Der Besitz einer Bibliothek

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Textdaten
Autor: Alexander Jung
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Titel: Der Besitz einer Bibliothek
Untertitel:
aus: Unterhaltungen am häuslichen Herd, 1. Band, S. 367
Herausgeber: Karl Gutzkow
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1853
Verlag: F. A. Brockhaus
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Commons
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Der Besitz einer Bibliothek.

An keinem sachlichen Besitze dürfte so sehr die Unendlichkeit des Geistes zu erfahren sein als an dem Besitze eines guten Buchs. Jeder Besitz gewährt schon an sich mehr Ruhe des Gebrauchs als Das, was man nur leihweise an sich gebracht hat. Durch den Besitz erst erhält man Muße, um frei zu schalten. Aus dem Besitze erst entsteht allmälig der Hausstand. Zu jedem geordneten Hausstande sollten gute Bücher gehören. Ein gutes Buch will wieder und wieder gelesen sein. Nach jedem Zeitverlauf faßt man es anders auf; denn die Eindrücke, welche die Zeit gebracht hat, wirken nach und schärfen die Auffassung. Nicht die Zahl, wol aber die Wahl der Bücher ist von unerschöpflichem Ertrage. Es gehört zur Reform unsers deutschen Familienlebens, den Besitz einer gewählten Bibliothek jedem geordneten Hauswesen zur Pflicht zu machen. Es ist vielleicht keine müßige Anmerkung, daß die Bibel schon dem Ausdrucke: Bibliothek entgegenkommt. In der Bibliothek, als einem ererbten und erweiterten Heiligthume, müßte der Familiengeist sich zum Weltgeist erweitern. Man müßte es einer deutschen Familie ebenso sehr verdenken, blos aus einer Leihbibliothek sich die Nahrung des Geistes zu holen, wie man es ihr mit Recht verdenken würde, wenn sie täglich aus einem Gasthause äße, statt sich fröhlich zum Genusse des Selbstbereiteten um den Familientisch zu sammeln. Das Lesen aus den Leihbibliotheken hat etwas Nomadenhaftes. Der Nomade hat noch keinen geordneten Hausstand, weil er noch keinen Bodenbesitz hat. Wenn der Cultus der Literatur von früh auf auch in der Familie begangen würde, wenn man so den großen Beruf des Schriftstellers und die Bedeutung der Presse schon früh auch in der Familie zur Erfahrung brächte, so erlebten wir bald ein Geschlecht, welches geistige Kräfte entwickelte, deren Möglichkeit jetzt noch wie Fabel klingt.

Alexander Jung.