Der Gott der Jugend
Gehn dir im Dämmerlichte,
Wenn in der Sommernacht
Für selige Gesichte
Dein liebend Auge wacht,
Und, wie der Sterne Chor,
Die Geister der Titanen
Des Alterthums empor;
Wird da, wo sich im Schönen
Noch oft das tiefe Sehnen
Der Liebe dir gestillt;
Belohnt des Herzens Mühen
Der Ruhe Vorgefühl,
Der Seele Saitenspiel;
So such’ im stillsten Thale
Den blüthenreichsten Hain,
Und gieß’ aus goldner Schaale
Noch lächelt unveraltet
Des Herzens Frühling dir,
Der Gott der Jugend waltet
Noch über dir und mir.
Wenn da der Dichter saß,
Und unter Götterträumen
Der Jahre Flucht vergaß,
Wenn ihn die Ulme kühlte,
Um Silberblüthen spielte,
Die Flut des Anio;
Und wie um Platons Hallen,
Wenn durch der Haine Grün,
Der Stern der Liebe schien,
Wenn alle Lüfte schliefen,
Und, sanft bewegt vom Schwan,
Cephisus durch Oliven
So schön ist’s noch hienieden!
Auch unser Herz erfuhr
Das Leben und den Frieden
Der freundlichen Natur;
Noch mischen brüderlich
In unsers Herzens Töne
Des Frühlings Laute sich.
Drum such’ im stillsten Thale
Und gieß’ aus goldner Schaale
Den frohen Opferwein,
Noch lächelt unveraltet
Das Bild der Erde dir,
Noch über dir und mir.