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Der Klingel (Schreiber)

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Textdaten
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Autor: Alois Wilhelm Schreiber
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Titel: Der Klingel
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aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 284–285
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Originalherkunft:
Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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Der Klingel.

Diesen Namen führt eine kleine Kapelle, die hinter Gernsbach am hohen Murgufer steht, wo der Weg auf das Schloß Neu-Eberstein führt. Vor alter Zeit rauschten hier dunkelbemooste Rieseneichen, unter deren weichschattigem Dache eine heidnische Wahrsagerin hauste; als später das Christenthum sich in der Gegend ausbreitete, baute sich an dieser Stelle ein Einsiedler eine Klause und richtete daneben ein großes Kreuz auf. Einmal in tiefer Nacht vernahm er eine wehklagende Stimme. Alsbald zündete er eine Kienfackel an und eilte hinaus. Da sah er unter einem Baume ein junges schönes Weib in einem so fein gewobenen Gewand, daß es ihre Reize nur halb verschleierte. Die langen dunkeln Locken fielen über den blendendweißen Nacken und Busen bis an die Hüften und in der Hand hielt sie einen Stab, in den allerlei Zeichen und Schriftzüge eingekerbt waren. „Die Nacht ist kalt;“ – sagte sie zum Einsiedler – „gewähre mir ein Obdach in deiner Hütte!“ – Der [285] mitleidige Klausner war gern dazu bereit, aber sie weigerte sich, ihm eher zu folgen, als bis er das hölzerne Kreuz neben der Thüre hinweggeschafft hätte. Der Gottesmann erschrack anfangs ob solchen Begehrens, aber die wunderbare Schönheit des Weibes begann sein Herz mit Gluthen zu füllen, und im Kampfe dagegen sprach er leis ein inniges Gebet um Rettung aus der Versuchung und Gefahr. Da erklang auf einmal ein Glöckchen mit hellem Silberschall und im Nu war das verführerische Bild verschwunden. Das Glöcklein tönte noch lange fort und der Einsiedler, der verwundert darnach forschte, fand es an einem Zweige im Gebüsche hinter seiner Klause hängen und sich von selbst bewegen. Er baute sogleich eine Kapelle aus Baumstämmen und Rinden, und hing das Silberglöckchen hinein, dem später viele andächtige Pilger zuströmten. Davon hat die Stelle den Namen „Klingel“ erhalten.

(Aus Al. Schreiber’s „Sagen aus den Rheingegenden etc.“ – Einige Sagen vom „Klingel“ finden sich in Kriegs von Hochfelden „Geschichte der Grafen von Eberstein“ etc. S. 255 u. ff. Wir lassen sie hier in getreuem Abdruck folgen.)