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Der St. Catharinen-Thurm und eine Prophezeiung

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Textdaten
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Autor: Otto Beneke
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Titel: Der St. Catharinen-Thurm und eine Prophezeiung
Untertitel:
aus: Hamburgische Geschichten und Sagen, S. 266–267
Herausgeber:
Auflage: 2. unveränderte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Perthes-Besser & Mauke
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Erscheinungsort: Hamburg
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Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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[266]
87. Der St. Catharinen-Thurm und eine Prophezeiung.
(1603.)

Im Jahre 1603 geschahe es, daß der neue St. Catharinen-Kirchthurm, welcher durch die Zimmermeister Joachim Behn und Joachim Rustmann in drei Jahren, vom Mauerwerk an bis zum Kreuz und Wetterhahn neu erbauet worden war, fertig und mit unterschiedlichen Feierlichkeiten eingeweihet wurde. Da nun grade zu dieser Zeit, als oben gemeldet, König Christian IV. zu Hamburg sich aufhielt, so gefiel es Demselbigen, den neuen Thurm in Augenschein zu nehmen, wobei er von E. E. Raths Deputirten, den Kirchgeschworenen als Bauherren, auch von Etlichen aus dem Mittel Reverendi Ministerii geleitet und in dem Kirchensaale mit einem Ehrentrunke reguliret worden ist. Als nun Se. Majestät Alles wohl besichtiget, auch sein Vergnügen über den schönen Bau sattsam erkläret hat, da ist den umherstehenden Bauleuten die Lust angekommen, dem Könige eine Reverenz zu erzeigen; und einer von ihnen, ein eisgrauer Altgesell, hat das Wort geführt und dem Könige viel Schönes und Gutes gewünscht, auch die gute Stadt Hamburg seiner Gunst befohlen, und sodann, gleichwie mit prophetischem Geiste, gewahrsagt: der König werde so lange leben, als dieser neuerbaute Thurm stehe. Worüber denn königliche Majestät gelächelt und geäußert: „Der Mann meint’s doch gar zu gut mit Uns!“ Hat sich aber freundlich für den schönen Wunsch bedanket und allen Werkleuten ein treffliches Biergeld verabreichen lassen, worauf er unter deren Jubelgeschrei und Gejauchze, geleitet wie er gekommen, den Thurm wieder verlassen. Ist aber nach Gottes Willen dieser Wunsch oder Spruch des alten frommen Gesellen zur wahrhaftigen Weissagung geworden; [267] denn wider aller Menschen Vermuthen hat es sich begeben, daß dieser neue feste Thurm, der für Jahrhunderte erbauet schien, schon 45 Jahre darnach, nämlich am 15. Februar 1648 Morgens 3 Uhr, in einem ganz erschrecklichen Sturm und Ungewitter unter Blitzen und Donnerkrachen, vom Mauerwerk herabgerissen, zusammengestürzet und zur Erde geworfen worden ist; und kaum 14 Tage darnach, am 28. Februar 1648 ist in der Hofburg zu Kopenhagen der König von Dänemark, Christianus IV., sanft und selig in Gott entschlafen nach 71 Lebens- und 52 Regierungs-Jahren.

Einige sagen, nicht der Altgesell habe diese Wahrsagung gethan, sondern der König selbst habe beim Anblick des Thurmes dessen Dauer nach seines eigenen Lebens Länge gemessen, was Jedermänniglich gar curios und fremd vorgekommen, sintemal darinnen die Meinung zu finden, entweder daß der feste Thurm gar kurze Zeit stehen, oder daß sein Menschenleben nach Methusalem’s und anderer Erzväter Weise gar übernatürlich lang währen werde, welches Beides gleich unmuthmaaßlich. Sei aber der Prophet gewesen, wer er wolle, König oder Altgesell, eingetroffen ist die Prophezeiung jedenfalls.

Anmerkungen

[385] Handschriftliche Chronik. Auch Herrn Pastor Wendt’s kleine Schrift über den St. Catharinen-Thurm S. 14.