Der Hexenhammer (1923)/Zweiter Teil, Erste Frage, Kapitel 10
Ueber die Art, wie die Dämonen bisweilen durch Hexenkünste die Menschen leibhaftig besitzen.
Kapitel 10.
Da im vorigen Kapitel gesagt ist, wie die Dämonen auch die Köpfe der Menschen oder auch andere Teile besetzen und betreten und die inneren Gestalten von Ort zu Ort bewegen können, könnte jemand bezweifeln, ob sie auf jeden Fall die Menschen auf Drängen der Hexen besitzen könnten? Ferner über die verschiedenen Weisen, sie ohne Drängen der Hexen zu besitzen. Zur Erklärung dieses ist dreierlei zu erläutern: Erstens ist zu sprechen über die verschiedenen Arten des Besitzens; zweitens, daß die Dämonen auf Drängen der Hexen die Menschen mit Zulassung Gottes bisweilen auf alle diese Weisen besitzen; drittens sind hierher gehörige Daten und Geschehnisse anzuführen.
Zunächst vom ersten Punkt, mit Ausschluß jener allgemeinen Art, wie der Teufel mit jeder beliebigen Todsünde den Menschen besitzt, worüber S. Thomas, quolibet. 3. quaest. 3 unter der Zweifelfrage, ob der Teufel immer leibhaftig den Menschen bewohnt, wenn er eine Todsünde begeht? Der Grund zu diesem Zweifel sei, daß, wenn der heilige Geist den Menschen in der Gnade immer bewohnt, nach Kor. I, 3: „Ihr seid ein Tempel Gottes und der Geist Gottes wohnt in euch“ und der Gnade die Schuld gegenübersteht, also hier das Entgegengesetzte stattfinden müßte.
Dort erklärt er auch, daß den Menschen bewohnen, zwiefach verstanden werden kann: nämlich, entweder bezüglich der Seele oder bezüglich des Körpers: Auf die erste Weise ist es dem Teufel nicht möglich, da Gott allein in die Seele schlüpfen kann; nun ist der Teufel auch nicht Ursache der Schuld, wie der heilige Geist in der Seele wirkt durch seine Handlungen: Also gilt die Aehnlichkeit nicht.
Bezüglich des Körpers aber können wir sagen, daß der Teufel auf zweifache Weise den Menschen bewohnen kann, wie auch zwiefach Menschen gefunden werden: in der Sünde oder in der Gnade. Auf die erste Weise bezüglich muß man sagen, daß, weil infolge jeder Todsünde der Mensch in die Knechtschaft des Teufels gerät, insofern der Teufel bisweilen von außen die Sünde zeigte, sei es dem Sinne, sei es der Einbildungskraft, daß er also deshalb den Affekt des Menschen bewohnt, da sich dieser nach jeder Bewegung der Versuchung bewegt, wie auf dem Meere ein Schiff ohne Steuermann.
Es kann auch der Teufel den Menschen leibhaftig bewohnen, wie sich an den Besessenen zeigt; und weil dies, wie sich herausstellen wird, mehr auf den Straf- als den Schuldpunkt sich bezieht, und die körperlichen Strafen nicht immer der Schuld folgen, sondern bald den Sündigen, bald den Sündlosen geschickt werden, so können die Dämonen auch die in und außer der Gnade Stehenden nach der Tiefe der unerforschlichen Urteile Gottes leibhaftig bewohnen. Und mag auch diese Art des Besitzens nicht zu unserer Untersuchung gehören, so wird sie doch angeführt, daß es nicht etwa unmöglich scheine, daß die Menschen auf Drängen der Hexen mit Zulassung Gottes auch bisweilen leibhaftig von den Dämonen bewohnt werden.
Wir können also sagen, daß, wie die Dämonen für sich und ohne Hexen auf fünf Arten die Menschen verletzen und besitzen können, sie das auch auf alle diese Arten auf Betreiben der Hexen vermögen, da dann, wie Gott mehr beleidigt wird, so auch dem Dämon größere Befugnis zugestanden wird, durch die Hexen gegen die Menschen zu wüten. Und zwar sind es, andeutungsweise aufgezählt, die folgenden Arten: – abgesehen davon, daß sie sie bisweilen an den äußeren Glücksgütern beunruhigen –: manchmal verletzen sie die Leute nur an den eigenen Körpern; manchmal zugleich an den Körpern und den inneren Kräften; manchmal versuchen sie sie bloß, innen und außen; andere berauben sie für einige Zeit der Vernunft; andere machen sie gleichsam zu unvernünftigen Tieren. Ueber die einzelnen Arten wollen wir sprechen; aber zuvor wollen wir die fünf Gründe vorausschicken, aus denen Gott erlaubt, daß die Menschen besetzt gehalten werden, weil diese Ordnung zu beachten der Stoff verlangt. Bisweilen nämlich ist jemand besessen wegen seines eigenen größeren Verdienstes; bisweilen wegen eines fremden, leichten Vergehens; bisweilen wegen seiner eigenen verzeihlichen Sünde; bisweilen wegen einer schweren, fremden Sünde; bisweilen wegen einer eigenen großen Tat; und aus allen diesen Gründen erlaubt Gott auch, wie keinem zweifelhaft ist, daß bisweilen auf Drängen der Hexen durch die Dämonen auch Aehnliches geschieht. Es frommt, das einzelne aus den Schriften und nicht nur durch junge Geschehnisse zu beweisen, da immer das Neue durch das Alte gekräftigt wird.
Bezüglich der ersten Art ergibt sich Klarheit aus dem Dialoge des Severus, des berühmtesten Schülers des Heiligen Martinus, wo berichtet wird, es habe einen Pater von heiligstem Lebenswandel gegeben, der so mit dem Gnadengeschenk der Austreibung der Dämonen begabt war, daß diese nicht bloß vor seinem Worte flohen, sondern auch vor den Briefen und Handlungen dieses Paters. Und da er vor der Welt sehr berühmt war, fühlte er, daß er von eitler Ruhmsucht versucht wurde, und wiewohl er diesem Laster mannhaft Widerstand leistete, so bat er doch, damit er noch mehr gedemütigt werde, Gott mit aller Inbrunst, daß er fünf Monate lang von einem Dämon besessen werde, was denn auch geschah: denn man mußte ihn als einen Besessenen sofort fesseln und bei ihm alles anwenden, was bei Dämonischen gebräuchlich ist. Als aber der fünfte Monat zu Ende war, ward er fernerhin sowohl von jeder eitlen Ruhmsucht als auch von dem Dämon befreit.
Aber daß aus diesem Grunde jemand durch Behexung seitens eines anderen vom Dämon besessen gemacht werden könne, wird für jetzt ebensowenig bejaht, als man nicht liest, daß es je geschehen sei, mögen auch die Ratschläge Gottes, wie vorausgeschickt ist, unfaßbar sein.
Bezüglich der zweiten Art aber, daß nämlich jemand infolge eines fremden, leichten Vergehens besessen gemacht wird, bringt der Heilige Gregorius ein Beispiel von dem heiligen Abte Eleutherius, einem ganz schlichten Manne, dem man, als er einst nahe bei einem Jungfrauenkloster übernachtete, ohne sein Wissen in seine Zelle einen kleinen Knaben zu tun anordnete, der jede Nacht vom Dämon beunruhigt wurde. Aber in derselben Nacht wurde er durch die Gegenwart des Paters vom Dämon befreit. Als er dies Geschehnis erfahren hatte und der Knabe bereits im Kloster des heiligen Mannes untergebracht war, sagte dieser nach Verlauf vieler Tage zu seinen Mitbrüdern, indem er sich ein wenig unmäßig über die Befreiung des Knaben freute: „Der Teufel hat sich mit jenen Schwestern nur einen Scherz gemacht!“ Aber als er zu den Dienern Gottes ging, bemerkte er, daß jener Knabe nicht herbeikam; und siehe, sofort begann der Teufel den Knaben zu beunruhigen. Durch die Tränen und das Fasten des heiligen Mannes und der Mitbrüder wurde er mit Mühe, aber doch denselben Tag noch befreit.
Wenn nun ein Unschuldiger infolge eines leichten und noch dazu fremden Vergehens besessen gemacht wird, so ist es nicht verwunderlich, wenn manche wegen einer eigenen verzeihlichen oder einer schweren fremden Sünde oder auch wegen einer eigenen Tat auch auf Drängen der Hexen durch die Dämonen besessen gemacht werden. Denn auch bezüglich der eigenen verzeihlichen Schuld ist das klar nach Cassianus, der collat. abbatis Sereni I, da er von Moses spricht, folgendes sagt: „Moses, der ein einzig dastehender und unvergleichlicher Mann war, wurde zur Strafe für eine Rede, die er in der Wüste, bei der Disputation gegen den Abt Macharius, von einer bestimmten Meinung beeinflußt, ein wenig hart vortrug, sogleich einem grausigen Dämon übergeben, daß er, von diesem erfüllt, menschliche Exkremente in seinen Mund tat. Diese Geißel scheint der Herr der Läuterung halber über ihn verhängt zu haben, daß nämlich auch nicht der Makel der Sünde eines Augenblicks in ihm zurückbliebe. Das zeigte sich bei der wunderbaren Heilung. Denn da der Abt Macharius beständig in demütigem Gebete verharrte, wurde der nichtsnutzige Dämon ganz schnell von ihm in die Flucht geschlagen und entwich.“[WS 1]
Dem ähnlich scheint das, was Gregorius im ersten Dialoge von einer Nonne berichtet, die Salat aß, ohne sich zuvor mit dem Zeichen des Kreuzes zu schützen, und (von der daraus erfolgenden Besessenheit) vom Heiligen Pater Equitius befreit wurde.
Auch über die vierte Art, daß nämlich jemand wegen einer fremden, schweren Sünde besessen gemacht werde, berichtet der Heilige Gregorius ebendort von dem heiligen Bischof Fortunatus. Als dieser den Teufel aus einem besessenen Menschen vertrieben hatte, begann derselbe Dämon später in der Gestalt eines Pilgers durch die Straßen der Stadt zu rufen: „O, der heilige Mann, der Bischof Fortunatus! Seht, er hat mich, einen Pilger, vom Gasttische geworfen, und ich finde nicht, wo ich ruhen kann!“ Da lud jemand, der mit seinem Weibe und Sohne (bei Tische) saß, den Pilger zu sich zu Gaste; und indem er nach dem Grunde des Hinauswerfens fragte, freute er sich über die Verleumdung des heiligen Mannes, die er vom Pilger fälschlich zu hören bekam. Danach aber fuhr der Teufel in den Sohn, warf ihn auf glühende Kohlen und trieb seine Seele hinaus. Da merkte der arme Vater erst, wen er gastlich aufgenommen hatte.
Und betreffs der fünften Ursache, (in Gestalt) der eigenen und großen Tat, lesen wir gleichermaßen sowohl in der Heiligen Schrift als auch in den Passionalien der Heiligen. So wurde ja auch Saul, der Gott nicht gehorchte, besessen gemacht, Könige[1] I, 15.
Dies alles ist, wie wir gesagt haben, berührt worden, damit es niemandem unmöglich scheine, es könnten manche ebenso wegen der Taten der Hexen, wie auch auf deren Drängen besessen gemacht werden; worüber wir, um die verschiedenen Arten der Besessenheit verstehen zu können, bezüglich der zweiten ein Geschehnis zum besten geben wollen. Nämlich zur Zeit des Papstes Pius II., vor der Einführung des Amtes der Inquisition, passierte einem der beiden Inquisitoren, die die[WS 2] vorliegende Abhandlung zusammenstellen, folgender Fall: Ein gewisser Böhme aus der Stadt Dachov hatte seinen einzigen Sohn, einen Leutpriester, um der Gnade der Befreiung willen, da er besessen war, nach Rom gebracht. Zufällig aber traf es sich, als ich, einer von den Inquisitoren, der Erholung halber in ein Hospiz eingetreten war, daß als Tischgenosse ebenderselbe Priester mit seinem Vater gleichfalls an dem Tische saß. Während wir aber zusammen aßen und, wie es bei Fremden Sitte ist, uns gegenseitig unterhielten, seufzte der Vater öfters und wünschte sich vom allmächtigen Gott, daß er seine Reise mit günstigem Erfolge beendet haben möchte. Indem ich das tiefste Mitgefühl mit ihm hatte, begann ich zu erforschen, was der Grund seiner Reise und seiner Traurigkeit wäre. Darauf antwortete jener vor den Ohren des Sohnes, der mein Tischnachbar war: „Ach, ich habe einen vom Dämon besessenen Sohn, den ich um der Gnade der Befreiung willen unter großen Mühen und Kosten bis hierher gebracht habe.“ Als ich fragte, wo denn der Sohn sei, sagte er, er sei mein Tischnachbar. Ein wenig erschrocken betrachtete ich ihn genau; und da er mit solchem Anstand die Speisen zu sich nahm und auch alle Fragen prompt beantwortete, begann ich im Geiste zu schwanken, und hielt ihm entgegen, er sei nicht besessen, sondern es sei ihm etwas infolge einer Krankheit zugestoßen. Da erzählte der Sohn seinerseits den Hergang und gab an, wie und zu welcher Zeit er besessen gemacht worden sei. „Eine gewisse Frau,“ sagte er, „eine Hexe hat mir diese Krankheit angetan: Als ich nämlich gegen sie schalt, wegen eines gewissen Mißfallens betreffs des Kirchenregimentes, und sie allzu hart angelassen hatte, weil sie von halsstarrigem Willen war, sagte sie, daß ich in wenigen Tagen auf das zu achten haben würde, was mir zustoßen würde. Aber auch der Dämon, der in mir wohnt, berichtet ebendasselbe, daß die Hexe ein Hexenzeug unter einen gewissen Baum gelegt habe; und wenn dies nicht beseitigt wird, kann ich nicht befreit werden. Aber er will den Baum nicht angeben.“ Ich würde jedoch seinen Aussagen nicht den geringsten Glauben beigemessen haben, wenn mich nicht sofort die Erfahrung belehrt hätte. Denn von mir nach dem Zeitraum gefragt, in dem er entgegen der gewohnten Weise der Besessenen von solcher Schärfe seines Verstandes sei, antwortete er: „Ich werde des Gebrauches der Vernunft nur beraubt, wenn ich mich mit göttlichen Dingen befasse oder heilige Orte aufsuchen will. Besonders aber hat der Dämon in seinen von mir vorgebrachten Worten gesagt, daß, wie ich ihm in meinen Predigten an das Volk gar großes Mißfallen erregt hätte, er mich jetzt auf keinen Fall predigen lassen würde.“ Er war nämlich nach der Aussage des Vaters ein beliebter Prediger und allen liebenswert. Da ich, der Inquisitor, aber über die einzelnen Punkte Gewißheit haben wollte, beschloß ich, ihn fünfzehn Tage lang und darüber an verschiedene Stätten der Heiligen zu führen, besonders aber nach der Kirche der heiligen Jungfrau Praxedis, wo sich ein Teil der marmornen Säule befand, an die unser Heiland bei seiner Geißelung angebunden worden war, und an den Ort, an welchem der Apostel Petrus gekreuzigt worden war. Während er an diesen Orten exorzisiert wurde, stieß er ein schreckliches Geheul aus und versicherte schon, er wolle ausfahren: kurz darauf aber auf keinen Fall. Und wie vorausgeschickt ist, blieb er in allen Sitten der gebildete Priester und ohne jedes Anzeichen (von Besessenheit), außer wenn die Exorzismen unternommen wurden; und nach ihrer Beendigung zeigte er, sobald ihm die Stola vom Halse genommen wurde, dann wiederum, abgesehen davon, nicht die geringste unvernünftige oder unanständige Bewegung. Wenn er beim Vorübergehen an einer Kirche die Knie zur Begrüßung der glorreichen Jungfrau beugte, dann streckte der Teufel seine Zunge lang aus seinem Munde heraus, und befragt, ob er sich dessen nicht enthalten könnte, antwortete er: „Ich vermag das durchaus nicht zu tun, denn so gebraucht er alle meine Glieder und Organe, Hals, Zunge und Lunge, zum Sprechen oder Heulen, wenn es ihm gefällt. Ich höre zwar die Worte, die er so durch mich und aus meinen Gliedern heraus spricht; aber zu widerstreben vermag ich durchaus nicht. Und je andächtiger ich einer Predigt zu folgen wünsche, desto schärfer setzt er mir zu, indem er die Zunge herausstreckt.“ Und da eine Säule in der Kirche von S. Peter vorhanden ist, die man aus dem Tempel Salomos dorthin geschafft hat und durch deren Kraft schon mehrere, wiewohl von Dämonen besessen, befreit worden sind, darum daß sich auch Christus beim Predigen im Tempel an sie angelehnt hatte, (so wollte ich auch damit einen Versuch machen), aber jener konnte doch nach Gottes verborgenem Ratschlusse nicht befreit werden, da er sich eine andere Weise zu seiner Befreiung vorgenommen hatte. Denn wenn er auch den ganzen Tag und die ganze Nacht an der Säule angeschlossen geblieben war, so rief er doch schließlich, als am folgenden Tage nach Verlesung verschiedener Exorzismen über ihn das Volk herumstand und ein großer Auflauf geschah und jener gefragt wurde, an welchem Teile der Säule Christus sich angelehnt hätte, worauf er, mit den Zähnen in die Säule beißend, die Stelle bezeichnete und heulend ausrief: „Hier stand er! Hier stand er!“ – so rief er schließlich, er wolle nicht ausfahren; und als er gefragt wurde, weshalb, antwortete er, wegen der Lombarden. Aufs neue befragt, warum er wegen der Lombarden nicht ausfahren wollte, da antwortete er in italienischer Sprache: (während doch der kranke Priester dieses Idiom nicht verstand), was besagte: Alle machen so und so, wobei er das schlimmste Laster der Ausschweifung nannte. Aber danach fragte mich der Priester und sagte: „Pater, was bedeuten jene italienischen Worte, die (der Dämon) aus meinem Munde vorgebracht hat?“ Als ich es ihm erklärt hatte, antwortete er: „Die Worte habe ich zwar gehört, aber ich habe sie nicht verstehen können.“ – Weil nun, wie der Ausgang der Sache lehrte, diese Besessenheit von der Art war, von der der Heiland im Evangelium sagt: „Diese Art von Dämonen wird nicht ausgetrieben, außer durch Gebet und Fasten,“ so befreite ihn ein ehrwürdiger Bischof, der, wie es hieß, durch die Türken von seinem Sitze vertrieben worden war, endlich durch Gottes Gnade und schickte ihn mit Freude in seine Heimat zurück, indem er voll frommen Mitgefühls mit ihm die ganze quadragesimale Zeit hindurch täglich bei Wasser und Brot auf Fasten und Gebete und Exorzismen bedacht war.
Mag auch hierüber ohne Wunder keiner in diesem Leben eine genügende Erklärung abgeben können, so können wir doch über die Frage, durch welche und wie viele Arten der Dämon die Menschen besessen mache und auch verletze, sagen, daß es auf fünf Arten geschieht, abgesehen davon, daß sie bisweilen an den äußeren Glücksgütern schädigen. Einige nämlich werden nur an den eigenen Körpern beunruhigt, andere zugleich am Körper und an den inneren Kräften, andere nur an den inneren Kräften; andere werden zu ihrer Züchtigung zeitweise nur des Gebrauches der Vernunft beraubt, andere aber werden gleichsam zu unvernünftigen Bestien gemacht. Betreffs des vorerwähnten Priesters wird erklärt, daß er auf die vierte Weise besessen gewesen sei, denn er wurde weder in seinen Glücksgütern, noch an seinem eigenen Körper beunruhigt, wie es den frommen Job traf, da Gott, wie die Schrift hierüber offen berichtet, dem Dämon freie Hand gegeben hatte, indem er zu Satan sagte: „Siehe, alles was er hat, ist in deiner Hand; nur gegen ihn selbst strecke deine Hand nicht aus“; d. h., nur gegen den äußeren Besitz. Später aber sagt er, (auch) gegen den Leib (solle er die Hand ausstrecken): „Siehe, er ist in deiner Hand; nur seine Seele bewahre;“ d. h., nimm ihm nicht das Leben.
Man kann auch sagen, daß (jener Priester) auf die dritte Art, nämlich an den inneren Kräften der Seele und am Körper zugleich beunruhigt ward, wenn er sagte, wie es Job VII steht: „Wenn ich zum Herrn sage, mein Bett wird mich trösten, und ich werde erleichtert werden durch mein Lager, wenn ich mit mir rede, so erschreckst du mich durch Träume und durch Visionen, indem du mich mit Schauer schüttelst“, die nämlich der Dämon besorgt, nach Nicolaus de Lyra und Thomas. Du schreckst mich durch Träume, die nämlich dem Schlafenden erscheinen; und durch Visionen, die nämlich dem Wachenden, des Gebrauches der äußeren Sinne Entfremdeten, erscheinen. Es pflegen nämlich die durch die am Tage gebildeten Wahngestalten zum Erschrecken der Schlafenden zu dienen; und das geschah an jenem infolge der Schwachheit des Körpers. Daher sah Job, dem so aller Trost abgeschnitten war, kein anderes Mittel so vielen Bewegungen zu entgehen, als durch den Tod: „Indem du mich mit Schauern schüttelst,“ sagt er.
Daß auf diese Weisen auch die Hexen die Menschen durch die Dämonen schädigen können, bezweifelt niemand, wie es sich im folgenden zeigen wird: Wie sie durch Hagelschlag an den Glücksgütern und an dem Körper von Tieren und Menschen Verletzungen beibringen.
Und auch die dritte Art der Schädigung, die am Körper und an den inneren Kräften ohne Beraubung des Gebrauches der Vernunft geschieht, ergibt sich aus ihren Betätigungen, wenn sie, wie oben berührt worden ist, die Sinne der Männer so sehr zu unerlaubten Neigungen entflammen, daß sie notwendigerweise auch zur Nachtzeit zu ihren Liebchen über weite Länderstrecken zu eilen haben, wegen des Stachels allzu ungezügelter fleischlicher Liebe.
Es kann angeführt werden, was sich in Hessen, in der Stadt Marburg, mit einem Besessenen, auch einem Priester, zugetragen haben soll. Als der Dämon bei den Exorzismen gefragt wurde, seit wie langer Zeit er den Priester bewohnt hätte, soll er geantwortet haben: „Seit sieben Jahren,“ und als ihm der Exorzist entgegenhielt: „Wenn du ihn kaum drei Monate beunruhigt hast, wo warst du da in der übrigen Zeit?“ – antwortete er: „In seinem Körper verbarg ich mich.“ Und als jener forschte: „In welchem Teile des Körpers?“ antwortete er: „Meistens im Kopfe.“ Und von neuem befragt, wo er denn gewesen wäre, wenn jener den Gottesdienst mitgefeiert und das Sakrament genommen hätte, sagte er: „Ich habe mich unter seiner Zunge verborgen.“ Und jener: „Elender, was ist das für eine Tollkühnheit, daß du bei der Gegenwärtigkeit deines Schöpfers nicht entflohen bist?“ Darauf der Dämon: „Kann sich denn ein Nichtsnutz nicht unter einer Brücke verstecken, während ein heiliger Mann darüber hingeht, wenn er nur nicht seine Schritte anhält?“ Mit Hilfe der göttlichen Gnade ward er jedoch befreit; mag er nun Wahres oder Erdichtetes vorgebracht haben: denn er ist ein Lügner, wie auch sein Vater.
Die vierte Art wird auf den zu Rom befreiten Besessenen unter der Erklärung angewendet, daß der Dämon in den Körper schlüpfen kann, wenn auch nicht in die Seele, da dies nur Gott möglich ist; jedoch auch in den Körper schlüpfen nur, ohne doch innerhalb der Grenzen der Wesenheit des Körpers zu sein. Dies sage ich erklärenderweise. Es gibt eine Art, auf die die Dämonen bisweilen substantiell die Menschen bewohnen und sie nur zu Zeiten des Gebrauches der Vernunft berauben, und dies wird so erklärt: Wir können nämlich sagen, daß der Körper Grenzen in doppelter Hinsicht hat, nämlich der Quantität und der Wesenheit. Wenn also irgendein Engel, ein guter oder böser, innerhalb der Grenzen des Körpers wirkt, so wirkt er innerhalb der Grenzen der körperlichen Quantität, und so schlüpft er auch in den Körper, wobei er an den quantitativen Kräften wirkt. So bewirken die guten Engel bei den Guten auch imaginäre Visionen; niemals aber behauptet man von ihnen, daß sie in die Wesenheit des Körpers hineinschlüpfen, weil sie nicht als Teil und auch nicht als Kraft hineinschlüpfen können: nicht als Teil, weil das ein anderes ist, und ebenso durchaus die Wesenheit ein anderes; nicht als Kraft, als ob sie Sein verliehe: Weil (der Körper) sein Sein durch die Schöpfung von Gott hat. Daher hat er auch selbst allein die innere Betätigung und Erhaltung der Wesenheit, solange es seiner Liebe gefällig ist, sie zu bewahren. Daher schließt man, daß, wenn alle anderen Vollkommenheiten oder Mängel – wobei man von guten bezüglich der Vollkommenheiten, bezüglich der Mängel von schlechten spricht – bewirkt werden, falls sie am Körper und seinen Teilen, z. B. am Kopfe bewirkt werden, (die Geister) in einem solchen Körper in die Grenzen, nämlich der Quantität und in die quantitativen Kräfte hineinschlüpfen; wenn jedoch an der Seele, dann wiederum wirken beide von außen, aber auf verschiedene Weisen. Und zwar sagt man, daß sie an der Seele derart wirken, daß sie dem Intellekte jene Phantasiegebilde oder Gestalten vorführen und nicht nach dem Urteile des allgemeinen Sinnes und der äußeren Sinne. Aus diesen Betätigungen folgen die Versuchungen der bösen Engel, auch schlechte Neigungen und Gedanken, indem sie indirekt auf den Intellekt einwirken; von den guten Engeln aber erfolgen die Erleuchtungen der Phantasiegebilde, damit das erkannt werde, was von ihnen enthüllt wird. Daher besteht auch der Unterschied, daß die guten Engel auch direkt einen Eindruck auf den Intellekt machen können, indem sie die Phantasiegebilde erleuchten, von den bösen aber heißt es, daß sie die Phantasiegebilde nicht erleuchten können, sondern sie vielmehr verdunkeln. Ebenso können sie auch nicht direkt einen Eindruck machen, sondern nur indirekt, insofern der mit dem Intellekt Erfassende die Phantasiegebilde erwägen muß. Dadurch jedoch, heißt es, schlüpft auch ein guter Engel nicht in die Seele, mag er sie auch erleuchten – so wie es auch nicht heißt, daß ein höherer Engel in einen niedrigeren hineinschlüpft — mag er ihn auch erleuchten — sondern er wirkt und wirkt mit nur von außen in der Weise, wie gesagt ist: Daher kann ein böser Engel um so viel weniger hineinschlüpfen.
Auf diese Weise nun besetzte der Dämon dem Priester den Leib in dreierlei: erstens, daß, wie er in seinen Leib hineinschlüpfen konnte, nämlich innerhalb der Grenzen der körperlichen Quantität, er so substantiell seinen Kopf besetzte und darin wohnte; zweitens, daß, wie er an seiner Seele äußerlich, durch Verdunkeln des Intellektes, wirken konnte, daß er den Gebrauch der Vernunft verlor, er es auch vermocht hätte, ihn ohne Unterbrechung bezüglich des Verlustes der Vernunft zu beunruhigen, ja, ohne daß man ihn hätte interpellieren können (?); wobei man allerdings sagen darf, daß der Priester infolge eines Geschenkes von Gott die Vergünstigung genoß, daß er vom Dämon nicht ohne Unterbrechung beunruhigt wurde; drittens, daß, wenn er auch aller Glieder und Organe zum Sprechen und zur Bildung von Worten beraubt wurde, er doch immer auf die Worte, wenn auch nicht auf den Sinn der Worte, Obacht hatte.
Diese Art des Besessenmachens unterscheidet sich sehr viel von anderen Arten des Besessenmachens, da man allgemein von den Besessenen liest, daß sie ohne Unterbrechung heimgesucht werden, wie es sich im Evangelium zeigt, sowohl an dem Mondsüchtigen, dessen Vater zu Jesus gesagt hatte: „Herr, erbarme dich meines Sohnes, weil er mondsüchtig ist und schlimm leidet,“ Matthäus XVII, als auch an der Frau, die Satan seit achtzehn Jahren gebunden hatte, und war gebeugt und konnte überhaupt nicht hochsehen, Lukas XIII.
Auf diese Weisen können die Dämonen unzweifelhaft mit göttlicher Zulassung auch auf Drängen der Hexen beunruhigen.
- ↑ Soll heißen Samuelis!