Zum Inhalt springen

Das Waldweibchen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Johann Heinrich Lehnert
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Das Waldweibchen
Untertitel:
aus: Mährchenkranz für Kinder, der erheiternden Unterhaltung besonders im Familienkreise, S. 77–87
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: [1829]
Verlag: J. G. Hasselberg
Drucker: Gebrüder Unger
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg = Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[77]
14.
Das Waldweibchen.

Vor alten Zeiten lebte einmal ein armer Häusler mit seiner Frau und einem Häufchen Kinder. Da sie nur ein [78] kleines Hüttchen und ein Stück Gartenland besaßen, so mußten Vater und Mutter bei den Landleuten um’s Tagelohn arbeiten, die etwas erwachsenen Kinder aber im Sommer in den Wald gehen, und Erd- und Heidelbeeren pflücken, oder Holz für den Winter zusammen tragen, zur Erntezeit aber Aehren auf den Feldern sammeln. Käthchen, die älteste Tochter, mußte die gesammelten Beeren nach der Stadt zum Verkauf tragen, und aus dem gelösten Gelde mancherlei kleine Bedürfnisse ankaufen und mitbringen.

Je öfterer aber Käthchen in die Stadt ging, desto unzufriedener kam sie nach Hause. „Wie gut haben es doch die Mädchen in der Stadt!“ pflegte sie auf dem Rückwege bei sich selbst zu sagen; „alle Tage leben sie herrlich und in Freuden, und die Arbeit, die sie verrichten müssen, wird auch so viel nicht zu bedeuten haben. Unser eins muß sich den ganzen Tag placken und quälen, und wenn der Sonntag kommt, so hat man es auch um nichts besser. Jene können sich putzen mit schönen seidenen Kleidern, tragen feine Halstücher mit Spitzen; aber so gut wird es mir wohl nicht werden!“

Solche und ähnliche Klagen führte sie beständig, und verbitterte sich dadurch das Leben. Jede, auch die geringste Arbeit, ward ihr sauer und beschwerlich; sie vernachlässigte bald dieses, bald jenes, was sie hatte verrichten sollen, und Alles that sie mit Unlust und Widerwillen.

Eines Tages war sie von ihren Aeltern in den Wald geschickt, um Holz zu holen. Das war ihr nicht recht, und sie beklagte sich im Stillen über die schwere Arbeit. Sie hatte sich eben auf einen alten Eichenstamm gesetzt, und überlegte bei sich, wie sie es wohl anzufangen habe, um sich ein bequemeres Leben zu verschaffen, als auf ein Mal ein altes Mütterchen vor ihr stand, und sie gar freundlich also anredete: „Armes Kind, ich kenne deine Noth, und weiß, [79] wie sauer du es dir mußt werden lassen; wenn du mir folgen wolltest, so solltest du bald ein glücklicheres Leben führen. Ob ich gleich arm und bettelhaft aussehe, so besitze ich doch viele Kostbarkeiten und ein schönes Schloß, worin viele so junge Mädchen, wie du bist, wohnen. Es fehlt ihnen an nichts; sie tragen die schönsten Kleider, brauchen nicht zu arbeiten, und tanzen und spielen den ganzen Tag. Willst du also deine Hände und Füße nicht mehr an Dornen und Wurzeln blutig ritzen, und alle Tage unter so schwerer Arbeit seufzen, so folge mir in mein Schloß, wo dich die andern Mädchen mit Freuden aufnehmen werden.“

Käthchen war erstaunt über dies Anerbieten, und hatte große Lust, es anzunehmen. Doch, meinte sie, wolle sie ihre Aeltern erst deshalb befragen.

„Das ist nicht nöthig,“ sagte die Alte, „denn deine Aeltern werden dich um ein solches Glück nur beneiden, und mich bei dir verhaßt zu machen suchen. Ueberlege es dir indessen, und wenn du nach einigen Tagen wieder hieher in den Wald kommst, dann theile mir deinen Entschluß mit; ich hoffe, du wirst mir schon folgen.“

Bei diesen Worten trippelte das Waldweibchen fort, und verschwand bald im dichten Gebüsche. Käthchen aber raffte ihr Holz zusammen, und ging ganz in Gedanken nach Hause. Sie war lange unschlüssig, ob sie ihren Aeltern den Vorschlag im Walde erzählen sollte. Da sie aber immer so ängstlich und verlegen war, und der Vater sie befragte, was sie denn vorhabe, so sagte sie ihm Alles, was ihr im Walde begegnet sey.

„Ei, ei, mein Kind!“ sagte der Vater, „du bist in gefährliche Hände gerathen, denn das alte Weib, mit dem du gesprochen hast, und das dir ein so schönes Leben verheißen, ist eine arge Zauberinn, die junge Mädchen in ihr Schloß führt, und sie zu Zaubermitteln abrichtet. Folge ihr ja [80] nicht, denn wer einmal in ihrer Gewalt ist, kann so leicht nicht wieder befreit werden.“

Käthchen überlegte sich die Worte des Vaters, und meinte, es würde so schlimm nicht seyn mit dem Waldweibchen, als er sagte. Endlich glaubte sie gar, es möchte wohl Neid von ihm seyn, und er gönne ihr das verheißene Glück nicht, wie ihr ja das alte Mütterchen im Voraus schon gesagt habe.

Das schöne Schloß und die geputzten Mädchen lagen Käthchen beständig im Sinne; doch konnte sie sich noch nicht entschließen, ihre Aeltern zu verlassen. Als sie daher wieder nach dem Walde gegangen war, und das alte Mütterchen sie befragte, ob sie ihr denn nicht folgen wolle, sagte sie: „Der Vater hat es mir verboten, und mich vor dir gewarnt, darum weiß ich noch nicht, was ich thun soll.“

„Siehst du,“ erwiederte die Alte, „daß ich wahr rede! Habe ich dir nicht gleich gesagt, daß deine Aeltern mich verleumden und dir ein so glückliches Loos mißgönnen werden, weil es ihnen nicht beschieden ist? Nun, ich überlasse es ganz dir, und denke, du wirst nächstens, wenn wir uns wieder hier im Walde treffen, recht gern mit mir gehen.“

Als sie sich entfernt hatte, machte sich auch Käthchen auf den Rückweg, verfehlte aber, in ihre Gedanken vertieft, den rechten Weg, irrte lange im Walde umher, und kam endlich ganz spät nach Hause.

„Wo bist du so lange geblieben?“ rief ihr die Mutter drohend entgegen; „du hast gewiß wieder mit dem alten bösen Weibe die Zeit verplaudert?“

Käthchen leugnete, und entschuldigte sich damit, daß sie den rechten Weg verfehlt habe. „Das ist nicht möglich,“ sagte die Mutter, „da du den Weg und das Holz ganz gut kennest, und dich auch noch niemals darin verirrt hast.“ Käthchen aber blieb hartnäckig bei ihrer Antwort, und [81] als nun die Mutter böse ward und ihr Vorwürfe machte wegen ihrer lügenhaften Ausrede, da lief sie weinend und ergrimmt fort, immer dem Walde zu.

Es war aber schon spät am Abend, und trübe, schwarze Gewitterwolken standen rings um den Himmel. Käthchen ließ sich dadurch nicht abschrecken, sondern eilte unaufhaltsam vorwärts. Eben wollte sie in den Wald hineingehen, als plötzlich eine weibliche Gestalt in weißem Kleide ihr in den Weg trat, und sie freundlich mit der Frage anredete, wohin sie denn noch so spät wolle?

„Zum Waldweibchen!“ antwortete Käthchen.

„Unglückliche!“ sagte die Fremde, „zu der argen Zauberinn? Du hast dich, wie so viele andere Mädchen, von dem reizenden Leben verblenden lassen, das sie dir geschildert hat; aber du bringst dich um deine Ruhe und Freiheit. Kehre um, noch ist es Zeit! Ich bin die Fee Cöleste, und meine es gut mit dir.“

„Laß mich,“ erwiederte Käthchen; „du willst mich nur um mein Glück bringen, und gönnst mir die schönen Tage nicht, die ich bei dem Waldweibchen finden werde.“

„Du täuschest dich, liebes Kind!“ sagte die Fee, und bat sie, von ihrem Vorhaben abzustehen, wenn sie sich nicht unglücklich machen wolle. „Sieh!“ fuhr sie fort, „der Himmel ist deinem Unternehmen zuwider, und warnt dich vor der bösen That. Hörst du den fernen Donner? schwer und ernst ziehen die Gewitterwolken herauf! Kehr’ um, Käthchen, geh’ zu deinen Aeltern und Geschwistern; bleibe arm, aber unschuldig und gut!“

Käthchen hörte nicht auf die wohlgemeinten ernsten Ermahnungen und Warnungen der gütigen Fee Cöleste, sondern lief in den Wald hinein, immer vorwärts.

Unterdessen war das Gewitter höher heraufgezogen, der Sturm brauste furchtbar durch den Wald, und zerbrach [82] Aeste und Zweige. Gluthrothe Blitze zuckten durch das düstere Dunkel, und erhellten schauerlich die Nacht des Waldes. Immer näher und näher rollten die Donner, Regenströme ergossen sich herab, und Käthchen wußte nicht, wohin sie sich in der Angst wenden sollte. Jetzt gedachte sie an ihre Aeltern und an die Worte der Fee, und sie war schon im Begriff, umzukehren, aber ein Waldbach mit seinen reißenden Fluthen versperrte ihr den Weg. Da erschien das Waldweibchen, faßte sie bei der Hand, und sagte: „Armes Kind, komm schnell mit mir, du sollst bald geborgen seyn vor dem grausen Ungewitter.“ Und im Augenblick sah sich Käthchen, ohne zu wissen – wie? in eine großen, prächtig erleuchteten Saal versetzt, von dessen Decke drei silberne Kronenleuchter, mit den köstlichsten Edelsteinen besetzt, herabhingen, und unzählige Wachskerzen brannten auf ihnen. Der Saal war von buntem Marmor, die Wände mit Gold- und Silberstoffen geziert, und ein starker Duft von den mannichfaltigsten Blumen verbreitete sich überall. Käthchen saß mit dem alten Mütterchen auf einem seidenen Kanapee, und wußte nicht, was sie zuerst bewundern sollte.

„Ist’s hier nicht besser, als dort in eurer russigen Hütte?“ sagte sie zu ihr. Käthchen aber konnte nicht Worte finden, um der Alten zu danken. „Folge mir nur in Allem,“ sagte diese, „so wirst du es nicht bereuen, mit mir gegangen zu seyn. Jetzt komm, daß ich dich sauber und nett ankleide, und deinen Gespielinnen dich vorstelle.“ Sie führte sie hierauf in ein zierliches Stübchen, wo ein schöner Schrank von Ebenholz mit vergoldetem Schnitzwerk sich befand; diesen öffnete sie und sprach: „Alle Kleider, die du hier siehst, gehören dir; dies Stübchen bewohnst du allein, und schläfst auch hier.“

Nun mußte sich Käthchen mit wohlriechendem Wasser [83] waschen, unsichtbare Hände bedienten sie, kleideten sie an, ringelten ihre Haare, und putzten sie auf das Schönste aus. Dann hielt ihr das Mütterchen einen Spiegel vor, und sagte: „Nun, wie gefällst du dir so?“ Käthchen erstaunte über sich selbst, und bewunderte sich mit vieler Eitelkeit; selbst die Mädchen in der Stadt dünkten sie schlecht dagegen angezogen zu seyn.

Waldweibchen führte sie wieder in den Saal zurück, wo eine Menge junger, und eben so schön geschmückter Mädchen versammelt war, die sogleich auf Käthchen zugingen, sie umarmten und küßten, und ihr versprachen, das Leben so heiter zu machen, daß sie sich nicht wegsehnen sollte. Dann flochten sie ein Kränzchen von grünen Blättern in ihre Locken, und reichten ihr allerhand köstliche Früchte und Leckereien dar, welche Käthchen um so begieriger verzehrte, da sie dergleichen Süßigkeiten noch nie genossen hatte.

Endlich, da sich Alle müde fühlten, sagten sie freundlich einander gute Nacht, und Käthchen, zufrieden und glücklich durch ihre neue Lebensart, entschlief unter süßen Träumen, und wurde am folgenden Morgen erst spät durch ihre Gespielinnen geweckt, welche mit ihr einen Spaziergang machen wollten. Schnell war sie in ihren Kleidern, und nun zogen sie zusammen fort.

Der Palast des Waldweibleins war in einem Thale, welches mit den schönsten und mannichfaltigsten Blumen geschmückt war; aber Käthchen kannte keine derselben; sie bemerkte weder das bescheidene Veilchen, noch die Lilie der Unschuld, noch die Rose der kindlichen Liebe. Alle Blumen hier waren von hochrother und gelber Farbe, oder aschgrau und braun. Anfangs schienen sie ihr nicht so schön, als die andern Mädchen behaupteten, und nur nach und nach erhielten sie mehr Reiz für sie.

Bäche flossen hier und dorthin, mit lieblichen Gebüschen [84] umgeben; schöne bunte Vögel saßen auf den Zweigen, und sangen munter und lustig; köstliche Früchte winkten von den tief gebogenen Zweigen der Bäume; kurz, Alles war hier vereinigt, was eine Gegend nur schön und reizend machen konnte.

Ihre Gespielinnen zeigten ihr hierauf die Pracht und die Reichthümer des ganzen Schlosses. In einem Zimmer fanden sie große Haufen seidene Zeuge und die schönsten Spitzen, in einem anderen kostbare Edelsteine, in einem dritten feines Nesseltuch und Flor, und so immer fort. Zwei Zimmer waren noch übrig, in welche sie nicht gingen. „In dem einen,“ sagten die Mädchen, „sind die sprechenden Vögel, und zu diesen dürfen wir nicht; und das andere ist die dunkele Kammer, in welche Waldweibchen alle diejenigen sperrt, welche die sprechenden Vögel besuchen, oder es wagen, außerhalb des Thales zu gehen.“

Käthchen hatte Alles mit Verwunderung gesehen und gehört, und der Aufenthalt bei dem Waldweibchen machte ihr anfangs viel Vergnügen. Den ganzen Tag ging sie im Thale spazieren, und mußte sich die Namen der Blumen merken, und deren Eigenschaften und Wirkungen kennen lernen. Alle aber dienten dazu, den Menschen zum Theil unglücklich zu machen, und je schimmernder oft eine Blume war, desto giftiger und unheilbarer war ihre Kraft.

Käthchen fand bei dieser Beschäftigung wenig Unterhaltung, und fühlte oft die größte Langeweile; sie wünschte zuweilen etwas thun zu dürfen; aber dazu fehlte es ihr an Gelegenheit. Nach und nach lernte sie auch ihre Gespielinnen genauer kennen, und sie wurden ihr immer mehr zuwider: denn keine meinte es aufrichtig und gut mit der andern; sie waren neidisch gegenseitig, wenn die eine etwas Besseres bekommen hatte, als die andere, und suchten sich auf alle Weise bei dem Waldweibchen anzuschwärzen und zu [85] verleumden. Bald war ein kostbares Kraut in Garten zertreten, bald eine seltene Blüthe zerpflückt, und auf welche es kam, die mußte ihre schönen Kleider ausziehen, und allein in ihrer Kammer bleiben, oder so lange im Thale suchen, bis sie das Kraut wieder gefunden hatte. Auch auf Käthchen war die Schuld mehrmals gekommen, ohne daß sie die That begangen hatte, und sie mußte die Strafe, wie die übrigen, erdulden.

Käthchen wurde nun der Aufenthalt in dem schönen Thale immer verhaßter, und oft, wenn sie in ihrem Stübchen allein war, fing sie bitterlich an zu weinen, und sehnte sich wieder zurück zu ihren Aeltern und Geschwistern, bei denen sie zuvor arbeiten mußte, und sich nicht so schön putzen konnte, die sie aber Alle lieb hatten, und es herzlich gut mit ihr meinten.

Eines Tages war das Waldweibchen verreist, was oft geschah, und Käthchen betrachtete die Kostbarkeiten der Zimmer. Da nahete sie sich auch der Papagoyenstube, und konnte der Neugierde nicht widerstehen, einen Blick durch das Schlüsselloch hinein zu werfen. Was sah sie da? Lauter schöne Vögel, die umherflatterten, und mit einander sprachen. „Ach, wann wird doch unser Unglück enden? wann wird die alte Zauberinn uns befreien?“ so riefen sie unter einander. Als Käthchen dies hörte, wünschte sie zu wissen, was ihr Unglück wäre; aber sie getrauete sich nicht, zu fragen.

Da hörte sie unvermuthet eine Stimme rufen: „Käthchen, kommst du, uns zu befreien?“

„Wer seyd ihr denn, und wie seyd ihr da hinein gekommen?“ fragte Käthchen.

„Komm herein!“ antwortete es drinnen, „und du sollst Alles erfahren.“

„Ich darf nicht!“ sagte Käthchen.

[86] „Thu’ es nur,“ rief es ihr zu, „und es wird dir und uns von großem Nutzen seyn.“

„Wie kann ich aber, da ich keinen Schlüssel habe?“ fragte Käthchen.

„Hole die feuerrothe Blume,“ sagten die Vögel, „die unter unserm Fenster blüht, berühre das Schloß damit, und es wird sich sogleich öffnen.“

Käthchen ging mit zögernden Schritten fort, brachte die Blume, und kaum hatte sie das Schloß damit berührt, so sprang auch die Thüre mit einem furchtbaren Getöse auf.

„Unsere Erretterinn! unsere Befreierinn!“ riefen die Vögel durch einander, und ihre vorige Traurigkeit war verschwunden. „Wisse,“ sagte der eine von ihnen, „daß wir Alle auch Mädchen waren, unbesonnen und leichtsinnig, wie du, und von dem alten Weibe in dies Thal gelockt wurden. Aber nach und nach wurden wir des traurigen Lebens überdrüssig; wir scheueten uns, ferner Gift zu bereiten, womit die Alte böse Künste treibt, und suchten zu entfliehen; aber das Waldweibchen war geschwinder, und verwandelte uns zur Strafe in Vögel. Du hast uns unsere Freiheit gegeben, denn nichts hindert uns an der Flucht. Du aber suche dich auch zu retten, denn wenn die Zauberinn dich noch im Thale findet, so wirst du ebenfalls zur Strafe in einen Vogel verwandelt. Suche nur aus dem Thale zu kommen, denn über dasselbe hinaus reicht die Macht der bösen Alten nicht.“

Käthchen erschrak, als sie dies hörte, und lief, was sie immer konnte, um nur aus dem Thale zu kommen. Schon war sie ganz erschöpft, und wollte ermüdet niedersinken, als plötzlich die Stimme der Alten hinter ihr her erscholl, die sie verfolgte. Da verdoppelte sie ihre Anstrengung, und erblickte, zu ihrer großen Freude, die Fee Cöleste, welche ihr entgegen eilte, und sie glücklich aus dem Thale [87] rettete. Nun hatte das böse Waldweib keine Macht mehr an ihr, und ging ergrimmt zurück. Käthchen aber war froh, als sie sich gerettet sah, und dankte der Fee mit Thränen der Rührung für ihre Hülfe, und versprach ihr, nie wieder ihren Aeltern ungehorsam zu seyn. Sie eilte dann zurück in das älterliche Haus, wurde mit großer Freude von Vater und Mutter und Geschwistern empfangen, verrichtete willig ihre Geschäfte, und lebte seitdem glücklich und zufrieden.