König Christian IV. in Hamburg
Im Herbste 1603 erging an den Rath eine Ansagung Königs Christian IV. von Dänemark, daß er gesonnen sei, nach Hamburg zu ziehen, um die Erbhuldigung entgegenzunehmen. Denn wie weiland die Deutschen Könige ihren Römerzug zu machen pflegten, um die Kaiserkrone sich aus der Stadt Rom zu holen, wiewohl oftmals nicht zu ihrem und des Reichs Heil, – also hatten es die Dänischen Könige Oldenburgischen Stammes im Brauch, als Herzoge von Holstein nach Hamburg zu ziehen, um dieser guten Stadt Erb-Huldigung zu begehren, zu welcher sie jedoch mit Nichten verpflichtet war. Darum machte es auch diesmal der Rath wie allemal, schrieb wieder, es werde der Stadt eine Ehre sein [256] den Herrn König zu sehen, falls Derselbe belieben wolle, zwar keine Erbhuldigung, jedoch eine biedere Freundschafts-Versicherung, nach Art der Vorfahren, entgegenzunehmen.
Der König ließ sich die Sache gefallen, schickte auch seinen Statthalter Gerd Rantzau und seinen Canzler Christoph Vultejus nach Hamburg, welche in Gemeinschaft der Holsteinischen Räthe Clemens Gadendorf und Nicolaus Junge, Canzler, alles Erforderliche mit dem Senate vorher besprachen. Uebrigens bestimmte der König den 28. October als Tag seines feierlichen Einzuges. Und da er ein Liebhaber von sinnreichen Lustbarkeiten war, so traf er Anstalten, seine Anwesenheit in Hamburg durch allerlei Spiele und Aufzüge zu verherrlichen, weshalb er auch seine Verwandten und Freunde unter den Deutschen Reichsfürsten nach Hamburg einlud, nämlich, außer seinem Bruder Ulrich und den Vettern von Holstein, auch seinen Schwiegervater den Kurfürsten von Brandenburg, und seine Schwestermänner: den Kurfürsten von Sachsen und den Herzog Heinrich Julius von Braunschweig; diese aber, obschon sie anfangs zugesagt hatten und sich sehr auf die guten Tage in Hamburg freuten, konnten zuletzt doch nicht kommen, man sagt, weil des Kaisers Majestät es ihnen übel vermerkt haben würde. Doch sandten sie ihre Gemahlinnen, des Königs Schwestern, zu solcher Zusammenkunft.
Am 28 October fand der feierliche Einzug in Hamburg statt; 19 Fähnlein wohlbewaffneter Bürger im blanken Harnisch hatten das Steinthor und die Straßen in der Nähe besetzt, auf den Wällen stand die besoldete Soldateska, ungemein zahlreich, denn der Rath hatte zu mehrerer Sicherheit und Aufrechthaltung guter Ordnung noch 600 Mann versuchter Musketiere angeworben. Die Rathsherren Eberhard Esich und Hieronymus Vogler hielten hoch zu Roß in silberhellen glänzenden [257] Harnischen vor dem Steinthore, die Majestäten würdig zu empfangen und zu beneventiren; während dies in wohlgesetzter Rede geschah, donnerte von den Wällen alles grobe Geschütz, und ringsum ging dem Könige zu Ehren ein so tapferes Freudenschießen los, daß er daran wohl merken konnte, was es mit der Stadt und Festung Hamburg auf sich habe.
So kam der Zug in die Stadt, voran ritten 24 Trompeter und 4 Heerpauker in Roth und Gold gekleidet, die schmetterten und trommelten, daß es Art hatten; dann kamen Leibtrabanten, sodann ritten der König und der Herzog Johann Adolf von Holstein zwischen unsern Rathsherren, darauf fuhr in prächtig vergoldeter Carosse die Königin Anna Catharina, geborene Prinzessin von Brandenburg; Herzog Ulrich von Schleswig, des Königs Bruder, ritt zur Seite des Wagens. Dann folgten andre große Herren, Ritter und Räthe, worauf wieder Leibtrabanten und Reiter-Geschwader kamen. Es waren an 1500 Pferde zusammen. Der Leibtrabanten waren 100 Mann, die waren prächtig in Sammet gekleidet, roth und gelb. Auch 300 Mann Dithmarscher waren dabei, die trugen lange Musketen und blaue Mäntel. Die Reiter waren auf gut Alt-Braunschweigisch gekleidet, trugen lange hohe Stiefel, Lederhosen und Reitröcke, und waren mit silbernen Dolchen zierlich geschmückt.
Der Zug ging dann nach der großen Reichenstraße, woselbst in Matthias Meyer’s, eines reichen Bürgers großem Hause, die Majestäten ihr Quartier nahmen. Noch selbigen Tages trafen eine Menge andrer fürstlicher Gäste ein, insgesammt Vettern oder Verschwägerte des Königs, außer seinen Schwestern Hedwig, Kurfürstin von Sachsen, und der Herzogin von Braunschweig mit ihrem jungen Prinzen Friedrich Ulrich und zweien Töchterchen; nämlich noch drei Herzoge zu Sonderburg, Alexander, Friedrich und Albrecht; dann sechs Brüder, Herzoge [258] von Lüneburg-Celle, nämlich der regierende, Ernst, dann August, ein Dänischer Feld-Obrister, sowie George, Friedrich, Hans und Magnus. Sodann der Erzbischof von Bremen Johann Friedrich, ein geborener Herzog von Holstein-Gottorp. Imgleichen auch der Graf Anton Günter von Oldenburg-Delmenhorst, und die Grafen Enno und Gustavus von Ostfriesland, letzterer nebst Gemahlin; auch zwei junge Mecklenburgische Prinzen, Adolf Friedrich und Johann Albrecht. Schließlich traf noch ein seltener Gast in Hamburg ein: ein Moskovitischer Fürst, des Czaren Großkanzler, der als Ambassadeur nach Deutschland kam. Sein Name scheint etwas schwierig zu behalten gewesen zu sein, denn wie er in der Chronik geschrieben steht, „Altinassa,“ wird er wohl kaum gelautet haben.
Alle diese Herrschaften wurden bestens einlogirt in guter Bürger Häuser; und Raths-Deputirte sorgten dafür, daß Alles sich fügte und schickte und Jeder sein Recht bekam. Auch die Kriegsleute, Reiter, Wagen und Pferde wurden untergebracht, hie und da; allein in den Ziegelhütten beim Teyelfelde in der Neustadt fanden die Wagen und 1100 Pferde Platz. Daselbst wurde auch in den folgenden Tagen der ganze Troß der Knechte, Kutscher und sonstiges Gesinde gespeiset und getränkt.
Am Sonnabend, den 29. October, besahen die Herrschaften die Stadt und ihre Gelegenheit, gaben auch freundwillige Audienz Jedem, der darum anhielt. Uebrigens wurden die Rennbahnen und sonstigen Vorrichtungen für die Turniere und Festspiele auf dem Hopfen- und Pferdemarkt fertig gemacht. Die eine Rennbahn sollte fürs Ringelrennen und Carussel dienen; die andere, um darauf über Pallinen oder Planken zu turnieren; beide waren mit Sand erhöht und rings von Schranken umgeben. Auf dem Pferdemarkt war [259] das sogenannte Indicir-Häuslein, wo die Kampfrichter sitzen sollten, von Holz gar zierlich erbaut. Sieben Säulen waren dabei angebracht, darauf gar schöne Puppen, die sieben Tugenden, von Holz geschnitzt und sauber vermalt, recht artig anzusehen waren.
Am Sonntag, den 30. October, sind die königlichen Majestäten und fürstlichen Hoheiten sammt allen Räthen, Rittern und Hofleuten in Begleitung der rothen Leibtrabanten nach St. Petri-Kirche geritten, woselbst E. E. Rath, E. Oberalten und die vornehmsten Bürger in Staatsröcken sich auch eingefunden. Die Kirche war von Grund aus renoviret und gezieret, und den Herrschaften darin der beste Platz hergerichtet. Eine ganz herrliche Musik von Instrumenten, Zinken und Posaunen, so wie von den Kirchensängern ging der Fest-Predigt vorauf, welche Herr Pastor M. Johannes Schellhammer mit großer Salbung zu allgemeiner Erbauung hielt.
Darauf sind der König nebst seinem Vetter Herzog Johann Adolf von Holstein und zwölf beiderseitigen Kanzlern, Räthen und Rittern nach dem Rathhause geritten, woselbst Senatus cum Syndicis et Secretariis, nebst den hundert Bürgern, welche die Bürgerschaft vertraten, bereits versammelt waren. In der großen Halle nahmen die zwei Fürsten den obersten Platz ein, hinter ihnen standen ihre Räthe und Ritter, nämlich: der Statthalter Gerd Rantzau, die Amtmänner Hans Rantzau zu Rendsburg, Benedix von Ahlefeld zu Steinburg, Claus von Ahlefeld zu Kaden, Baltzer von Ahlefeld zu Flensburg und der Ritter Heinrich Rantzau zu Putlos; diese waren im königlichen Dienste. Sodann die Amtmänner: Dietrich von Blome zu Tondern, Georg von Schestedt zu Steinhorst, Friedrich von Ahlefeld zu Apenrade, Dietrich von Buchwald zu Gottorp und Thomas von Blome zu Trittau, so wie Nicolaus Junge, Canzler; diese waren im herzoglichen Dienste. [260] Gegenüber standen vor dem Rathe die hundert Bürger, der worthaltende Bürgermeister Joachim Beckendorp stand vor den Rathsherren.
Die Ceremonie verlief dann üblicher Maaßen, die vom königlichen Canzler im Namen des Königs und des Herzogs geforderte eidliche Erbhuldigung wurde diesseits dankverbindlichst abgelehnt und nicht geleistet, dafür aber die ergebene Freundschafts-Annehmung und -Verpflichtung gegen jenseitige Bestätigung der alten Privilegien und Freiheiten erklärt. Der königliche Canzler sprach Hochdeutsch, der Hamburger Bürgermeister redete „auf gut Niedersächsisch,“ d. h. Plattdeutsch. Worauf der König selbst für sich und Herzog Johann Adolf gesprochen hat. Darnach haben König und Herzog sich mit Bürgermeistern, Rathmannen und hundert Bürgern die Hände gereicht und also ihr gegenseitiges Verbündniß mit „handgegebener Treue“ befestigt, worauf die neue Confirmation der alten Privilegien in originali ist überreichet worden.
Hierauf sind die Herrschaften in ihre Logiamenter zurückgeritten. Bei Sr. Majestät ist ein kostbar Banquet angestellt, wobei sämmtliche Fürstlichkeiten und die Vornehmsten vom Adel nebst „dem löblichen Frauenzimmer“ herrlich tractirt und mit allerhand fürstlicher Lust sind ergötzet worden. Während solcher Zeit haben königliche Trompeter und Herolde die auf den folgenden Tag angesetzten Turniere und Aufzüge verkündigt und ausgerufen, auch die Ordnung der Spiele an das Judicir-Haus affigirt und sonst notificirt.
Montag, den 31. October, früh 9 Uhr, begannen die Spiele auf dem Pferdemarkt mit einem schönen Spectakel, von des Königs eigner Invention, sehr anmuthig anzusehen. Von St. Gertruds-Capelle her (allwo der König seine Rüstkammer gehabt) bewegte sich ein seltsamer Zug. Auf einem [261] 16 Fuß hohen Wagen saß zwischen zwei Löwen auf einem vergüldeten Sessel der König selbst, in Gestalt des Sonnengottes, in fleischfarbigvermalten Atlas gekleidet, als ob er nackigt sei; güldene Strahlen hingen Ihro Majestät ums Angesicht, einen Loberrkranz trugen Dieselben im Haare, und einen güldenen Scepter senkten sie grüßend, als sie bei dero Gemahlin, dem übrigen fürstlichen Frauenzimmer und bei dem Judicir-Hause vorüberfuhren. Unter dem hohen Wagen gingen, von Teppichen verdeckt, die königlichen Musikanten, die mit ihren Instrumenten eine äußerst feine und liebliche Musik machten. Diesem Wagen folgte eine Jungfrau, in ihrer einen Hand trug sie ein Herz, darauf saß ein Täublein, in der andern Hand hielt sie eine große Perle. Dann kam des Königs Bruder, Herzog Ulrich von Schleswig (der Bischof von Schwerin), von St. Nicolai-Kirchhof herangezogen. Mit dem Siegeskranz im Haare stand er, zwischen zween gebundenen Heidenfürsten, als der große Alexander von Macedonien hinten auf einem Triumph-Wagen, den drei Schimmel mit Hirschköpfen und Geweihen zogen, welche ein Riese vorne lenkte. In der Mitte lag die Erdkugel unter Wehren und Waffen; Trompeten, Pauken und Trommeln darum herum; die vier Fahnen von Europa, Asia, Africa und America wehten von den Seiten hernieder. Dann folgte noch einiger lustiger Mummenschanz; Marquard von Pentz, der Segeberger Amtmann, kam als ein Bauer mit Pflug und Dudelsack; andere Herren, als Polacken, Moskoviter, Ungarn, Türken, Mohren u. s. w.
Sehr nachdenklich (und ebenfalls von des Königs Erfindung) war noch ein Aufzug auf fünf Wagen: allerhand Bilder und Figuren, auch lebendige Menschen in vielerlei Costum mit merkwürdigen Symbolen und Allegorien, welche allesammt ihre absonderliche Bedeutung gehabt haben und eine rührende [262] Vorstellung der Tugenden wie der Laster gewesen sind; item, daß der Menschen Leben nichts anders sei, als eitel Sorge, Plage, Armuth, Krieg, Verfolgung, Haß, Krankheit und Noth, bis endlich der Tod Alles gut mache, so Seneca kürzlich zusammenfasset „omnis vita supplicium est, mare inquietum, mors portus,“ – oder wie viel später ein gottseliger Monarch in seinem Testamente dies noch besser ausgedrückt hat: „meine Zeit in Unruhe, meine Hoffnung in Gott.“
Hernach war waidlich Ringelrennen, Carussel-Reiten, Lanzenstechen und Turnieren auf der Bahn, darin sich die Prinzen, Grafen, Ritter und Junker versuchten; die Bürger und alle Leute aus dem Volk hatten ihre Freude und Verwunderung daran, denn Solches war von ihnen noch niemals gesehen.
Dingstag, am 1. November, wurde wiederum gespielt und turniert. Der König kam in demselben Aufzug angefahren, weil alle Welt ihn gern noch einmal bewundern wollte. Marquard Pentz hatte aber ein neues lustiges Stücklein erdacht, er kam in einer vierthürmigen Burg, die war von Pappe ganz natürlich gemacht, wenn schon lange nicht so groß als eine wirkliche; als man dies nun erstaunt, da geht aus allen Ecken des Schlößleins urplötzlich ein Feuerwerk los, das knallet und prasselt und sprüht umher zum Entsetzen des Frauenzimmers, das darüber laut zu schreien beginnt; worauf schließlich die ganze kleine Burg in Flammen aufbrennt; inmitten des dichten Feuerregens stand Herr Marquard Pentz mit gezogenem Schwert, das schwang er sich in schnellen Schlägen und Wirbeln um den Kopf, um sich gegen die Funken zu schirmen, was ausnehmend schön anzusehen war. An diesen beiden Tagen hatte der König beim Ringelrennen 232 Ritte gemacht, das Ringlein 175 Mal glücklich herausgestochen und 33 Gewinne gewonnen. In der Nacht darauf wurde das Judicir-Haus [263] vom Pferdemarkt weggenommen und am Hopfenmarkt wieder aufgestellt, was sonder einen Schaden der schönen Puppen auf den Säulen ablief.
Am Mittwoch, den 2. November, hat der König in seinem Quartier dem Rathe der Stadt ein Ehren-Banquet gegeben und unsere Herren herrlich tractiret. Nach der Mahlzeit fand noch eine seltene Ceremonie statt, so in Hamburg vielleicht einzig ist: es wurde ein Capitel des Elephanten-Ordens gehalten und das blaue Band dieses hohen Ehrenschmuckes an vier Ritter verliehen: an des Königs Bruder, Herzog Ulrich; an den Bremischen Erzbischof Johann Friedrich, Herzog von Gottorp; an den Grafen Anton Günter von Oldenburg, und an den Segeberger Amtmann Marquard Pentz.
Donnerstag, den 3. November, war das letzte Turnier auf dem Hopfenmarkt, wo über Pallinen oder Planken gestochen wurde. Etliche 100 Speere und Lanzen zersplitterten dabei, mehrere vom Adel wurden zu Boden gerannt, darunter Einer, der mußte die Lust mit dem Leben bezahlen, denn er starb bald darauf an den Folgen seines grausamen Sturzes. Das war aber auch der einzige Unglücksfall bei allen diesen Ritterspielen und Festlichkeiten.
Freitag, den 4. November, war die ganze Lust aus. Die Herrschaften verließen Hamburg, hierhin, dorthin. Der König zog um 10 Uhr aus dem Millernthore ab, in derselben Ordnung, wie er acht Tage zuvor eingerückt war; die 18 Compagnien Bürger standen mit fliegenden Fahnen wieder aufmarschirt, auf den Wällen wurden die Kanonen gelöset, daß es krachte, wobei auch eine richtig platzte; und rings um die Stadt ging das schwere Musketen-Gepölder, Alles zu Ehren des Königs Christian IV., der wieder in sein Reich zog.
E. E. Rath und alle Bürger dankten aber Gott, daß Alles so gut abgelaufen war, wie kaum zu hoffen gewesen [264] war. Denn zum Ersten war während dieser acht Tage, nach vorherigem gräulichen Schlacker- und Regenwetter, eine sehr schöne sonnige Witterung eingefallen, die bei den öffentlichen Spielen trefflich zu statten kam. Zum Andern war trotz der erstaunlichen Menge Volks aller Nationen, Menschen und Vieh, dennoch Platz für all die vielen Fremden und Gäste, und genugsamer Proviant vorhanden gewesen, sogar, was schier Wunder nahm, zu wohlfeileren Preisen, als vor- und nachher. Zum Dritten war die öffentliche Ruhe und Ordnung kein einzigs Mal gestört worden, und trotz der vielen möglichen Reibungen mit der fremden Soldateska war der Hamburger Jan Hagel immer friedlich und freundlich geblieben, wozu freilich auch die wohl befriedigte Schaulust und die 600 angeworbenen Musketirer beigetragen haben mögen. Die guten Bürger wußten ohnedies, was sich schickt, wenn man Gäste beherbergt und bewirthet. Aus Vorsicht hatte der Rath auch viele Straßen mit Schlägen und Ketten versehen lassen zum etwanigen schnellen Absperren. Es fiel aber in diesen acht Tagen kein Brand, Frevel, Diebstahl, Raub, Mord, Todtschlag, sogar keine Zänkerei und Prügelei von Belang vor, was fast unglaublich klingt, wenn man’s sagt. Zum Vierten dankten Rath und Bürgerschaft Gott dafür, daß die bewußte Staats-Action auf dem Rathhause wiederum so annehmlich verlaufen war; und endlich zum Schluß auch besonders dafür, daß der ganze Spaß, trotz der vielfachen Veranstaltungen und Ehrenausgaben, dennoch der Kämmereicasse keinen größeren Bedruck machte, als 15,404 [M.][1] 14 [Sch.][2]; indem die Herrschaften sich allermeistens selbst beköstiget hatten.
Matthias Meyer in der großen Reichenstraße, bei dem die Majestäten logirt hatten, bekam für seine Auslagen zur Ausschmückung der Prachtzimmer 142 [M.] Entschädigung von der Kammer, womit er völlig vergnügt war. Er war so [265] ziemlich darauf eingerichtet, Standespersonen zu herbergen, obschon er kein Gastwirth war. Und erst zwei Jahre zuvor, 1601 im Sommer und 1602 im Februar, hatte der kaiserliche Gesandte, Freiherr von Minckwitz, sein Quartier bei ihm gehabt, und in demselben die bekannte Eppendorfer Kohlwurzel für den Kaiser Rudolf II. in Empfang genommen. Aber die Glorie dieses königlichen Besuches ging dem guten Matthias Meyer über alle bisher genossene Ehre seines Hauses. Derselben zum Gedächtniß inventirte er eine seine Poesie, die er mit güldenen Lettern seinem Hause anschreiben ließ, woselbst sie vor 100 Jahren noch zu lesen gewesen ist. Damit Matthias Meyer’s Poesie nicht verloren gehe, wollen wir sie hier abschreiben; sie lautete:
„Als man zählt 16 hundert und 3 Jahr
Und dabei der 8 und 20ste war
Octobers, – König Christian
Der Vierte von Dänemark, und Johan
Adolf Herzog zu Hollestein,
Ritten in Hamburg herein.
Zwei Tage lang herrlich und fein
Rennte man nach Ringelein,
Man schaute da viel dem König zu Ehren,
Dabei waren 18 Fürsten und Herren.
Auf’m Hoppenmarkte am Donnerstag
Ueber dem Balgen manches Speer zerbrach,
Darauf die Herren insgemein
Von hinnen geschieden feyn,
Der König und sein Gemahl
Dazu die Frauenzimmer all.
Hier nun hatten sie ihr Losament,
Bei mir, Matthias Meyer genennt,
Dazumal in meinem Wittwen-Stand
Zum Gedächtniß gesetzt an diese Wand.
Gott wöll fortan Glück und Segen geben
Und uns allensampt das ewige Leben.“
Anmerkungen
[385] Steltzner II. 463. Adelungk 99, und andere Geschichtschreiber. Die meisten der interessanten Details aus einer handschriftlichen Fortsetzung von Tratziger’s Chronik. von Heß, Topographie I. 392, giebt die Inschrift an Matth. Meyer’s Hause.