Der Melonenbaum

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Autor: Carus Sterne
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Titel: Der Melonenbaum
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aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 792–794
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1878
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Der Melonenbaum.
Etwas für die Küche der Zukunft.

„Wie weise ist doch die Natur eingerichtet, daß sie keine Kürbisse auf den Bäumen wachsen läßt!“ so ruft in einer bekannten Fabel ein naseweiser Weltverbesserer aus, nachdem ihm während seines Mittagsschläfchens eine Eichel auf die Nase gefallen ist und dieselbe blutig geschlagen hat. Leider hält die Parabel- und Schulweisheit in diesem, wie in so vielen ähnlichen Fällen nicht Stich, denn in der üppigeren Natur der Tropen giebt es genug hohe Bäume, deren Früchte mehr als genügend sind, einen Menschen todtzuschlagen wenn sie ihm auf den Kopf fallen. Wir dürfen nur an die harte, bis zu zwanzig Pfund schwere Sechellennuß erinnern, die man vordem um hohe Preise für die fürstlichen Curiositätencabinete erwarb, indem man fabelte, sie sei die Frucht einer mitten im Weltmeer wachsenden Palme, weil sie nämlich häufig auf demselben schwimmend angetroffen worden war, lange bevor man ihre Heimath kannte. Seit hundert Jahren etwa weiß man, daß der sehr hohe Baum, der diese Riesenfrüchte reift, in der That eine Palme ist, die an den Ufern der Sechelleninseln wächst, sodaß die Früchte leicht in’s Meer rollen und durch die Wellen an ferne Küsten getragen werden konnten. Noch bedenklicher müßte dem Weltverbesserer die als Obst sehr beliebte Frucht des indischen Duriobaumes erscheinen. Dieselbe erreicht die Größe der Cocosnuß und ist so dicht mit starken und scharfen Stacheln besetzt, daß sie beim Abfallen einen unter dem hohen Laubdache lustwandelnden Menschen sehr gefährlich verwunden, ja selbst ihm den Tod bringen könnte.

Aber als ob die Natur in ihrem unerschöpflichen Gestaltenreichthum ausdrücklich jenen salbungsvollen und hohlen Kürbißkopf, der sie zu verbessern trachtete, hätte verspotten wollen, so hat sie wirklich auch einen Baum hervorgebracht, der in der That Kürbisse trägt und den man, weit entfernt, ihm aus dem Wege zu gehen, vielmehr in allen heißen Ländern, wo er gedeiht, eifrig und dicht um die Wohnungen anpflanzt. Es ist der Melonen- oder Papawbaum (Carica Papaya L.), von dem man gewöhnlich angiebt, daß er aus Südamerika stamme, obwohl es, wie bei so vielen Culturpflanzen, nicht so ganz sicher zu sein scheint, ob er nicht schon vor der Entdeckung Amerikas in Indien und Afrika gezogen worden ist. Wir erinnern in dieser Beziehung nur an den Mais, gewisse Tabaksarten, die Banane, Cocospalme etc. In Indien scheint man wenigstens den Melonenbaum schon seit älteren Zeiten als die Personification Wischnu’s zu betrachten und nimmt beim Schwören ein Blatt desselben in die Hand. Es geschieht das wahrscheinlich wegen der ungemein üppigen Lebenskraft dieses Gewächses, welches an Schnelligkeit seines Wachsthums den Pisang, wie auch die dieserhalb „Wunderbaum“ genannte Ricinusstaude unserer Schmuckplätze und Anlagen noch übertrifft.

Auf den eben genannten Wunderbaum, dessen in wärmeren Ländern gewonnenes Erträgniß, das bekannte Ricinusöl, kürzlich unter seinem alttestamentarischen Namen Kiki als wunderbares Cosmeticum („Haaröl der Königin Kleopatra“) empfohlen wurde, haben bekanntlich die Ausleger der Bibel und des Talmud jene andere, biblische Parabel von dem schnell aufschießenden und schnell absterbenden schattigen „Kürbis“ des Propheten Jonas bezogen; sollte aber der Melonenbaum schon im alten Asien angebaut worden sein, so würde er sich als schnell aufschießender Sonnenschirm besser als selbst der Wunderbaum zur Jonas-Parabel geeignet haben. Schon im ersten halben Jahre bildet sein umfangreiches, schöngezacktes Laubdach einen breiten Schirm von Mannshöhe, aber im vierten Jahre kommt in den inzwischen zwanzig Fuß hoch aufgeschossenen Säulenstamm „der Wurm“; er stirbt ebenso schnell, wie er aufgeschossen war, wieder ab.

Wohl mit Recht verglichen wir den Baum mit einem Sonnenschirm, denn der Stamm steigt senkrecht und gewöhnlich ohne alle Seitenäste, wie derjenige einer Palme auf, das die Spitze krönende Laubcapitäl als schlanke Säule immer höher in die blauen Lüfte emporhebend. Diese Wachsthumsart ist um so auffallender, als der Melonenbaum nicht, wie die Palmen, zu den mit einem Samenblatte keimenden Pflanzen (Monokotyledonen) gehört, die, wenn baumartig, in der Regel unverästelt bleiben, sondern zu der größeren Abtheilung der Zweiblattkeimer oder Dikotyledonen, deren baumförmige Arten fast stets eine verästelte Krone bilden. Uebrigens treibt der Melonenbaum nicht selten einen oder einige wenige Nebenäste, die dann aber, ebenso nackt und kahl wie der Hauptstamm, nahezu senkrecht emporstreben und gleich ihm blos am Gipfel eine Rosette langgestielter Blätter tragen. Diese schöngeformten Blätter gleichen im Allgemeinen denen des Wunderbaumes, das heißt, sie zeigen den Umriß einer gespreizten siebenfingerigen Hand, deren Finger wie bei einem Wasservogel durch eine Schwimmhaut halb verbunden sind. Ansehnlich und schön kann diese großblätterige Gipfelkrone nur so lange genannt werden, wie sie der Stamm noch nicht in höhere Regionen emporgetragen hat. Während nämlich die Gipfelknospe immer neue Blätter treibt, fallen die unteren beständig ab, und der von den Narben der abgefallenen Blätter dicht wie die Haut einer Schlange gefleckte oder geschuppte Stamm trägt seinen Blattschirm schließlich so hoch empor, daß er von unten unansehnlich erscheint und das Gewächs einen höchst fremdartigen Anblick darbietet. Die Blätter, wenn auch groß, sind doch nicht mächtig genug, um gleich den Palmenwedeln und -Fächern noch von oben herab majestätisch zu wirken.

Wenn der Melonenbaum die ersten Jugendmonate hinter sich und die Höhe eines Mannes erreicht hat, pflegen in den Blattwinkeln die ersten Blüthen zu erscheinen, und von da ab trägt er meistentheils jahraus jahrein Knospen, Blüthen, reife und unreife Früchte zugleich, und diese Blüthen und Früchte lassen keinen Zweifel darüber, daß der steife, senkrechte Sonderling wirklich in die Verwandtschaft unserer schlingenden, kriechenden und rankenden Gurken, Kürbisse und Melonen gehört. Es sind blaßgelbe Trichterblüthen, wie man sie in dieser Familie so häufig antrifft, meistens getrennten Geschlechtes, doch kommen zwischen denselben auch Zwitterblüthen vor, und daraus entstehen, wie der Leipziger Botaniker Otto Kuntze im vorigen Jahre zuerst beschrieben hat, Früchte von besonderm Geschmacke. Die erst grünen, dann gelben Früchte hängen aus der Blattkrone herunter und umkränzen an deren Grunde, ähnlich den meisten Palmenfrüchten, den Stamm. Dieselben werden bis zu fünfzehn Pfund schwer, stehen in der Form zwischen Melone und Gurke und sind wie diese mit Längsstreifen versehen.

Man schickt, wenn man von den höheren Stämmen Früchte haben will, einen Knaben hinauf, weil das leichte, schwammige Holz des Stammes einen Erwachsenen kaum zu tragen vermöchte, und zwar benutzt man die Früchte sowohl im reifen wie im unreifen Zustande. Die unreifen Früchte werden in Streifen zerschnitten und wie Gurken oder Melonen zum Einmachen gebraucht; die reifen ißt man roh mit Zucker oder mit Salz und Essig. Die auffallende Thatsache, daß der Geschmack der Früchte von einzelnen Reisenden gelobt und von andern verachtet wurde, hat [793] durch Kuntze einen unerwarteten Aufschluß gefunden. Derselbe fand nämlich sowohl in Asien wie in Amerika, daß die ungestielten rein weiblichen Blüthen, welche durch fremden Blumenstaub befruchtet werden, roh eßbar und oft wundervoll von Geschmack sind, während die gestielten Zwitterblüten Früchte reifen, die erst eßbar werden, wenn man durch Kochen den scharfen Saft entfernt; sie geben dann ein ziemlich fades Gemüse. Es ist das eine eigenthümliche Bestätigung jenes in Nr. 3 dieses Jahrg. der „Gartenlaube“ erörterten Gesetzes, daß die Natur durch Kreuzbefruchtung der Gewächse vollkommenere Früchte und Samen erzeugt, als durch Selbstbefruchtung. Die eiförmigen Samen haben einen kräftigen Geschmack, den die Einen dem Kümmel, Andere der Kresse vergleichen, sodaß sie als Gewürze dienen könnten.

Melonenbäume
Aus „Loango“, dem eben erschienenen Werke der Deutschen Loango-Expedition.
(Leipzig, Paul Frohberg)

In Anbetracht der ungewöhnlichen Größe dieser Baummelonen und des unermüdlichen Reifens immer neuer Früchte, ist der Ertrag eines solchen Baumes ein verhältnißmäßig bedeutender, und man begreift daher leicht, daß man ihn mit Vorliebe in Süd- und Mittelamerika bis Mexico, in West- und Ostindien zieht, und daß sich seine Cultur über Aegypten und einen großen Theil Afrikas verbreitet hat. Einer besonderen Pflege bedarf er nicht, schießt vielmehr von selbst in der Nähe der vorhandenen Anpflanzungen auf und beginnt bereits im ersten Jahre Früchte zu reifen. Aber noch in manchen andern Beziehungen erweist sich der Melonenbaum als ein Hausfreund und wahrer Schatz für die Wirtschaft, sodaß ihn die rothen, gelben, braunen und schwarzen Hausfrauen der Tropen schmerzlich entbehren würden. Ich will nicht davon reden, daß die Blätter ein ausgezeichnetes Waschmittel hergeben sollen, denn in jenen Breiten ist die Seife mit ihren Surrogaten nicht mehr ein so hoch geschätztes Gut wie bei uns, aber eine andere Eigenschaft verdient auch unsere höchste Beachtung. – Schon ältere Tropenreisende haben mit großem Erstaunen davon berichtet, daß dieser Baum in fast allen seinen Theilen die unerhörte Eigenschaft besitze, alle Jagdthiere zu verjüngen, nämlich ihr Fleisch so zart und mürbe zu machen, wie dasjenige ganz junger Thiere. Gewöhnlich schlägt man das Fleisch frisch getödteter Thiere in einige Blätter des Baumes ein, und läßt es eine gewisse Zeit darin liegen, aber nicht zu lange, weil es darin viel schneller als sonst verdirbt, oder man thut es ohne weiteres in den Kochtopf und setzt etwas von dem namentlich in den unreifen Früchten reichlich enthaltenen Milchsaft der Pflanze hinzu; wie die meisten Gurkengewächse enthält nämlich das Gewächs in allen seinen grünen Theilen einen bitteren Milchsaft, der nebenbei die gute Eigenschaft haben soll, die Bandwürmer zu vertreiben, die in manchen heißen Gegenden viel schlimmer als bei uns auftreten. Nach der Mittheilung einzelner Reisenden soll es sogar genügen, altes und zähes Wildpret oder Geflügel 24 Stunden in die Blattkrone eines jungen Stammes hineinzuhängen, um es zart und weich zu machen.

Diese anfangs von unseren Sachverständigen mit einem ungläubigen Lächeln aufgenommenen Nachrichten haben in der Neuzeit mehrere Naturforscher und Aerzte, wie z. B. die Doctoren Holder und Roy, zu Versuchen veranlaßt, durch welche dieselben vollständig bestätigt werden. In jüngster Zeit ist eine solche Untersuchung durch Dr. Wittmack in Berlin wiederholt worden, über welche wir im Nachstehenden ausführlicher berichten wollen. Derselbe hatte sich aus Gewächshäusern Blätter und unreife Früchte des Melonenbaumes verschafft, mit denen folgende Versuche angestellt wurden. Ein Stück frisches Fleisch, welches 24 Stunden bei 15 Grad Wärme in einem Papaya-Blatte eingewickelt gelegen hatte, wurde mit einem gleichen, von demselben Thiere herrührenden Fleischstücke, welches ebenso lange blos in Papier eingewickelt gewesen war, gekocht und erwies sich bald als völlig mürbe, während das zur Gegenprobe dienende Stück noch ganz hart war. Damit war die Richtigkeit der von den Reisenden gemachten Angaben festgestellt.

Dr. Wittmack verdünnte ferner einen Theil des aus der unreifen Frucht erhaltenen Milchsaftes mit mehr als der zwanzigfachen Menge Wasser und kochte darin ein kleines Stück ganz frischen, mageren Fleisches fünf Minuten lang. Es zerfiel dabei gänzlich in lauter gröbere Fetzen, während ein zur Gegenprobe in reinem Wasser gekochtes Stück desselben Fleisches immer härter wurde. Zehn Gramm hartgekochtes Eiweiß, bei zwanzig Grad Wärme mit dem stark verdünnten Milchsafte aufgestellt, war nach vierundzwanzig Stunden durchsichtig geworden und am vierten Tage beinahe völlig aufgelöst. Weizenstärke, in ähnlicher Weise mit dem verdünntem Milchsafte behandelt, blieb unverändert. Aus diesem Versuchen zieht Dr. Wittmack den Schluß, daß der Milchsaft des Melonenbaumes ein Ferment enthält, welches, [794] ähnlich dem im thierischen Magen enthaltenen Pepsin, sehr energisch lösend auf stickstoffhaltige Stoffe einwirkt. Es unterscheidet sich aber von dem thierischen Verdauungsstoffe, außer durch sein Verhalten gegen einzelne Chemikalien dadurch, daß es ohne Zusatz von freier Säure – die indessen möglicher Weise in geringer Menge im frischen Milchsafte enthalten sein mag –, ferner selbst bei höheren Temperaturen (60 bis 65° C.) und dann in viel kürzerer Zeit wirkt. Gleich dem Pepsin bewirken unwägbare Theilchen des Milchsaftes das Gerinnen verhältnißmäßig großer Mengen Milch ohne Sauerwerden.

Ganz ähnliche Ergebnisse hatte früher Dr. C. Roy auch mit eingetrocknetem Milchsafte des Melonenbaumes, den er geschickt bekam, erzielt: gehacktes Fleisch wurde fast vollständig verflüssigt, und zwar in der Wärme schneller, in der Kälte etwas langsamer. Unter dem Mikroskope erschienen dann die Fibern des Fleisches völlig von einander gelöst und der Brei wimmelte von Vibrionen (?). Da der eingetrocknete Saft dieselbe auflösende Wirkung auch auf Eiweiß und Knorpelgewebe ausübte, so meinte Dr. Roy, man würde diesen eingedickten Pflanzensaft als ein Beförderungsmittel träger Verdauung und als Hülfsmittel der Kochkunst auch im Abendlande nützlich verwenden können, und empfahl dessen Gewinnung und Herstellung als Handelsproduct im Großen.

In der That wäre das eine schöne Sache; es würde besonders von den älteren Familienmitgliedern mit Entzücken begrüßt werden, wenn man kein hartes Fleisch mehr zu essen brauchte und das Wildpret, ohne es hängen zu lassen, bis es halb verdorben ist, sogleich genießen könnte. Magenleidende würden glücklich sein, statt des Pepsins, dessen Bereitung und Ursprung immer unangenehm bleibt, einen Pflanzenstoff zu erhalten, dem keine die empfindlicheren Mägen zu gewaltsamen Bewegungen zwingende Nebengedanken ankleben. Die Kranken könnten vielleicht ohne Furcht vor Bandwürmern gehacktes Rindfleisch essen, welches mit diesem Safte vorher vermischt würde; denn sollte das Fleisch Eingeweidewürmer enthalten, so werden sie wahrscheinlich mit verdaut, da der Melonenbaumsaft Alles auflöst, was Fleisch und Eiweißstoff enthält. Natürlich müßten die Aerzte noch vorher feststellen, ob der Saft auch wirklich an sich und nach jeder Richtung unschädlich ist und keine unangenehmen Nebenwirkungen hat.

Ueberhaupt bleiben dem Naturforscher noch manche Räthsel am Melonenbaum zu lösen. Zunächst muß man, wenn schon das Einschlagen des Fleisches in die Blätter oder gar das Aufhängen des Wildprets in der Blattkrone bewunderungswürdige Resultate erzielt, fragen, ob denn dieses Ferment am Ende gar flüchtig ist, was ein bis jetzt unerhörter Fall wäre. Eine andere nicht weniger fesselnde Frage wäre, wozu denn der Pflanze dieser in allen grünen Theilen enthaltene Verdauungsstoff nützt, ob er ihr vielleicht auch wie den Thieren zur weiteren Verarbeitung aufgenommener Nahrungstheile dient? In dem Artikel über die fleischfressenden Pflanzen („Gartenlaube“ 1875, Seite 169) wurde bereits erwähnt, daß die von den Blättern derselben ausgesonderten Flüssigkeiten einen solchen pepsinartigen Stoff enthalten, der die nahrhaften Theile der gefangenen Insecten auflöst. Diese damals noch halb und halb als Vermuthung ausgesprochene Thatsache ist seitdem von den berühmten Chemikern von Gorup-Besanez und H. Will durch den Versuch bestätigt worden, und der Erstgenannte hat außerdem beobachtet, daß auch in den keimenden Pflanzensamen ähnliche Fermente auftreten, welche den Eiweißstoff derselben in lösliche Verbindungen, sogenannte Peptone, überführen. Das Auffallende beim Melonenbaum ist also nur das fortdauernde und massenhafte Auftreten dieser Verdauungsfermente. Sollte derselbe demnach eine andere Ernährungsweise als die Mehrzahl der Pflanzen aufweisen? Man wird beinahe auf solche Vermuthungen gebracht, wenn man die Eigenthümlichkeiten einer andern Art des Melonenbaumes (Carica digitata), die auf der Landenge von Panama zu Hause ist, betrachtet. Moleschott hat schon darauf aufmerksam gemacht, daß die Gerüche der Pflanzen den Auswurfstoffen der Thiere zu vergleichen seien. Jener mittelamerikanische Melonenbaum sondert nun, besonders wenn er blüht, Gerüche ab, die auf’s Täuschendste denen der vollendeten thierischen Verdauung und Ausscheidung gleichen, sodaß man in seiner Nähe leicht Uebelkeiten empfindet und ihm überall aus dem Wege geht. Diese Nebenbemerkung soll uns aber nicht den Appetit an dem Safte seines Verwandten im Voraus verderben, denn erstens haben jene Ausdünstungen wahrscheinlich nur den Zweck, gewisse die Befruchtung vermittelnde Insecten anzulocken, zweitens besitzt der in Aussicht genommene Wohlthäter alter und kranker Personen solche Ausdünstungen nicht, und drittens, wenn er sie besäße, würde es auch nicht schaden. Die oben erwähnte Durio-Frucht duftet – wenn man diesen zarten Ausdruck hier anwenden darf – ähnlich und gilt doch als das köstlichste Obst Indiens.

C. St.