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Der Fahrgast

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Franz Kafka
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Titel: Der Fahrgast
Untertitel:
aus: Hyperion. Eine Zweimonatsschrift.
Herausgeber: Franz Blei, Carl Sternheim
Auflage:
Entstehungsdatum: 1904–1907
Erscheinungsdatum: Jan./Feb. 1908
Verlag: Vorlage:none
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Erscheinungsort: München
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Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Als Text VI in Betrachtung (Obertitel).
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Bearbeitungsstand
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[93] VIIch stehe auf der Plattform des elektrischen Wagens und bin vollständig unsicher in Rücksicht meiner Stellung in dieser Welt, in dieser Stadt, in meiner Familie. Auch nicht beiläufig könnte ich aussprechen, welche Ansprüche ich in irgend einer Richtung mit Recht vorbringen könnte. Ich kann es gar nicht verteidigen, daß ich auf dieser Plattform stehe, mich an dieser Schlinge halte, von diesem Wagen mich tragen lasse, daß Leute dem Wagen ausweichen oder still gehn oder vor den Schaufenstern ruhn. – Niemand verlangt es ja von mir, aber das ist gleichgültig.

Der Wagen nähert sich einer Haltestelle, ein Mädchen stellt sich nahe den Stufen, zum Aussteigen bereit. Sie erscheint mir so deutlich, als ob ich sie betastet hätte.

Sie ist schwarz gekleidet, die Rockfalten bewegen sich fast nicht, die Bluse ist knapp und hat einen Kragen aus weißer kleinmaschiger Spitze. Die linke Hand hält sie flach an die Wand, der Schirm in ihrer Rechten steht auf der zweitobersten Stufe. [94] Ihr Gesicht ist braun, die Nase, an den Seiten schwach gepreßt, schließt rund und breit ab. Sie hat viel braunes Haar und verwehte Härchen an der rechten Schläfe. Ihr kleines Ohr liegt eng an, doch sehe ich, da ich nahe stehe, den ganzen Rücken der rechten Ohrmuschel und den gebogenen Schatten an der Wurzel.

Ich fragte mich damals: Wieso kommt es, daß sie nicht über sich verwundert ist, daß sie den Mund geschlossen hält und nichts dergleichen sagt.


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