Der Fuchs und die Elster
Zur Elster sprach der Fuchs: O! wenn ich fragen mag,
Was sprichst du doch den ganzen Tag!
Du sprichst wohl von besondern Dingen?
Die Wahrheit, rief sie, breit ich aus.
Bring ich durch meinen Fleiß heraus,
Vom Adler bis zur Fledermaus.
Dürft ich, versetzt der Fuchs, mit Bitten dich beschweren:
So wünscht ich mir, etwas von deiner Kunst zu hören.
Und seine Künste rühmt, bald vor, bald rückwärts geht,
Ein seidnes Schnupftuch nimmt, sich räuspert, und dann spricht;
So lief die Elster auch den Ast bald auf, bald nieder,
Und strich an einen Zweig den Schnabel hin und wieder,[1]
Drauf fängt sie ernsthaft an, und spricht:
Ich diene gern mit meinen Gaben,
Denn ich behalte nichts für mich.
Nicht wahr, Sie denken doch, daß Sie vier Füße haben?
Nur zugehört! Sie werdens finden,
Denn ich beweis es gleich mit Gründen.
Ihr Fuß bewegt sich, wenn er geht,
Und er bewegt sich nicht, so lang er stille steht;
Denn dieses ist es noch nicht ganz.
So oft Ihr Fuß nur geht, so geht er auf der Erde.
Betrachten Sie nun Ihren Schwanz.
Sie sehen, wenn Ihr Fuß sich reget,
Itzt ist Ihr Fuß bald hier, bald dort,
Und so geht auch Ihr Schwanz mit auf der Erde fort,
So oft Sie nach den Hühnern reisen.
Daraus zieh ich nunmehr den Schluß
Und dieß, Herr Fuchs, war zu beweisen.
Ja, dieses hat uns noch gefehlt;
Wie freu ich mich, daß es bey Thieren
Auch große Geister giebt, die alles demonstriren!
Je minder sie verstehn, sprach dieses schlaue Vieh,
Um desto mehr beweisen sie.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ hin und wieder = hin und her