Defoe am Pranger

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Titel: Defoe am Pranger
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 17, 34–35
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
A Weekly Review of the Affairs of France (London, 1704-1713), d:Q111974996
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[17]

Defoe am Pranger.
Nach einer Originalzeichnung von F. Leeke.

[34] Defoe am Pranger. (Zu dem Bilde S. 17.) Von den Romanen, welche zum litterarischen Besitztum aller Kulturnationen geworden sind, hat Defoes „Robinson Crusoe“ wohl die weiteste Verbreitung gefunden. Dieser eine Roman, der 1719 den wirklichen Erlebnissen eines Schiffbrüchigen nachgedichtet ward, hat dem Namen Daniel Defoes Weltruhm erworben, einen Ruhm, der bestehen wird, so lange die rege Phantasie der Jugend sich an den Abenteuern Robinsons auf seiner Insel ergötzt und so lange der außerordentliche erzieherische Wert des Buches geschätzt bleibt, das den Lebensgrundsatz „Hilf dir selbst!“ so eindringlich lehrt. Weniger allgemein bekannt sind die Verdienste, die sich Defoe als politischer Schriftsteller um sein Volk wie um allen volkstümlichen Fortschritt erworben hat, wobei er sich gleichfalls als ein Verfechter des Leitspruchs „Hilf dir selbst!“ bewährte.

Daniel Defoe war 1661 in London als Sohn eines wohlhabenden Londoner Handwerkers geboren, der einer Puritanergemeinde angehörte. Unter den Verfolgungen, denen die „Dissenters“ während der Regierungszeit des letzten Stuart ausgesetzt waren, wurde der feurige Jüngling ein eifriger Parteigänger Wilhelms von Oranien, der nach seinem Regierungsantritt dann auch für die Grundsätze religiöser Toleranz und bürgerlicher Freibeit eintrat. König Wilhelm wandte dem geistvollen Politiker seine Gunst zu und betraute ihn mit wichtigen Regierungsgeschäften. Aber unter der Königin Anna verfielen die Dissenters wiederum schwerer Verfolgung. In einer Flugschrift geißelte Defoe diese Unduldsamkeit. Ein Prozeß wurde gegen ihn angestrengt und man verurteilte ihn, dreimal am Pranger zu stehen, und zu sieben Jahren Gefängnis. Bevor noch die erstere Strafe an ihm vollzogen war, dichtete er in der Einsamkeit des Kerkers die „Hymne an den Pranger“. Er führte darin aus, wie das einzige Verbrechen, dessen man ihn zeihe, das Bekenntnis der Wahrheit gewesen sei; er sagte kühn, daß diejenigen, welche ihn an die Schandsäule stellten, damit nur über sich selber Schande brächten. Es gelang ihm vom Gefängnis aus, das Gedicht drucken zu lassen, und als am 29. Juli 1703 die Schergen ihn zum Pranger führten, um ihn dem Hohn und Spott der Menge preiszugeben, da gingen bereits seine Verse im Volke von Mund zu Mund. Die ihm zugedachte Demütigung ward sein Triumph. Begeisterte Verehrer umdrängten den Pranger, [35] den man mit Blumen schmückte; Jubelrufe und Reden der Verherrlichung umtönten den Pfahl der Schande: was sein Lied verkündet, geschah.

In jenen Stunden körperlicher Qual und seelischer Gehobenheit aber faßte Defoe einen Plan, der von weittragenden Folgen werden sollte. Er erkannte in der Presse das Mittel, welches allem Unrecht und aller Gewaltthätigkeit jederzeit ein ähnliches Schicksal bereiten könne, wie es sein Gedicht soeben seinen Verfolgern gethan. Aus dem Plan entstand die „Review“, eine politische Zeitschrift, welche als der Anfang des modernen Zeitungswesens zu gelten hat.