Das Kloster Walkenried

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Autor: Karl Reinecke-Altenau
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Quelle: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Schaltjahr 1920, S. 20–21
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Das Kloster Walkenried.


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Das Kloster Walkenried.


     Wer von Herzberg am Südrande des Harzes entlang nach Nordhausen reist, wird dort, wo die Bahn das Flüßchen Wieda kreuzt, auch die gewaltigen Ruinen des Klosters Walkenried gesehen haben, denen die liebliche Ortschaft Walkenried ihre Berühmtheit verdankt. Dieses ehemals reiche und mächtige Kloster, von dessen Herrlichkeit nichts übrig blieb als eben jene bröcklichen Mauerreste, hat eine bunte Geschichte, die klangvoll begann und in Blut und Rauch und Schutt endete.

     Gegründet wurde das Kloster um das Jahr 1130 herum durch eine Gräfin Adelheid von Klettenberg. Am 2. Mai des Jahres 1137 wurde es mit vielem Prunk und im Beisein zahlreicher Bischöfe durch den Erzbischof Adolberg von Mainz eingeweiht. Das Kloster war eine Niederlassung des Mönchsordens der Cisterzienser. Schon bei seiner Entstehung verfügte es über ausgedehnten Grundbesitz. Durch Schenkungen, Ankäufe, Tausch, Verpfändungen usw. wurde der Besitz immer mehr vergrößert. Die Äbte sollen in der Kunst des Landerwerbens sehr raffinierte und skrupellose Meister gewesen sein. Die Ländereien, Vorhöfe und Güter des Klosters erstreckten sich bald weit um den Harz herum, von der goldenen Aue, die den Hauptbesitz darstellte, bis nach Osterode und Göttingen hin. Selbst in Goslar hatte es Niederlassungen. U. a. gehörte ihm dort das jetzt nicht mehr vorhandene Dorf Sudburg mit dem Sudmerberg. Seine höchste Blüte erlebte das Kloster im 15. Jahrhundert. Die Besitzungen hatten damals eine derartige Ausdehnung erreicht, daß ein Sprichwort sagte, die Walkenrieder Mönche könnten, wenn sie nach Rom wallfahrteten, jede Nacht in ihrem Eigentum zubringen. „Nicht bloß die Dynasten Thyringens und des Südharzes, von denen ich nur die Grafen von Mansfeld, Honstein, Stolberg, Scharzfeld und Lauterberg, Schwarzburg, Sondershausen, Gleichen und Lohra nenne, die Landgrafen von Thyringen, das Erzstift Mainz, das Bistum Halberstadt, sondern auch die Herzöge von Braunschweig und Pommern, die Markgrafen von Brandenburg, die Grafen von Everstein, Woldenberg und Regenstein u. a. kommen in dem langen Verzeichnisse derer vor, von denen Walkenried Äcker und Wiesen, Gärten und Weinberge, Zehnten und Gerechtsame oder auch Güter und ganze Dörfer erwarb.“ – Die deutsche Kaiser waren dem Kloster dauernd wohlgesonnen und ließen es an Gunstbeweisen nicht fehlen. Ständig bekam es neue Vorrechte, wurde reichsunmittelbar, unterstand nur der Reichsgerichtsbarkeit und hatte Abgaben-, Zoll [21] und Dientfreiheit im ganzen Reiche. Auch der Pabst bewies ihm sein Wohlwollen und befreite es von der Abgabe des Zehnten. Desgleichen statte es der Erzbischof von Mainz mit wesentlichen Gerechtsamen aus. So entwickelte das Kloster Walkenried allmählich einen ungeheuren Reichtum, der sich nicht nur aus den Erträgnissen der ungezählten und geschäftstüchtig verwalteten landwirtschaftlichen Güter ergab, sondern hauptsächlich auch aus zahlreichen Berg- und Hüttenanlagen, denen ein besonderer Hüttenmeister vorstand.

     Der glückliche Stern des Kloster begann zu zu verblassen, als im Lande die Wohltätigkeit gegen Kirchen und Klöster allgemein abnahm. Den ersten gewaltigen Anstoß zum Untergang erhielt es im Bauernkriege. Im Jahre 1525 wurde es von einem wilden Hausen aufständischer Bauern aus dem Honsteinischen arg verwüstet. Die Mönche mußten sich nach Nordhausen und Goslar flüchteten. Bei jenem Überfall sind viele wertvolle alte Handschriften und Kunstwerke des Klosters sinnlos vernichtet. Damals wurde auch der Turm des Klosterkirche gewaltsam zum Einsturz gebracht. Als er zusammenkrachte, durchschlug er das Dach und die Gewölbe der Kirche und machte so den herrlichen gotischen Bau zu einem kläglichen Trümmerhaufen. Der Zusammenbruch der Kirche bedeutete gleichzeitig den Verfall des ganzen Klosters. Es war in der Folgezeit nur gering besetzt, hat sich nie wieder erholt und verarmte immermehr, bis ihm der 30jährige Krieg endgültig den Todesstoß gab. Von der ganzen reichen Herrlichkeit, die nahezu 500 Jahre bestand, ist nichts geblieben, als jene grauen Mauerreste. Sie sind die letzten ehrwürdigen Zeugen einstmaliger Pracht und Schönheit.

K. v. B. Nach Fr. Günther, Der Harz.