Der Apfel des Paris
[771] Der Apfel des Paris. (Zu dem Bilde 760 und 761.) Schönheitsrichter sein ist ein schwieriges Amt, das hat schon der alte Paris erfahren. Deshalb sitzt auch sein geistlicher Nachfolger in schwerem Bedenken und schaut starr hinüber nach den drei Grazien am Brunnen. Sie geben sich den Anschein, nicht auf die päpstliche Soldateska zu achten, die hier im Hof der Osteria ein geräuschvolles Mahl abgehalten hat, aber sie haben doch eine hübsche Zeit gebraucht, um ihre Krüge zu füllen und scheinbar unbefangen plaudernd sich in graziösen Stellungen den Herren Offizieren zu zeigen. Und diese sind so gespannt auf den köstlichen Spaß, wie sich das Pfäfflein schließlich aus der Klemme ziehen wird, daß sie, sehr gegen ihre Gewohnheit, ohne Wort und Wink den Schönen gegenüber verharren. Wer wird den Apfel erhalten? Die braune Juno mit dem stolz erhobenen Haupt, die kühl blickende Pallas zu ihrer Rechten, oder die sanftgerundete Dorfaphrodite, welche, um den Sieg zu beschleunigen, sich scheinbar zum Gehen wendet? Sie selber sind in nicht minderer Spannung als die männlichen Theilnehmer der Scene, die mit verschiedenen Graden des Interesses und Wohlgefallens herüberlugen. Ganz gleichgültig verhalten sich nur die ruhig fressenden Pferde im Hintergrunde sowie das fromme Eselein und – die alte Wirthin, welche in den unruhigen Kriegsläuften schon allzuviel derartige Kurzweil gesehen hat, um sich besonders dabei aufzuhalten. Sie ahnt nicht einmal, wie malerisch ihre alte Locanda ist, und wie reizvoll sich das ansteigende Bergnest über ihrem verwilderten Garten in den Himmel hebt. B.