Der Fuß in der Wand
Der Staufenberger ritt zu seiner Burg geschwinde;
Wie bald entließ der Graf sein lästig Jagdgesinde!
Zur Ruhe sehnt er sich, er war so müd’ geritten;
Er dachte: „Lieb, o Lieb!“ – Da kam sein Lieb geschritten.
Er meint, es wär’ der Mond, da schien die lichte Sonne.
Er sprach: „Du bist so schön, wie könnt’ ich dein vergessen?
Den lockt kein ander Weib, der solch ein Glück besessen!“ –
„So leicht ist Treue nicht, schlau wird man dich umgarnen,
Ich bin kein sterblich Weib, ich bin der Feyen eine,
Mein Reich ist in der Fluth, mein Schloß im tiefen Rheine.
Wir lieben Einmal nur, die Liebe nimmer schwindet,
Der muß gar stäte seyn, der sich mit mir verbindet.
Und Reichthum, Ehre, Macht, dazu ein langes Leben.
Wenn du die Treue brächst, so müßt’ ich ewig klagen,
Du aber siechtest hin und stürbest in drei Tagen.
Du sähst nichts mehr von mir, als diesen Fuß, erscheinen,
Der Staufenberger schwur, ihr stets getreu zu bleiben,
Er schwur dem schönen Weib, sich niemals zu beweiben.
Sie gab ihm hohen Muth und reiches Gut und Ehre,
Und dacht’ er: „Lieb, o Lieb!“ – so stand bei ihm die Hehre.
Wenn er die Lanze schwang, so traf er stets zum Ziele.
Wie hat er oft den Dank aus schöner Hand empfangen!
Des Kaisers Töchterlein ergriff ein süß Verlangen.
Sie sprach dem Kaiser zu, der Kaiser sprach zum Grafen:
Willst du mein Eidam seyn, so kommt es wohl ins Gleiche,
Ich gebe dir Tyrol und Kärnthen von dem Reiche!“ –
Er sprach: „Ich bin vermählt, Herr, laßt es Euch vertrauen:
Es ist kein sterblich Weib, die Schönste doch der Frauen.“ –
Bist du dem Geist vermählt und hast ihm Treu’ geschworen.
Doch bindet nicht der Eid, der Bischof kann ihn lösen,
Geweihtes Wasser tilgt das Bündniß mit dem Bösen.“ –
Dem Ritter wurde bang, er nahm es sich zu Herzen:
Viel Messen lasen sie; der Weihrauch stieg zum Himmel,
Und an die Brüste schlug der Graf im Volksgewimmel.
Man hat die Hochzeit schön und herrlich ausgerichtet,
Viel Rosen hingestreut und Lieder viel gedichtet.
Wie schienen rosenroth die Launen und die Wangen!
Das Pärchen saß vergnügt, die Männer und die Frauen, –
Da ließ sich an der Wand ein seltsam Wunder schauen:
Die Wand blieb unverletzt, doch kam hindurchgefahren
Bloß war er bis zum Knie und weiß wie elfenbeinen,
So zarten sah man nie, noch nie so zierlich kleinen.
Auch ward ein Jammerlaut gehört in allen Kammern,
Und in dem Saal zumeist ein Weinen und ein Jammern.
Der Graf erschrack, das Glas zerbrach ihm in den Händen.
Er sah den schönen Fuß, sein Herz zerschnitt das Klagen,
Er sprach: „Das ist mein Lohn, nun sterb’ ich in drei Tagen!
Du, edle Braut, bist frei, mich tödtet bald die Reue;
Wähl’ einen Königssohn, der deinem Stand gebühret,
Du siehst, zu welchem Leid ungleiche Ehe führet!“ –
Ins Kloster ging die Braut, das schien ihr gleiche Ehe.
Am dritten Tage brach des Grafen Herz vor Wehe.