Der Blumenfreund
[876] Der Blumenfreund. (Zu dem Bilde S. 857.) Das zufällig wahrgenommene Schöne rührt bekanntlich viel tiefer als das gewohnheitsmäßig Erschaute. „Nagerln“, wie sie im Oberbayrischen die Nelken nennen, hat der alte Geigerseppel genug daheim, dunkle und helle, sie hängen ja nur so von den Fensterkästen herunter und seine Alte hat die größte Freude damit. Aber er schaut nicht hin, wenn sie ihm die ganze Pracht rühmen will, er läßt sie ruhig mit dem Gießkrug hinter den Blumenkästen hantieren und strebt selbst eilfertig, mit der Geige im Sack, dem Sonntagstanz im Wirtshaus zu. Freilich, wenn ihm dort am Schenkeneingang das biertragende Lenerl begegnet, lustig und bildsauber, angethan mit dem schönsten Feiertagsgewand, die runde Otterfellmütze auf dem blonden Schelmenkopf und ein brennrotes Nagerl zwischen den frischen Lippen – Teufel, das „reißt“ ihn nur so! Da muß er nahe bei, um daran zu riechen, denn so ’was von einem netten Blümerl hat er doch sein Lebtag nicht gesehen. Schade nur, daß seine Alte nicht Zeuge dieser plötzlich erwachenden Blumenliebhaberei sein kann! Was würde die darüber für eine Freude haben! … Bn.