Der Fastnachtsbär

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Textdaten
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Autor: A. T.
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Titel: Der Fastnachtsbär
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 8, S. 132
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1897
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Der Fastnachtsbär.
Nach einer Originalzeichnung von Hans G. Jentzsch

[132] Der Fastnachtsbär. (Zu dem Bilde S. 117.) Sang und Klang schallt die Dorfstraße herauf. Groß und klein ist auf den Beinen, denn der „Fastnachtsbär“ hält heute seinen Umzug. Er ist ein zottiger Geselle; aber böse Zungen behaupten, daß sein Fell niemals auf einem Bärenleibe gesessen habe. Er ist offenbar an südlichere Luft gewöhnt, und in Böhmen ist es ihm zu kalt, darum ist er vom Kopf bis zu den Füßen in Erbsenstroh gehüllt und fest mit Strohbändern umbunden. Auch hat er Stiefel an, und wenn man ihn neckt, klingt’s bisweilen wie ein menschliches Lachen mitten aus dem Stroh. Aber er tanzt fleißig und gut und geht so hübsch aufrecht auf seinen Hintertatzen, daß man denken könnte, er hätte außer in frühester Jugend seine Vordertatzen noch niemals zum Laufen benutzt. Ihre Fertigkeiten hat er indessen wohl ausgebildet; hält er doch ganz richtig eine Kanne Bier in den Tatzen und bietet diese den Umstehenden manchmal zum Trunke dar. Sein Führer ist ein netterer Geselle. In seinem grauen, weiten Kittel, den kurzen Hosen, roten Strümpfen und Schnallenschuhen sieht er gar sauber aus, und der breitkrempige Hut macht einen verwegenen Eindruck. Offenbar hat er selbst den Bären so gut abgerichtet; denn derselbe folgt ihm auf’s Wort und tanzt nach seiner Pfeife Polka, Walzer oder Ländler. Nur wenn ihm die Weiber das Stroh auszupfen, wird er etwas ungeduldig. Sie lassen sich aber dadurch nicht abhalten, es immer wieder zu thun; denn, in die Hühnernester gelegt, hilft es zu reicher Eierzahl!

Nicht überall wird es dem Fastnachtsbären so wohl, daß er nur seine Tanzkünste zu zeigen braucht. In Schwaben fertigt man ihn aus einem Strohmann, dem man ein Paar alte Hosen anzieht, und den man dann zum Richtplatz führt, wo er sterben soll. Denn er ist angeklagt, eine blinde Katze getötet zu haben, er kann das nicht leugnen, und so wird er in aller Form zum Tode verurteilt und – enthauptet.

Dieser seltsame Aufzug ist der letzte Rest einer Frühlingsfeier, die in alter Zeit fast bei allen germanischen Völkern begangen wurde. Der Bär ist ein Sinnbild des Winters. Nun wird es Frühling, und darum muß der Winter sterben. Darum wird ihm der Prozeß gemacht und das hochnotpeinliche Halsgericht an ihm vollzogen. Dieselbe Auffassung liegt auch der „Groppenfasnacht“ in Ermatingen am Bodensee zu Grunde, welche im vorigen Jahrgang der „Gartenlaube“, Seite 305 und 308, unseren Lesern in Bild und Wort vorgeführt wurde. Bei derselben bildet der „Groppenkönig" das Sinnbild des Frühlings, während der Winter durch eine Strohpuppe dargestellt wird. A. T.