Das Land der Hinkenden

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Textdaten
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Autor: Christian Fürchtegott Gellert
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Titel: Das Land der Hinkenden
Untertitel:
aus: Sämmtliche Schriften. 1. Theil: Fabeln und Erzählungen, Erstes Buch. S. 22
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1769
Verlag: M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck 1746/48
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Das Land der Hinkenden.


Vor Zeiten gabs ein kleines Land,
Worinn man keinen Menschen fand,
Der nicht gestottert, wenn er redte,
Nicht, wenn er gieng, gehinket hätte;

5
Denn beides hielt man für galant.

Ein Fremder sah den Uebelstand;
Hier, dacht er, wird man dich im Gehn bewundern müssen,
Und gieng einher mit steifen Füssen.
Er gieng, ein jeder sah ihn an,

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Und alle lachten, die ihn sahn,

Und jeder blieb vor Lachen stehen,
Und schrie: Lehrt doch den Fremden gehen!

Der Fremde hielts für seine Pflicht,
Den Vorwurf von sich abzulehnen.

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Ihr, rief er, hinkt; ich aber nicht:

Den Gang müßt ihr euch abgewöhnen!
Der Lärmen wird noch mehr vermehrt,
Da man den Fremden sprechen hört.
Er stammelt nicht; genug zur Schande!

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Man spottet sein im ganzen Lande.




Gewohnheit macht den Fehler schön,
Den wir von Jugend auf gesehn.
Vergebens wirds ein Kluger wagen,
Und, daß wir thöricht sind, uns sagen.

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Wir selber halten ihn dafür,

Bloß, weil er klüger ist, als wir.