Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung/Teil 3 Kapitel 3
So zwey Personen in den Ehestandt zusammen treten / und mit einander Kinder zeugen / Stirbet nach dem unwandelbahren Willen des Allmächtigen / ihrer beyden eins / alle Erb und Güter fallen auff den Längst-Lebenden / und ihre sämptliche Kinder. Da sich aber begebe / daß von den Kindern eins oder mehr / es seyn Söhne oder Töchter / todts verfahren wären / davon Kinder / oder auch Kindes-Kinder verhanden: Sollen die zu ihres respective Groß- oder Elter-Vaters und Mutter haereditet mit gelassen werden / jedoch / daß sie nicht in capita, den Kindern gleich / sondern Stammen und Stelle ihrer Eltern und Groß-Eltern Erben / und allein derselben Theil empfangen. So [310] dann auch die Kinder alle in GOtt entschlaffen / und Enckele / oder auch neben denselben Uhrenckele / oder dieselben allein in ungleicher Zahl übrig / succediren die gleicher gestalt ihrem Groß- und Elter-Vater ider Mutter / nicht in Häupter / sondern Stammen.
Wann Kinder durch ihre Eltern mit gewissem Gute außgesteuret / und sie sampt zweyen ihrer nechsten Freunden damit zur Zeit ihrer Eheligung friedlich; können sie ferner mit andern ihren Brüdern und Geschwistern / in Vater- oder Mütterlichen Gütern nicht erben / es sey dann / daß es anders verabschiedet und beredet worden.
Stirbet einem Manne seine Ehe-Fraue / und er mit derselben Kinder gezeuget / die noch im Leben seyn; bleibet der Mann Wittwer / und stehet seinen Dingen recht vor / so mag er nicht genöhtiget werden / bey Leben die Güter mit seinen Kindern zu theilen / jedoch sol er schüldig seyn / denselbigen nothwendige Alimenta, so wol auch / wann es die Zeit und ihre Jahre erforderen / ein billiges Heyrath-Gut und Außsteuer / Gestalt und Gelegenheit der Güter nach / zu geben.
[311]Da aber der Vater anderweit Heyrathen wolte / muß er vor- oder innerhalb vier Wochen / nach dem ehelichen Beylager / mit Vorwissen und Consent zweyer seiner verstorbenen Hauß-Frauen nechsten Freunden / seine Kinder gebührlich abtheilen / dergestalt / daß er denselben entweder ihrer verstorbenen Mutter Brautschatz und angeerbte Güter wieder zukehren / und dieselben nach seinem Todt mit den Kindern anderer Ehe (wann dieselben gleicher gestalt ihrer Mutter Güter voraus genommen) zu seinen Gütern in die Häupter succediren und Erben lassen / oder / vermittelst eines leiblichen Eyds / ein beständig Inventarium aller seiner Güter übergeben / und seinen Kindern erster Ehe den halben Theil / oder da nur ein Kind verhanden / demselben den dritten Theil aller Güter zu gäntzlicher Abtheilung väterlicher und mütterlicher Güter versprechen und geben sol. Jedoch daß der Vater auff den einen oder andern Fall das beste Bette / wie es am Braut-Tage gezieret gestanden / seine Kleider / Linnen und Wüllen / die er getragen oder zu seinem Leibe machen lassen / und was er an Gold und Silber zu seiner Leibes Zierung getragen / dann auch alles / was er seiner verstorbenen Hauß-Frauen / an güldenen Ketten / Ringen / Gürtelen / oder anderer ihres Leibes Zierung / vor und in stehender Ehe gegeben und machen lassen / voraus nehme und behalte. Und was also den Kindern [312] zugetheilet / sol der Vater ihnen / innerhalb Jahres in sein Erb und Eigen / und da er die nicht hat / im Stadt-Rentebuch / oder mit gnugsamen Bürgen versicheren. In Entstehung aber solcher assecuration, sol der Vater auff der nechsten Freunde oder Tutorn Anfürderung / von dem Rath darzu angehalten werden. Und hat der Vater in denen seinen Kindern zugetheileten Gütern die Abnützungs Gerechtigkeit / biß die Kinder achtzehen Jahr vollnkömmlich erreichet / Jedoch ist er dagegen schüldig / die Zeit über seine Kinder nicht allein zu alimentiren und mit Kleidungen zu versorgen: Sondern auch da sie tüchtig zu den studien, Kauffmanschafft oder Handwercken / auff seine Kosten zu halten / Es wäre dann / daß der Vater und der Kinder nechste Freunde sich auff eine kürtzere Zeit / wegen der Abnützung / mit einander vergleichen / oder die Töchter vor Erreichung der achtzehen Jahr verheyratet würde. In denen Gütern aber / welche den Kindern nach Absterben ihrer Mutter / von ihrem Groß-Vater oder Groß-Mutter / oder andern Verwandten anerben / hat der Vater die genießliche Nützung nicht / sondern wird dieselbe den Kindern vorbehalten.
Wann auch der Mann todts verfahren / und seine Ehe-Frau sampt einem oder mehr Kindern / so sie von ihm gedragen / nachlassen würde / so lange [313] dieselbe bleibet unverehliget / und wol Hauß hält / ist sie nicht schüldig mit ihren Kindern zu theilen / jedoch ist sie denselbigen nothwendige alimenta, so wol auch / wann es die Zeit und ihre Jahre erfordern / ein billiges Heyrathgut und Außsteuer / Gestalt und Gelegenheit der Güter nach / zu geben verpflichtet.
Da aber die Wittwe sich anderweit vereheliget / sol sie vor dem Beylager mit ihren Kindern alle Güter (jedoch daß sie das beste Bette / wie es am Braut-Tage gezieret gestanden / ihre Kleider / Linnen und Wullen / so sie getragen und eingebracht / dann auch ihre Leibszierung / als güldene Ketten / Ringe / Gürtele / und alles / so sie in stehender Ehe getragen / und entweder zur Außsteur empfangen und eingebracht / oder von ihrem Ehe-Manne ihr vor- und in wehrendem Ehestande gegeben ist / voraus nehme und behalte) theilen / dergestalt / hat sie zwey oder mehr Kinder im Leben / so wird das Gut in drey gleiche Theile gesetzt / wor von die Mutter den einen / und die Kinder die zwey übrige empfangen; wäre aber nur ein Kind verhanden / das Gut fällt halb an die Mutter / und halb an das Kind. Und soll vorgedachte Theilung / vermöge des durch die Vormünder auffgerichteten Inventarij (welches die Wittwe mit ihrem leiblichen Eyde zu bekräfftigen / und daß ihres Wissens alle ihres seligen [314] Ehemannes Verlassenschafft domahls beschrieben / zu betheuren sol schüldig seyn) und der durch die Vormünde folgends gehaltener / und zur Zeit wann die Wittwe sich anderweit zuverehligen vorhabens / geschlossener Rechnung / geschehen und verrichtet werden.
Haben Mann und Fraue eheliche Kinder zusammen / verstirbet ihrer beyder eins / und der Längst-Lebende die Kinder wegen Väter- und Mütterlicher Güter gebührlich abtheilet / und die außgesagte Güter innerhalb Jahrs / wie in vorgehendem vierdten Articul gedacht / vergewissert; verehliget er sich wieder / und zeuget mehr Kinder / alle seine Güter fallen denselben an / und mügen die abgesonderte mit ihnen nicht erben.
Stirbet einem Manne seine Ehe-Fraue / und sie keine Leibes-Erben / von ihnen beyden gebohren / im Leben verlassen / sollen anfänglich alle Schülde gerechnet / und von dem sammenden Gute abgezogen werden / was dann übrig befunden / davon behält der Mann zwey theile / und gibt den nechsten Freunden seiner gewesenen Frauen den dritten Theil; scheidet auch nach dem Willen Gottes aus diesem Leben der Mann / und keine [315] Kinder / so sie mit einander erzeuget / verläst; die Schülde werden gleicher gestalt von dem vollen gemeinen Gute bezahlet / und was dann mehr in der Erbschafft verhanden / davon empfähet die Frau den halben / und die Freunde ihres verstorbenen Mannes / den andern halben Theil / Es wäre dann in der Eheberedung ein anders beliebet / auff welchen Fall sol / vermöge der auffgerichten Ehezarter die Theilung geschehen / wie droben im andern Theil unter dem XI. Titul / Art. 2. ferner verordnet ist.
So dann auch Leibgeding von Mann und Frauen aus ihren Gütern / auff beyder Leben gekaufft / sollen dieselben nach vorgesetzter Ordnung / andern Gütern gleich / von einander gesetzt und getheilet werden.
Wann der Ehe-Mann / oder die Frau verstirbet / und keine Kinder von ihnen gebohren / im lebende seyn / so hat der Längst-Lebender ein gantz Jahr die Wohmung / auch aus den nachgelassenen Gütern seinen Unterhalt / neben seinem Gesinde / auch nach Gelegenheit und Zustandt der Güter / die Trauer-kleider / es wäre dann anders in den auffgerichteten Ehezärtern beliebet / oder die Erben würden sich mit dem Längstlebenden innerhalb [316] Jahres frist vergleichen / und sollen in vorgedachtem Fall / auff der Erben begehren / oder in Abwesenheit derselben / von Amptswegen / die Güter / nach des einen Absterben / alsbald versiegelt / und gebührlich inventiret werden.
Ein Weib / so ihrem Manne bey seinem Leben untreu geworden / und solcher Unthat gnugsam überzeuget / hat nach Absterben des Mannes aus den Gütern mehr nicht zu fordern / dann was etwann derselbe ihr aus gutem Willen gegeben und verordnet. Da sie aber gäntzlich vorbey gangen / sollen ihr gleichwol zimliche Alimenta gereicht werden.
Wann ein Mensch todts verscheidet / und keine Erben in absteigender Linien verläst / seine Güter fallen Vater und Mutter / da die beyde / oder deren eins im Leben / anheim; so aber keine der Eltern verhanden / seyn Vollbrüder und Geschwistern die nechsten / und theilen ihres Bruders Verlassenschafft in capita oder Häupter / jedoch das Vollschwester und Brüder-kinder mit ihnen in die Stammen erben / und empfangen den Theil / so ihr Vater oder Mutter / da die im Leben geblieben / nehmen sollen. Hat aber der Verstorbene allein Brüder [317] oder Schwester-Kinder / von voller Geburth verlassen; so erben dieselben / auch in gleicher Zahl / gleich mit einander in die Häupter / und nicht in die Stammen. Da auch der Verstorbene einen Ehegenossen verließ / dem sol das jenige / so im 8. Articul dieses Tituls verordnet / gefolgt werden.
Wann Kinder / nach Absterben ihres Vaters / oder Mutter / von Väter- und Mütterlichen Gütern gäntzlich abgetheilet werden / und dann eins von den Kindern stirbet / so fället die Erbschafft nicht auff seinen Vater oder Mutter / sondern seine vollbürtige Brüder und Schwestern; seyn aber die Kinder nur allein von Mütterlichen Gütern abgetheilet / und eins von ihnen stirbet / so erben Vater und vollbürtige Brüder und Schwestern des Verstorbenen Verlassenschafft zu gleichen theilen / jedoch daß vollbürtige Brüder und Schwester-Kinder mit ihnen in die Stammen erben.
Wann keine Eltern / Vollbrüder und Schwestern / oder derselben Kinder / sondern Groß-Vater / oder Groß-Mutter / sampt Halbbrüdern und Schwestern / verhanden / erben die ihres respectivè Enckels oder Geschwistrigen Gut gleich.
[318]Wann der Verstorbene / seinen Bruder oder Schwester / von halber Geburt / und darzu seines Vaters vollbürtigen Bruder / oder Schwester / verläst / so erben Brüder und Schwester von halber Geburt / wie imgleichen deroselben Kinder / die Erbschafft allein / und schiessen die andere jetzt gemeldte Freunde aus.
Hat die Verstorbene Person keinen Erben in ab- oder auffsteigender Linien / imgleichen keinen Bruder / oder Schwester / von beyden / oder einem Bande allein / noch derselben Kinder verlassen; so werden die zu Erben zugelassen / die dem Verstorbenen von Vater oder Mutter / rechter Blutverwandnüß nach / zum nechsten befreundet seyn / welche auch die Erbschafft unter sich in die Häupter theilen / und wird alsdann nicht mehr in acht genommen / ob sie von einem oder zweyen Banden einander befreundet seyn; wie dann auch nach Brüdern und Brüder-kindern / die jenigen / so in weiterem Grad stehen / ferner nicht an ihrer Eltern Stette treten.
Wann aber ein Wäysen-Kind / welches allhie im Wäysen-Hause aufferzogen ist / in seinen unmündigen [319] Jahren verstirbet / so fället alle seine Verlassenschafft / ausserhalb was ihm die Zeit über / so es im Wäysen-Hause gewesen / und hernacher / angeerbet seyn möchte / nicht an seine Blutsfreunde / sondern dem Wäysen-Hause anheim.
Fället Erb / auff dieser Stadt Bürgere und Einwohnere / darinn sie mit Rechte gewäldiget und immittiret seyn / und haben solches Jahr und Tag besessen / käme darnach ein ander aus frembden Landen / der sich im nähren oder gleichen Gradt angebe / wird derselbe bey seinem leiblichen Eyde erhalten / daß er sich / als ihm wissend geworden / daß sein Verwandter gestorben / auff den Weg gemacht; so hindert ihm solches nicht an seinem Rechten / sondern sol die Verwandtnüß / wie Recht bezeugen / und mag das Erbe nochmahls binnen Jahr und Tag / nach dem er den tödtlichen Abgang seines Verwandten erfahren / forderen.
Wasserley Erbgut in dieser Stadt von Bürgern oder Einwohnern verstirbt / auff Leute / die allhie keine Bürger seyn / die sollen alles des also verstorbenen Guts / den zehenden Pfenning dieser Stadt entrichten. Wolte aber der frembde Mann / dem Erbgut [320] in dieser Stadt angefallen / innerhalb Jahres nach beschehener Theilung in dieser Stadt seine Häußliche Wohnung anstellen / und die Zeit seines Lebens mit dem angefallenen Erbgut bewohnen bleiben / und solches gnugsam versichern / der sol den zehenden Pfenning von den / ihm angeerbten Gütern / zu geben nicht verpflichtet seyn.