten.

Wird sich das Unterhaus diese beispiellose Veruntreuung von Geld und Menschenleben gefallen lassen?

Im Wesentlichen: Ja. Man wird, um „die Menge“ zu befriedigen, den Ministern einige unangenehme Dinge sagen, die Minister werden einige unangenehme Dinge erwiedern, aber Niemanden klug machen, nicht einmal sich selbst, und Ober- und Unterhaus werden mit denselben Ministern fortfahren, das Land so zu regieren, daß die „westliche Civilisation“ sich nicht zu weit für einen Frieden von Rußland entferne.

Es ist eine schwierige Aufgabe, das Haus der Gemeinen und diese Situation Englands verständlich zu machen. Wie die grandiose Menge gothischer Pfeiler und Spitzbogen und gemalter Fenster „wo selbst das liebe Himmelslicht taub durch gemalte Scheiben bricht,“ wie diese unmodernen, imposanten, Ehrfurcht gebietenden architektonischen Hallen, in denen die Hunderte von englischen Regenten tagen, wie der „Sprecher“ mit seiner großen Allongen-Perrücke und seinem von Pagen getragenen langen Schlepptalare auf seinem ehrwürdigen gothisch zugeschnitzten und ausgeschnörkelten [568] Throne, der „Parlaments-Polizei-Direktor“ auf seinem päpstlichen Stuhle und sonstige seit Jahrhunderten conservirten Aemter und Namen das uneingeweihte, moderne Auge verwirren und ihm bald Stückchen aus alten Ritterschauspielen, bald abenteuerliche Scenen aus einer Posse der Neuzeit zuzusenden scheinen, so ist auch die historische Composition und die gegenwärtige Lage des Parlaments zunächst etwas Räthselhaftes, Ehrwürdiges und Lächerliches, vielleicht auch Tragisches, und dies wahrscheinlich desto mehr, je genauer man es zu kennen glaubt. Die Herren im Unterhause gelten als souveraine Vertreter des souverainen Volks und sind abhängige, durch allerhand verwickelte Interessen getragene Festungsmauern gegen das Volk. Sie sind der Mehrheit nach ganz russenfreundlich und haben Geld und Soldaten und Waffen gegen Rußland bewilligt, womit man die halbe Welt zerstören könnte. Ihre Papiere steigen beim Falle Sebastopols und ihr Jubel erschrickt vor der Theilnahme des Volks an dieser Siegesfreude. Man freut sich als „freier Engländer“ über die Demüthigung Rußlands und fürchtet in der Schwächung desselben die Macht zu Hause, welche das Sebastopol der englischen Gesetzgeber, das sie gegen weitere Ausdehnung oder vielmehr Verehrlichung des Wahlrechts aufrichteten, anzugreifen Miene macht. Das Kriegsgeschrei gegen Rußland ging wirklich aus der „westlichen Civilisation“ des Volkes hervor. Die Minister und das Parlament gaben diesem Schrei Gehör, um ihr Sebastopol zu schützen und die „Reformen“ zu Hause durch „Manoeuvres“ zu zerstreuen. So war ihr Krieg eine Diplomatie der innern Politik, ein Spaß; aber man dachte zugleich auch, halb Ernst zu machen, um Rußland, das die englische Politik seit Menschenaltern unterstützt hatte und nun zu weit gehen zu wollen schien, bei der Theilung der Hinterlassenschaft des „kranken Mannes,“ nicht zum Haupterben werden zu lassen. Die Cholera im friedlichen Heere bei Varna u. s. w. und das rebellische Geschrei, besonders der Franzosen, daß man lieber im ehrlichen Kampfe wie ein Mann sterben wolle, machten aus halb Spaß, halb Ernst ganzen Ernst und die Krim-Expedition. Von nun an wurde „die Geschichte“ Feldmarschall und wird weiter commandiren, vielleicht auch „das Haus der Gemeinen.“

Die letzte von Russel, in Folge einer allgemeinen Agitation angebrachte Reformbill, obwohl nur ein Schatten und Schemen, wurde in der vorigen Parlaments-Sitzung auf den Vorschlag Palmerston’s unter allgemeinem Jubel beinahe einstimmig zum Hause hinaus geschrieen: „weil Krieg ist.“ Da das Parlament und besonders die eigentlich gesetzgebende Versammlung im Hause der Gemeinen nun auch die wichtigsten andern Reformen, welche die „westliche Civilisation“ verlangte, abwies, kann man der ganzen regierenden Körperschaft Englands ein gewisses Russenthum gegen das eigene Land nicht absprechen. Das sehr complicirte und widerspruchsvolle Verhältniß der regierenden Körperschaft Englands in diesem Kriege läßt sich in einfachster Form so darstellen: Scheinkrieg gegen Rußland, um unser Rußland zu Hause zu erhalten, Scheinkrieg mit der Miene des Ernstes, damit Rußland für unsere Handelsinteressen nicht zu weit gehe, Scheinkrieg aber so, daß man im schlimmsten Falle doch Ernst machen kann, aber nur im schlimmsten Falle, wenn alle unsere Friedenskünste bis zum letzten Witze erschöpft sein sollten, aber auch dann nur so, daß Rußland als Bürgschaft der conservativen Interessen in Europa nicht wesentlich geschmälert und geschwächt werde, endlich Unfähigkeit, den halben Schein und halben Ernst in seinen Konsequenzen und in der Gewalt der wirklich tapfern Soldaten und Offiziere, der noch tapferen Geschichte aufzuhalten, deshalb feiger Gedanken bängliches Schwanken, ohnmächtiger und immer ohnmächtiger kämpfend gegen die diplomatisch heraufbeschworene Krisis.

Das „Haus der Gemeinen“, obgleich der eigentliche König Englands, kann darin nichts mehr ändern. Es wird wie das Ministerium von dem Strome der Ereignisse getrieben, und jedes Mitglied liest eifrig jeden Morgen die Zeitung, ob der Telegraph keinen Trost, keinen Halt, keine Entscheidung irgendwoher gebracht habe, denn die ganze vielgliedrige Regierung weiß oder fühlt wenigstens, daß der Geist und die Macht von ihnen gewichen, seitdem die Cholera, die Rebellion, die Commandeurs, die Kanonen zu commandiren angefangen und die vielverletzten Grundlagen des europäischen Gleichgewichts und Friedens von 1815 vollends durchlöchert haben.

Das Haus der Gemeinen vertritt nicht Volk, nicht Klassen, nicht Demokratie, nicht Constitutionalismus, nicht Absolutismus, sondern große Geldmassen, die in der Industrie und dem Handel angelegt sind, gegen das aristokratische Interesse des großen Grundbesitzes. Der Baumwollen-Lord und der Lord des Grundes und Bodens sind die einzig wahren und wichtigen Parteistoffe.

Die Hauptinteressen im Unterhause zerfallen in folgende Bestandtheile:

1) Shopkeepers (Besitzer offener Detailgeschäfte, Läden), mit Solchen, die Häuser vermiethen und verpachten, vorherrschend in den meisten Wahlbezirken Londons, von Bath, Cheltenham, Brighton, Universitätsstädten und Folkesstone. Vertreten durch 22 Mitglieder des Unterhauses.

2) Interessen großer Fabrikanten, a) der Baumwollen-Industrie in Manchester, Preston, Stockport, Blackburn, Bolton, Oldham, Leicester, Wigan, Salford, Bury, Ashton, Rochdale und Clitheron in England, und Glasgow und Prisley in Schottland. Vertreten durch 24 Mitglieder. b) der Wolle in Leeds, Bradford, Stroud, Halifax, Huddershield, Wakefield, Tiverton, Kendale und Frome in England und Montgomery in Wales: 15 Mitglieder c) Seide in Norwich, Nottingham, Derby, Mecclesfield, Coventry und Taunton: 12 Mitglieder. d) Hartwaaren (Eisenindustrie) in Birmingham, Sheffield, Wolverhampton, Dudley und Valsall: 8 Mitglieder. e) Töpferei und Glasindustrie in Stoke und Warrington: 3 Mitglieder. Cidderminster und Wilton sind die Orte der Teppichfabrikation, aber in ersterem dirigirt Lord Ward, in letzterem die Pembroke-Familie die Wahlen.

3) Die Bergwerks- und Minen-Interessen senden von Newcastle, Durlam, Sunderland, Gateshead, Süd-Shields und Tynemouth 9 Vertreter. Dazu kommen aus Minendistrikten von Wales noch 7, zusammen 16 Vertreter. In den Händen der Regierung sind die Wahlen an folgenden Orten: Portsmouth, Devonport, Chatam, Sandwich, Darmouth, Leith, Greenwich, Dover, Rochester, Plymouth und Falmonth, aus denen sie sich 21 Vertreter kauft. Die großen Seehäfen mit ausgedehnter Aus- und Einfuhr: Liverpool, Bristol, Hull, Dundee und Greenack, wo allgemeine wirkliche Kultur-Interessen zur Majorität kommen könnten, sind theils von der Regierung, theils von großen Dampfschiff-Compagnien (besonders in Southhampton) beherrscht und senden 10 Mitglieder. Von Yarmouth, Colchester, Harwich, Hastings, Scarborough, Whitby und Aberdeen wählen 12 Mitglieder für das Interesse der Küsten-Fischerei. Die zahlreichen andern Hafenstädte von Chester bis Lymington stehen unter den mannigfaltigsten Einflüssen anderer Interessen.

In London, Edinburg, York, Exeter und Shrewsbury haben die gebildeten Mittelklassen einigen Einfluß auf die Wahlen, sonst nirgends, die Millionen unter den Mittelklassen haben zu drei Viertheilen gar keine Stimme, oder wenigstens keinen Einfluß.

Von den 99 übrig bleibenden Wahldistrikten stehen noch 42 fest unter aristokratischem Einflüsse, d. h. sie werden gekauft und bearbeitet im Interesse des großen Grundbesitzes zu wählen, und die übrigen 57 unter einem Wirrwarr örtlicher Einflüsse, in denen aber stets die großen Kapitalisten und großen Grundbesitzer vorherrschen. Wales wählt 9 Mitglieder, von denen 5 der Aristokratie und 4 dem großen industriellen Kapital dienen. Die 14 übrigen schottischen Mitglieder vertreten Schifffahrt und großes industrielles Kapital. In Ireland herrschen katholisch-ultramontane und hierarchisch-revolutionäre Interessen bei den Wahlen vor.

Ueberhaupt besteht die Zahl der politisch berechtigten und einflußfähigen Personen unter den 22 Millionen Bewohnern Englands aus nicht mehr als etwa 25,000 Personen. Alle andern sind politisch Nullen, die sich zwar durch Presse, Versammlungs- und Redefreiheit vertreten und auch oft so geltend zu machen wissen, daß die 25,000 deren Majorität durch ihre Vertreter im Unterhause wirklich anerkennen, aber ohne große, bedeutende Veranlassungen und Aufregungsstoffe bleibt die Menge ruhig und einflußlos, da sie freiwillig unter der milden und ungemein einschmeichlerischen Herrschaft einer ungeheuer reichen Hochkirche, einer ungeheuer reichen Grund-Aristokratie und einer ungeheuer reichen Körperschaft von industriellen Kapitalisten sich in ihren Versammlungen, Vereinen, Bildungs-Instituten aller Art leiten und lenken läßt. Dabei werden die Regierenden mächtig durch die Tagespresse unterstützt. Es giebt keine große Tageszeitung, welche unabhängig und ohne besondere Interessen dem wirklichen Gemeinwohle das Wort redete. Und insofern auch einige gegen die monströsesten politischen und socialen Verhältnisse Opposition machen, alle zusammen sind [569] noch lange nicht so viel, als die einzige Times, welche auf die geschickteste Weise alle Pläne der Regierenden, der großen Grundbesitzer und Kapitalisten, durchzusetzen und mit „Recht, Großmuth und Christenthum“ zu beschönigen weiß.

Jede Nummer einer politischen Zeitung muß mit einem Regierungsstempel, der jedesmal 1 Penny kostet, versehen werden. Die Times brauchte im zweiten Quartale dieses Jahres allein 3,976,720 Stempel, alle andern politischen Tageszeitungen zusammen aber nur 1,665,094, so daß die Stimme der Times allein alle andern politischen Organe mit einem 2,311,626fachen Uebergewicht schlug. Sie ist die Stimme des großen Kapitals und des großen Grundbesitzes und hat alle Verletzungen des europäischen Gleichgewichts seit 1815, alle Vergehen gegen das europäische Staaten- und Völkerrecht und alle Eroberungen Rußlands gutgeheißen, unterstützt und begünstigt. Vielleicht war ihre Beschönigung der letzten russischen Eroberung – in Dänemark, das Londoner Protokoll – eine ihrer höchsten und letzten politischen Preßthaten auf Rechnung Rußlands. Sie ist jetzt geschlagen, geschlagen wie das ganze Heer der Könige im Ober- und Unterhause und mußte seit Monaten den Krieg gegen Rußland predigen, rühmen und anfeuern, nachdem sie alle ihre Künste erschöpft hatte, Verachtung vor der Türkei und Furcht und Hochachtung vor Rußland zu verbreiten. Der Krieg ist eine Macht über den sechs Großmächten (die Times bildet nicht die letzte) geworden. Die Mächte des Friedens und der Civilisation, welche einst die Kriegsfurie bändigen und binden werden, sind wohl noch nicht Mitglieder des Unterhauses. Sie bilden sich erst, unabhängig von den jetzigen Mächten und Interessen. Wenigstens würde der Friede, der durch die jetzt herrschenden Interessen Englands dictirt und vollzogen zur Geltung käme, sich über ein Kleines nur als Waffenstillstand erweisen.

[565]

Das Haus der Gemeinen in London.

[569] Die Zeitverhältnisse und die merkwürdige Situation der regierenden Klassen in England zu denselben nehmen uns die Ruhe, die architektonische Schönheit und Größe ihres parlamentarischen Tempels gehörig zu würdigen. Wir begnügen uns deshalb, auf die Totalansicht in Nr. 6 der Gartenlaube und die beifolgende hinzuweisen und auf die einzelnen Bestandtheile der großartigen, architektonischen Composition aufmerksam zu machen. Die genaue, sorgfältige Ausführung der kleinsten Theile bei den großartigen Ausdehnungen der Säulen, Pfeiler und Bogen macht einen imposanten Eindruck, der aber nicht mit dem Charakter des alten, echten gothischen Styls harmonirt, da letzterer vom Einzelnen in’s Große, vom Irdischen ab und auf in ein weites, himmlisches Jenseits strebte und die Materie, das Detail, die Befriedigung an demselben negirte und aufhob. Hier im Parlamentsgebäude hält uns die Pracht und sorgfältige Technik des Einzelnen fest, so daß im großartigsten gothischen Bauwerke der neuen Zeit sich der alte, religiöse Charakter dieses Styls gleichsam auf den Kopf stellt. Indessen flößen die langen, schlanken Säulen, die sich weit oben in Spitzbogengruppen verzweigend einigen, ziemlichen gothischen Respekt ein. Die Felder zwischen den Spitzbogen sind dicht überladen mit heraldischen Ornamenten, mit Wappen und andern Zeichen mittelalterlicher Herrlichkeit, die in dem gothischen Parlaments-Tempel ihre feudalistischen Privilegien noch gegen die modernen Ritter der Baumwolle und des industriellen Eisens wacker zu vertreten und zu conserviren weiß. Der Himmel hängt hier nicht voll „westlicher Civilisation“ und Zukunft und moderner Kultur, sondern voll Vergangenheit, die in andern, weniger freien Ländern schon längst begraben liegt und allen Wiederbelebungsversuchen einen hartnäckigen Tod entgegenstellte. Zwischen den Fenstern und den Thürbogen höhlen sich Nischen, die sich innen reichlicher mit entsprechenden Statuen füllen. Sie werden zu Hunderten von einem begünstigten Bildhauer fabrikmäßig gemacht und stellen den lebenden Privilegirten die todten Muster und Vorbilder der alten, guten, hohen Gesellschaft vor, welche noch muthig fortleben in 5,600,000,000 Thalern Kriegsschulden, die sie dem Lande hinterlassen haben, um überall in Europa bald da, bald dort, Privilegien und Monopole politischer Art aufrecht zu halten oder wieder aufzurichten. Das Meiste verwandte man für die Bourbonen gegen Napoleon, mit dessen Enkel sie jetzt Hand in Hand in treuer, jubelnder Freundschaft als Vertreter und Kämpfer der „westlichen Civilisation“ gegen asiatische Barbarei in den Krieg zu ziehen vorgaben.

Das Parlamentsgebäude, die Herren, die darin Gesetze geben, ihr Krieg, ihre Interessen sind Gewebe von Widersprüchen, die hier zum Theil angedeutet wurden, und welche die große Krisis und Kritik, die jetzt hauptsächlich als Krieg erscheint, wohl auch in England endlich zersetzen und zur Harmonie mit der jetzigen Kultur auflösen werden.