Der Genesene
[44] Der Genesene
[Februar 1820]
Jetzt, da ichs bestanden habe,
Leuchtet mirs erst deutlich ein:
Krankheit, du bist Gottes Gabe!
Er soll drum gepriesen sein!
Doch im Ringen allzumal
Lösen sich der Seele Krämpfe,
Innrer Schmerz in äußrer Qual.
Besserst an der Menschheit Bilde,
War sonst rauh, jetzt bin ich milde,
Unstätt sonst und jetzt in Ruh.
Auch die Andern, die da kamen,
Waren alle gut und weich,
Gleiches Leiden macht ja gleich.
Ob man sonst nach Fernem jage,
Setzest du ein näher Ziel,
Machst den Tag zum Ziel dem Tage,
Und der Wunsch übt in Beschwerden
Ans Gebiß den stolzen Mund:
Frage nicht: was soll ich werden?
Bin ich jetzo doch gesund.
Von so Manchem, das es trug,
Öffnet sich, wie Ackers Schollen,
Aufgelockert durch den Pflug,
Und, als ob der Lenz erwache
Treibt es nach der langen Brache
Grüne Spitzen neu hervor.
Wie ist all mein Innres offen!
Wie verdoppelt jeder Sinn!
Jeder Augenblick Gewinn!
Was ich lese seh’ ich stehen,
Was ich höre wird ein Bild,
Was ich spreche wird geschehen,
Mit der Welt im tiefem Frieden,
Und in Frieden auch mit mir,
Dank’ ich Dem der mirs beschieden,
Sich geoffenbaret hier,
Ruf’ ich froh in Sonnenschein:
Krankheit auch ist Gottes Gabe!
Er soll drum gepriesen sein!