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Der Pelikan und die Pelikanjagd

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: A. F.
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Titel: Der Pelikan und die Pelikanjagd
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 360–361, 371–372
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Zerstörung des Lebensraums des Pelikans im Neretva-Delta (Dalmatien) und die Jagd auf ihn
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[360]

Pelikane am Strand.
Nach einer Originalzeichnung von K. Ahrendts.

[361]

Pelikanjagd.
Nach einer Originalzeichnung von F. Schlegel.

[371] Der Pelikan und die Pelikanjagd. (Zu den Bildern S. 360 u. 361.) Der gemeine Pelikan bewohnt vorzugsweise Nordafrika, ist in Egypten und auf dem Roten Meere in solchen Massen vorhanden, daß das Auge oft nicht imstande ist, die Scharen zu überblicken, findet sich aber auch schon häufig in Südungarn und Griechenland, in sehr großer Anzahl am Schwarzen Meere. Oft verfliegen sich Exemplare nach Deutschland, wie z. B. vor einer Reihe von Jahren eine Herde von 130 Stück am Bodensee erschien. Wie alle Scharben maßlos gefräßig, ist der große Vogel in kultivierten Ländern der Fischzucht so schädlich, daß er verfolgt werden muß; dem Reichtume der Meere, des Nils und der afrikanischen Seen freilich thun auch die Pelikane keinen Abbruch.

Ihre Fischzüge betreiben die verständigen, unter sich sehr verträglichen Vögel nach einer ganz bestimmten Ordnung. Sie können nicht tauchen, sondern müssen von der Oberfläche des Wassers aus fischen. Deshalb sind sie gezwungen, ihre Nahrung in ziemlich seichtem Wasser – süßem oder salzigem – zu suchen. Um ihr Jagdgebiet möglichst auszubeuten, verteilen sie sich in der Form eines weiten Halbmondes und schwimmen dann gegen das Ufer zu, den eingeschlossenen Wasserraum buchstäblich ausfischend.

Die Morgenstunden sowie den Nachmittag benutzen sie zu dieser Jagd. Die Mittagsstunden sind der Verdauung gewidmet und dem Putzen des Gefieders. Das „Mittagsschläfchen“ hält jeder Vogel in der ihm bequemsten Stellung ab, wodurch ein außerordentlich bizarres Bild entsteht. Sehr gerne schlafen sie auf Bäumen, viele lieben es aber auch, sich platt auf den Bauch zu legen, wieder andere schlafen auf einem Beine stehend, wie man dies bei den Gänsen häufig sieht.

Für den Ornithologen ist das sumpfige Delta, welches die Narénta in Dalmatien vor ihrem Ausfluß ins Adriatische Meer bildet, ein wahres Paradies, überreich an allerlei Wassergeflügel und so auch an Pelikanen. In neuester Zeit freilich werden diese „glücklichen Jagdgründe“ inmitten eines Kulturlandes mehr und mehr beschränkt, da die österreichische Regierung jetzt die Entsumpfung des Naréntathales und die Regulierung des unteren Laufes der Narénta ausführt. Die Pelikanjagd ist nun aber ein sehr mühseliges und oft erfolgloses Beginnen, wie ich aus den Erzählungen eines befreundeten Naturforschers entnehme, der einmal dort zu jagen Gelegenheit hatte.

In den mächtigen Sümpfen hatten sich die Pelikane zu ihrer Brutansiedlung Stellen ausgewählt, die jeder Möglichkeit, bis zu ihnen durchzudringen, zu trotzen schienen. Mehrmals wurde der Versuch gemacht, mit Kähnen in Schußnähe zu kommen. Allein die Klugheit der Vögel spottete jeder menschlichen List. Wohl sah man überall die prachtvoll weißen Geschöpfe mit einer Leichtigkeit, als wären es Spielzeuge aus Kork, auf dem Wasserspiegel dahinschwimmen, aber dem Boote wichen sie mit der größten Sorgfalt aus.

Nach einem Tage vergeblicher Anstrengung wurde beschlossen, dennoch auf eine der Inseln, wo die Niederlassungen der Pelikane waren, vorzudringen. Die Schwierigkeiten dieses Ausfluges müssen grenzenlos gewesen sein. Nur durch ein Meer von scharfem schneidenden Schilf und Rohr konnten sich die Jäger den Weg bahnen, durch und über höchst bedenkliche Sumpfstellen mußte der Marsch gewagt werden. Ein gräßlicher verpestender Gestank, hervorgerufen durch den die ganze Insel düngenden Unrat der Vögel und unzählige faulende Fische, erhöhte die Unannehmlichkeiten. Die ärgste Qual aber wurde durch Tausende und Abertausende von Stechmücken bereitet. Endlich lohnte der Erfolg.

Eine Reihe feuchter, aus Rohr und Schilf zusammengetretener Nester mit reicher Eierausbeute bot sich den kühnen Eindringlingen, und fast vor den Füßen der Jäger erst konnten sich die getreuen Mütter zum Abfliegen entschließen. Der Pelikan fliegt wahrhaft schön. Den Hals Sförmig gebogen, schwebt er gleitend einige Meter weit dahin und schraubt sich dann kreisend in höhere Luftschichten empor. Wohl durch das dichte Luftpolster, welches unter der Haut des Vogels liegt und die wunderbare Leichtigkeit seines Schwimmens bedingt, ist fast jede Verwundung durch Schußwaffen von sofortiger verheerender und tödlicher Wirkung. Auch mein Freund schildert lebhaft den überraschenden Eindruck seines ersten Schusses: „Der Pelikan zuckte zusammen; die Flügel wurden sofort schlaff, er sauste nieder und stürzte klatschend auf die Wasserfläche. Obwohl ihn mein vorzüglicher Wasserhund fast augenblicklich apportierte, war der große Vogel schon ohne jedes Lebenszeichen, als ich ihn erhielt.“

„Und dennoch“, meinte mein Freund, „so erfolgreich unsere Jagd [372] auch war, lieber, viel lieber noch hätte ich tagelang Beobachtungen in dieser so jäh und grausam gestörten Pelikan-Kolonie gesammelt, trotz der Mücken und inmitten des greulichen Geruches.“ A. F.