Das erste deutsche überseeische Unternehmen
[164] Das erste deutsche überseeische Unternehmen. Gebührt heute den beiden norddeutschen Städten Hamburg und Bremen naturgemäß die führende Rolle in den überseeischen Unternehmungen, so ist die erste überseeische Unternehmung Deutscher nachweislich von einer süddeutschen Reichsstadt, Augsburg, gemacht worden.
Den süddeutschen Handelsstädten warf der über Italien gehende Levantehandel schon lange nicht mehr genug ab. Ihre großen Handelshäuser verfolgten daher von Anfang an die überseeischen Unternehmungen der Spanier und Portugiesen mit gespanntester Aufmerksamkeit, und Anton Welser, der Chef der Welser-Kompagnie, sowie der berühmte Gelehrte Dr. Konrad Peutinger sammelten gewissenhaft alle Nachrichten über jene Fahrten, welche die Kommis der Kompagnie besonders im Süden erhalten konnten. Die Kompagnie errichtete darauf in Lissabon eine Faktorei, und in den entscheidenden Jahren stand einer ihrer thatkräftigsten und fähigsten Vertreter an deren Spitze in der Person des Lukas Rem.
Erst Ende 1502 nach der Hauptstadt Portugals geschickt, schloß derselbe bereits 1504 mit dem Könige von Portugal einen Vertrag ab, wonach die Welser-Kompagnie gegen die Verpflichtung, 40% vom Reingewinn abzugeben und in Indien die Spezereien nur vom Statthalter des Königs zu entnehmen, die Erlaubniß erhielt, gegen sofortige Barzahlung aus der königlichen Flotille drei Schiffe für 21 000 Cruzados (nach dem wirklichen, nicht dem Nennwerthe, etwa 120 000 Reichsmark) zu kaufen und sich mit diesen auf eigene Rechnung an der nächsten Indiafahrt zu betheiligen. Jene Erlaubniß wurde denn ausgenutzt und die Indiafahrt, an der auch die drei von der Kompagnie gecharterten Schiffe theilnehmen sollten, stand nahe bevor, als unter dem 5. Januar 1505 Peutinger triumphirend an den kaiserlichen Sekretarius Blasius Hölzl schrieb: „Meines Schwagers Brief wollt Ihr auch abfertigen, weil die Schiffe von Portugal bald nach Indien fahren werden und es für uns Augsburger ein groß Lob ist, als für die ersten Deutschen, die India besuchen. Und königlicher Majestät zu Ehren hab ich in die Briefe gesetzt, daß er als der erste römische König dies entsende, wie denn solches nie zuvor von einem römischen Könige geschehen ist. Ich möchte auch wohl leiden, daß in den Briefen stünde, daß der Anwalt des Königs von Portugal in Indien den indischen Königen im Auftrage Seiner königlichen Majestät anzeigte, die Deutschen seien königlicher Majestät zugehörig.“
Am 25. März 1505 gingen denn die drei Schiffe der Kompagnie mit der Flotille des ersten Vicekönigs von Indien, Francesco d’ Almeida, in See, und zwei davon kehrten bereits am 22. März, das dritte im November 1506 zurück; das Geschäft aber war trotz der bedeutenden Auslagen ein so glänzendes, daß sich das Anlagekapital mit 150% verzinste.
Wie die beiden an der Fahrt theilnehmenden Kommis der Kompagnie berichten, hatte die Flotille mehrere Städte erobert und dabei eine Beute von mindestens 22 000 Cruzados gemacht; den Antheil an dieser aber, den die Kompagnie für ihre drei am Kampfe betheiligten Schiffe erwartete, wollte man ihr vorenthalten und Rem sah sich gezwungen, in dieser Angelegenheit einen langen Prozeß gegen die Krone zu führen. Er erschien oft bei Hofe, und da er beim König selbst sehr beliebt war, wurde der Prozeß auch endlich zu Gunsten der Kompagnie entschieden
Welcher Unterschied zwischen damals und heut! Heute brauchen deutsche Kaufleute nicht persönlich fremde Höfe um Berechtigungen anzuliegen und Uebervortheilungen zu fürchten; heute schafft Ihnen eine überall geachtete und rastlos für ihre Unterthanen wirkende, starke kaiserlich deutsche Regierung Handelsberechtigungen und ihr gutes Recht; heute segeln von selbst Seiner Majestät Schiffe durch alle Meere und legen durch den Mund ihrer Kanonen ein von allen verstandenes Zeugniß ab von des jetzigen Reiches Machtfülle.