Zum Inhalt springen

Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung/Teil 3 Kapitel 6

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
««« Teil 3 Kapitel 6 »»»
Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung
von: [[{{{AUTOR}}}]]
Zusammenfassung: {{{ZUSAMMENFASSUNG}}}
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende Seitenzahl zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[325]
TITULVS VI.
Von Vormund- und Pflegschafften.

Nach dem dieser guten Stadt / und gemeinem Besten mercklich und viel daran gelegen / daß die jenige / so in ihrem unverständlichem minderjährigem Alter / duch den zeitlichen Todt ihrer Eltern beraubet werden / mit Vormündern gebührlich versehen / auch von denselben Vormündern ihren untergebenen Pupillen und Pfleg-kindern mit allem getreuem Fleiß und Ernst fürgestanden werde: und aber bey diesem / bißhero nicht wenig Mangel gespüret worden: Als haben Wir so wol aus jetzt erregten Uhrsachen / und Erinnerung unsern Obrigkeit Ampts / als auch in Kraft nähern sieben und siebentzigsten Jahres zu Franckfurt am Mayn / reformirten und verbesserten Policey-Ordnung / diese hernach gesetzte Maß und Ordnung verfasset / welche Wir auch / so viel Uns dieselbe berühren mag hinfüro [326] unverbrüchlich zuvollstrecken / halten und handzuhaben gemeinet seyn.

1.

Und demnach anfänglich / weil in gemeinen Rechten und üblichem Gebrauch / dreyerley Unterschied der Vormünder / so den unmündigen Kindern / biß sie zu ihren Jahren kommen / fürstehen sollen; als nemlich fürs erst: Die Vormünder die in dem Testament oder letzten Willen gesetzt und benennet werden. Die andern / so von Geblüth / die nechste Freunde seyn / und zum dritten / so von der Obrigkeit gegeben werden: So ordnen und wollen wir / daß wo ein Vater seinen hinterlassenen Kindern / durch ein Testament oder letzten Willen / ein oder mehr zu Vormündern verordnen würde / dieselbe für allen andern / zu solcher Vormundschafft gelassen und bestättiget werden sollen.

2.

Da auch die Mutter / oder jemand anders / die Kinder zu ihren Erben einsetzen / und denselben in ihrem Testament Vormünder verordnen würden / sollen dieselben durch uns / Obrigkeit wegen / auff vorgehende Erkündigung / bestättiget werden.

[327]
3.

Und wofern etwa ein Sinnloser / oder Minderjähriger / im Testament zum Vormunde gesetzt oder benennet worden / sol derselbe ehe nicht / dann er wiederumb zu seinem gefunden Verstandt kommen / oder sein vollkommen Alter erreichet / zu der Vormundschafft verstattet / und inmittelst an dessen statt / dem Pupillen ein ander Vormundt oder Curator verordnet werden.

4.

Ferner / wann in des Verstorbenen Testament kein Vormundt verordnet / oder kein Testament oder letzter Wille auffgerichtet ist; so werden nach den Eltern die nechstgesipte Freunde zur Vormundtschafft zugelassen und beruffen.

5.

Ob nun wol eine Mutter / nach Absterben ihres Ehemannes / sich ihrer Kinder Vormundtschafft zu unterfangen / von Rechts wegen nicht gedrungen werden kan / nicht desto weniger / da sie sich deroselben gutwillig unternehmen wolte / sol sie für allen andern Blutsverwandten darzu gelassen und bestättiget werden / doch / daß sie neben der gewöhnlichen Vormundtschafft [328] Pflicht / so hernach gesetzt / und außdrücklicher Verpfändung ihrer Haab und Güter / sich alsbald der andern Ehe / wie imgleichen des beneficii Senatus consulti Vellejani, und anderer weiblichen Freyheiten verzeihe / auch daß ihr zween Vormünder / von jeder Seit / oder nach Gelegenheit der Güter / von jeder Seit einer / aus der Freundschafft / oder in Mangel deroselben / andere düchtige Personen adjungirt, mit deren Rath und Hülff / die Kinder und ihre Güter beschützt / vertreten / verwaltet und versorget werden / und sie sampt den Adjuncten Jährlichen / oder so offt man es begehret / ihrer Verwaltung halben Anzeig und richtige Rechnung thu. Würde aber die Mutter sich wiederümb verheyrathen: Soll sie die Vormundschafft ihrer Kinder / auff vorgehende Schluß-Rechnung / den andern mit Vormündern abtreten / und denselben die Güter einantworten / und im Fall sie / ehe dann solches geschehen / auch was nach zugelegter Rechnung / sie den Kindern schüldig blieben / völliglich bezahlet / die andere Ehe vollenziehen würde: Sol sie damit ihren Mütterlichen Erbfall zu deroselben Kinder Gütern verwirckt haben. Auch sollen insonderheit / auff solchen Fall / die zuverordnete Vormünder / fleissig auffmercken / daß die Kinder in der Abtheilung nicht mügen verkürtzt werden / und der Mutter ehe und zuvor sie mit den Kindern allerdings verglichen / die ander Ehe mit dem Kirchgange zu vollenziehen nicht gestatten.

[329]
6.

Auff den fall aber die Mutter nicht mehr im Leben / oder sich ihrer Kinder Vormundtschafft gutwillig nicht unterpfangen wolte / sol alsdann die Groß-Mutter / auff ihr Begehren / für andern Blutsverwandten darzu verstattet / und es mit deroselben ebenmässig / wie von der Mutter Vormundtschafft verordnet / gebalten werden.

7.

Nach dem auch ein jeder Vater / nach Satzung der Käyserlichen Rechten / seiner ehelichen Kinder Mütterliche / oder andere Haab und Güter / in Verwaltung und administration in- und ausserhalb Rechtens hat / doch dieselbe den Kindern zu Nachtheil nicht zuverendern: so lassen wir es dißfalls bey solcher Disposition gemeiner Rechte bleiben / es wäre dann Sache / daß der Kinder nechste Freundschafft / worümb er dabey nicht zu lassen / oder ihm andere Vormündt zu adjungiren, gründliche und erhebliche Uhrsache fürwenden wollen / welches alsdann zu unser Erkändtnüß stehen / und darauff / was sich nach Gelegenheit und Befindung der Sachen gebühret / verordnet werden sol. Wäre dann kundbahr / oder beweißlich / daß der Vater ein Verschwender / oder sonst eines unordentlichen Haußhaltens berüchtiget / alsdann / wann er sich gleich in die Vormundschafft [330] eingelassen hätte / mag er allewege deroselben entsetzt / und den Kindern andere Vormünder geordnet werden. Ob auch der Vater zur andern Ehe griffe / so bleibet er nicht desto weniger / so er anders sonst zur Vormundtschafft tauglich / der Güter seiner Kinder voriger Ehe Vormundt und Verwalter.

8.

Wiewol sich auch etwan zuträgt / daß Eltern versterben / und Kinder verlassen / die zum Theil ihr vollkömmliches Alter erreicht / zum Theil noch Minderjährig seyn / und also vermöge Rechtens / die erwachsene Brüder / den andern ihren Minderjährigen Geschwistrigt legitimi Tutores oder Curatores seyn solten; so ordnen und wollen Wir doch / daß auff solchen Fall / ehe und zuvor die Erbtheilung fürgenommen / dieselbe zu der Vormundschafft oder Pfleg ihrer Minderjährigen Geschwistrigt nicht zu verstatten / sondern daß ihnen andere Vormünder / biß auff die Erbtheilung / verordnet / nach dero Verrichtung die andern Brüder / so vollnkommenen Alters / und zu Vormündern sonsten qualificirt und düchtig seyn / mit und neben den zuvor verordneten Vormündern / zu der Vormundtschafft ihrer unmündigen oder unterjährigen Geschwistrigt zugelassen / und auff Maß und Weise / wie hernach in gemein / von Vormündern geordnet / darzu bestättiget werden mügen.

[331]
9.

Der Mann ist in alle wege seiner Frauen rechter Vormundt / und mag die Frau / ohne ihres Mannes Uhrlaub / nichts vergeben / verkauffen oder aufflassen. Wolte aber die Frau ihrem Mann Gut aufflassen oder geben / oder einige Auflassung oder Gab zu seiner Behueff vollbordten oder bestätigen / darzu mag der Mann ihr Vormundt nicht seyn / sondern muß die Frau einem andern Vormundt darzu erbitten / und so alsdann dieser rechter Vormundt sich solcher Aufflassung ungebührlich widersetzen würde / sol solches zu unsers des Raths Erkäntnüß stehen / und darauff ergehen was Recht ist.

10.

Wann keine Vormünder im Testament gesetzt / noch die nechstgesipte Verwandte sich der Vormundtschafft gutwillig zu unterfangen gemeinet / sol alsdann die Mutter / so fern dieselbige noch bey Leben / oder nach beyder Eltern Absterben / die nechste Blutsverwandte schüldig und verpflichtet seyn / bey uns als der Obrigkeit / den Kindern bequeme Vormünder zu verordnen / bittlich anzusuchen / und im fall solches von der Mutter / und den nechsten Blutsverwandten / wie gemeldt / innerhalb drey Monaten nicht beschehe / sollen sie dadurch die Anwartung künfftiger Erbfäll verwirckt / und [332] zu deroselben Kinder Gütern / keinen erblichen Zugang haben. Und wollen Wir auff solchen Fall / für uns und von Ampts wegen / so bald uns solches kundt gethan wird / denselben hinterlassenen Kindern / so viel deren unmündig / oder sonsten der Curatorn bedürfftig wären / aus ihrer Vater und Mutter nechsten Freunden zween ehrbahre Männer von jeder Seit / so darzu tüglich seyn / und wo fern unter der Freundschafft darzu qualificirte Personen nicht wären / oder sonsten bewegliche und gnugsame Uhrsachen verhanden / worumb dieselben zu der Vormundtschafft zu gebrauchen unrathsam / alsdann andere / so den Kindern und der Verlassenschafft gnugsam gesessen / zu Vormündern verordnen / und hierinnen fürnemlich dahin sehen / daß solche Leute darzu gezogen / die mit öffentlicher Verleumbdung und Laster / deßgleichen mit schweren Schulden und Armuth / wissentlich nicht beladen / noch die ihrem eigen Thun und Haußhalten selbst nicht für zustehen wissen / sampt daß sie mit der Pflegkinder Eltern nicht in schwerem Widerwillen oder Rechtfertigung gestanden / noch deroselben Güter halben Spruch oder Fürderung haben / auch daß sie nicht unter achtzehen Jahren / und daß sie / und zum wenigsten deren einer / schreibens und lesens erfahren seyn.

11.

Da auch gebrechhafftige Personen gefunden werden / als Unsinnige oder Sinnlose / Stumme [333] und Taube / deßgleichen die mit langwieriger Kranckheit beladen und lagerhafft seyn / auch die ihre Güter unnützlich verschwenden / die sollen uns gleichsfalls durch die Mutter / oder wo dieselbe nicht mehr im Leben / durch die nechste Blutsverwandte / bey Verlust ihrer erblichen Anwartung / wie obstehet / angezeiget / und ihnen nach Gelegenheit Curatores und Vorsorgers verordnet werden.

12.

Welche nun also im Testament / oder näher Blutverwandtnüß wegen / und sonsten von uns / zu Vormündern oder Vorsorgern gesetzt / erfordert und verordnet werden / sollen sich deroselben Vormundschafft / ohne gnugsame erhebliche rechtmässige Uhrsachen / nicht äussern oder entledigen können / sondern zu Annehmung deroselben von uns bey ernster Straffe angehalten werden. Und ob wol in den gemeinen beschriebenen Rechten / unterschiedliche Uhrsachen verordnet / dardurch sich einer von Bürden der Vormundschafft entfreyen kan: so sollen und wollen Wir doch in allewege / auff Fürwendung einer oder mehr solcher Uhrsachen / die Gelegenheit und Umbstände der Person und Uhrsachen erwegen / und darauff die Billigkeit verfügen / und insonderheit in acht haben / daß die Personen / so zu Rath sitzen / wie im gleichen übermässig alte und unvermögliche / oder die zuvor mit andern dreyen Pflegschafften beladen seyn / [334] mit solchen Pfleg- und Vormundtschafften / auff ihre eingewandte Entschüldigung / mügen verschonet bleiben.

15.

Ferner sol kein Vormundt / Vorsorger / oder Verwalter / er sey gleich in einem Testament / oder sonst vorerzehlter gestalt verordnet / sich einiger administration und Verwaltung unterpfangen / ehe und zuvor ihm dieselbe von Uns als der Obrigkeit decernirt und anbefohlen / auch darauff sein Nahme in das Vormunder Buch verzeichnet worden. Und sol demnach zu forderst derselbe / ehe ihm die Vormundtschafft anbefohlen wird / einen leiblichen Eyd zu GOtt schweren / daß er alles und jedes so seinen Pflegkindern nützlich und gut ist / thun und handeln / was unnütz und schädlich / vermeyden / unterlassen / und verhüten / deren Person und Güter zu ihrem Nutzen und guten Glauben verwaren / vertreten und zum besten vorsehen / von allen und jeden ihren Haab und Gütern / so denselben zuständig seyn / ein Inventarium fürderlichst auffrichten lassen / ihrer Administration und Handlung zu gewöhnlicher und rechter Zeit Rechnung thun / mit vollnkommener Uberliefferung alles des jenigen / so solcher Tutel und Vormundschafft halben / zu seinen Händen kommen / und den unmündigen Kindern zuständig / auch dessen was er denselben schüldig blieben / und sonsten alles thun wolle / daß einem getreuen Vormundt [335] zugehöret / alles bey Verpfändung seiner Haab und Güter. Und wann die Vormünder oder Vorsorger / diese obgesetzte Eydes-Pflicht geleistet / sollen sie ihrer Verwaltung halben ferner Bürgschaft oder Fürstandt zu thun / nach diesem unserm Stadt-Recht / aus bewegenden Uhrsachen nicht schüldig seyn.

14.

Es sollen auch die Vormünder und Vorsorger / alsbald nach anbefohlener Verwaltung / und derwegen geleister Eydes-Pflicht / alle ihrer Pupillen und Pflegkinder Haab und Güter / brieffliche Uhrkunden / und Handschrifften / ordentlich / deutlich und unterschiedlich / durch einen Secretarium, Gerichtsschreiber oder qualificirten Notarium, in beyseyn zweyer unpartheyischer redlicher Personen / inventiren und beschreiben lassen / es wäre dann / daß der Vater in seinem Testament / oder in wehrender Schwachheit vor zweyen oder dreyen ehrlichen Manns-Personen (welche solches bey ihren leiblichen Eyden erhalten werden) das Inventarium von den Vormündern zu verfertigen verboten / oder ihnen solches erlassen hätte / in welchem Fall die Vormünder das Inventarium nach vorgesetzter Form zu verfertigen nicht schüldig; nicht desto weniger aber unter ihnen / und in Gegenwertigkeit der Kinder / so ihre mündige Jahr erreicht / die Güter zu beschreiben verpflichtet seyn sollen / [336] Und da die Vormünder / ausserhalb vorgemeltes Falls / solches unverhindert / rechter Ehehafft nicht thäten / dieselbe den Kindern den Schaden / so ihnen daraus erfolget / ablegen und erstatten. Und da etwann der Vormundt einige Schulden oder Fürderung / zu den Pfleg-kindern oder deren Gütern hat / oder zu haben vermeynet / deßgleichen auch / so er etwas denselben zu gelten oder zubezahlen schüldig wäre / soll er solches in Annehmung der Vormundtschafft / anfangs unterschiedlich anzeigen / daß alles in berührt Inventarium bringen / und so er das wissentlich verschweiget / und sich der Vormundschafft darüber unterwinden würde / sol derselbe seine Schulde zu suchen oder zu fordern nicht Macht haben.

15.

Weiters sollen die Vormünder und Pfleger / zuförderst fleißig Acht haben / daß ihre Pflegkinder und unterjährige zu Gottesfurcht / und ehrbaren Sitten erzogen / darzu in ehrlicher Ubung / zum Studieren / Kauffhändeln / Handwercken / oder andern Geschäfften / nach Gelegenheit und qualification ihrer Person / auch vermögen der Nahrung / angewiesen und gehalten werden. Und da jemand deroselben Pfleg-kinder / etwann auff eine hohe Schule / Cunthor / oder sonsten ausserhalb Landes etwas zu lernen verschickt würde / so sollen ihm die Vormünder / mit Rath der Mutter und nechsten Verwandten [337] / ein gewisses aus den Gütern / nach Gelegenheit deroselben / zu seinem jährlichen Unterhalt verordnen / und ihn dessen verständigen / was er alsdann über solche verordnete Summ auffborgen oder verzehren würde / sol ihm an seinem Antheil abgekürtzet / und aus den sämptlichen Gütern nicht bezahlet werden.

16.

Ebenmässig sollen auch die Vormünder / mit allem müglichen Fleiß / ihrer Pupillen Haab und Güter getreulich versorgen / bewahren / und in keinen Abgang kommen lassen / und was an Bahrschafft verhanden / zum besten an gewisse Zinß anlegen / damit sie einen zimlichen Genieß und Abnützung davon haben mügen / und da etwan die Vormünder von der Pupillen Gelde zu ihrem selbst Nutzen entleihen / oder andern auff gebührliche Zinß außthun würden / sollen sie deßwegen gnugsame Caution zu bestellen / oder von andern zu nehmen schüldig seyn.

17.

Es sollen aber die Vormünder und Versorger / wann es auch gleich der Vater wäre / ohne unsere Erläubnüß / keine liegende Güter den Pupillen zuständig / verkauffen / verpfänden / oder sonsten verendern; [338] Und so ein Decret oder Erkändtnüß / obliegender Schulden / und anderer Uhrsachen halben / begehret würde / sollen allemahl dieselben Uhrsachen fürhabender Alienation, unterschiedlich und lauter angezeigt werden. Was aber an Fahrnüß / Haußgerath / Kleider und derogleichen / so abgänglich / und mit Nutzen nicht zu behalten / mag ein Vormundt oder Verwalter ohne Erläubnüß wol verkauffen.

18.

Auch sol ein jeder Vormundt / der das Jahr über / der Unmündigen Rechnung verwaltet / der Kinder Mutter / wo fern dieselbe im Leben / und den andern Mit-Vormündern / jedes Jahrs gebührliche Rechnunge zu thun schüldig seyn.

19.

Würde nun bey solcher Rechnung ein Vormundt befunden / daß er in den Gütern zu Schaden und Nachtheil gehandelt / derselb sol nicht allein / auff Anklag und Begehren der Mutter / oder anderer Verwandten / als verdächtig / der Vormundschafft entsetzt / und an dessen statt ein ander verordnet werden / sondern darzu auch allen Schaden / so also durch seine Hinlässigkeit oder Versäumnüß beweißlich veruhrsachet worden / zu erstatten und zu bessern schüldig seyn / Auch also daß / so der [339] jenige / welcher mißhandelt / oder etwas versäumet hätte / den Schaden zu wiederkehren nicht vermöchte / alßdann die andere Mit-Vormünde / die ihm dergestalt Verwaltung allein anbetrauet / und nicht zeitlich Auffsehens gehabt / dafür hafften und verpflichtet seyn sollen / es wäre dann / daß sich mit demselben Vormundt ein unvermuthlicher Fall begeben / welchen die Mit-Vormundt zuvor nicht wissen / noch auch abwenden mügen / dann sie zu demselben zu antworten nicht verbunden / sondern die Pupillen solchen unversehnlichen Zufall allein zu tragen schüldig. Würde auch bey solcher Vernachtheiligung einiger Betrug oder gefährlicher Vortheil gespühret / sol derselbe Vormundt / neben Wiederkehrung des zugefügten Schaden / mit Schmälerung seiner Ehren / von der Vormundtschafft abgesetzt werden.

20.

Ob dann wol das Pfleg- und Vormundschafft-Ampt / von gemeines Nutzes wegen / auch umb der armen Wäysen und Minderjährigen Noth und Wolfarth willen / nach den gemeinen beschriebenen Rechten / keinen Gewinn / oder bestimmte Belohnung / sondern viel mehr eine Bürde / Mühe und Arbeit auff sich hat / dennoch / weil dißfalls von unsern Vorfahren / aus vernünfftigen Uhrsachen / und damit ein jeglicher hierzu so viel desto williger erfunden werden möchte / ein anders verordnet [340] / so lassen wir es auch vorthan bey solcher Verordnung bleiben / daß nemlich bey Anhörung der Schluß-Rechnung / ihnen den Vormündern / nach Gelegenheit der Arbeit und gehabter Mühe / auch gestaltsame der Personen / und der Kinder vermügen / eine zimliche Belohnung wiederfahre und gefolget werde.

21.

Alle Vormünder / so unmündigen Kindern gesetzt oder verordnet / die bleiben in Verwaltung solcher Vormundtschafft / biß die Pflegkinder ihr mündig Alter / das ist / die Knaben viertzehen Jahr / und die Mägdlein zwölff Jahr völliglich erlangt haben; und nach Außgang dieser Zeit / sollen die Vormünder deroselben ihrer Pflegkinder Curatores oder Vorsorger seyn / biß die Knaben achtzehen Jahr ihres Alters erfüllet haben / alsdann dieselbe der Curation und Vormundschafft allerdings erledigt / ihre Person und Güter in- und ausserhalb Gerichts selbst regieren und vertreten mügen / aber die Frauen können keine Sachen förderen für Gericht / noch Gut aufflassen oder geben ohne Vormundt / dahero derselben Curation und Vormundtschafft ehe nicht / dann dieselbe in die Ehe bestattet / geendiget wird / alsdann / wie obstehet / der Mann ihr rechter Vormundt ist / und mag der biß dahin gewesener Vormundt und Curator, nach gethaner Schluß-Rechnung / die Vormundschafft und Curation gäntzlich abtreten.

[341]
22.

Und sol bemeldte Schluß-Rechnung den jenigen / so aus der Curation und Versorgnüß kommen seyn / fürderlich beschehen ohne Unterscheid / sie wären durch Verordnung der Testament / oder sonst / zu Vormündern und Curatorn gesetzt worden / und was sich im Receß befindet / daß die Vormünder weiters und mehrers in Zeit ihrer Administration eingenommen / dann hinwieder außgeben hätten / daß sollen sie den Pflegkindern / neben Einräumung der liegenden und fahrenden Haab und Güter unverzüglich zu lieffern / zu verweisen und zuzustellen schüldig seyn / und da sie hierinnen säumig und ungehorsam erscheinen würden / auff Ansuchen der Pflegkinder / durch uns ernstlich darzu angehalten werden: Hiegegen / da sie die Vormünder vor ihre Pflegkinder ein mehrers außgelegt / dann eingenommen / und also in Rechnung / Außgabe die Einnahme übertreffe / sol ihnen von den Pflegkindern dasselb gleichsfalls zum fürderlichsten erstattet / und auff den Fall des Verzugs oder ungebührlicher Verweigerung / ihnen darzu von uns schleuniges Rechtens verholffen werden.

23.

Aber die Curatores oder Vorsorger der Verschwender / und anderer gebrechlichen Personen / davon obstehet / sollen ihrer Pfleg- und Verwaltung / so [342] bald der Verschwender sich wiederumb in ein ehrliches gebührliches Wesen geschickt / und die andere gebrechliche Personen / zu Geschickligkeit ihrer Gesundheit und Vernunfft kommen / entledigt seyn / und alsdann denselbigen / ihrer Verwaltung gebührliche Rechnung thun. Wo aber die Ungeschickligkeit deroselben Personen beharrlich bleiben würde / sollen die Curatores alle Jahr / wie hieroben in gemein verordnet / Rechnung zuthun schüldig seyn.

24.

Nach geendiger Vormundtschafft / und gethaner Schluß-Rechnung / sollen die Vormünder oder Curatorn, mit ihren Pfleg-Söhnen für den Rath treten / sich daselbst gebührlich quitiren / und ihre Nahmen in dem Vormünder-Buch tilgen lassen; wann solches beschehen / so mag den Pfleg-Kindern / oder deren Erben / wieder die Vormünder / und deroselben Erben / keine fernere Zuspruch und Forderung gebühren / es würde dann hernacher / eine augenscheinlicher Betrug / oder begangener Irrthumb in den verhanden Rechnungen / oder sonsten aus andern scheinbahren Anzeigen / befunden und gebührlich erwiesen.

25.

Und dieweil sich auch offtmahl zuträgt / daß die Pfleg-Kinder / wann sie aus der Vormundtschafft [343] und Versorgnüß kommen seyn / ihnen Rechnung zu thun nicht begehren / sondern darmit / biß dieselben ihre Vormünder und Curatores absterben / listiglich und gefährlich verziehen / dardurch die Erben der Verstorbenen Vormünder oder Vorsorger ihrenthalben mercklich verletztet und beschweret werden: So sollen demnach die Pfleg-Kinder / nach Endung der Vormundschafft oder Versorgnüß / so fern sie hie zur Stette / von ihren gewesenen Vormündern und Curatorn Rechnung / und ihrer Güter Zustellung / fürderlich begehren und erfordern; Würden sie aber nach Endung der Vormundtschafft oder Pflegnüß / zwey Jahr wissentlich verfliessen lassen / und dar zwischen keine Rechnung begehren / so sollen die Erben der jenigen / so ihre Vormünder oder Vorsorger gewesen / ihnen ferners Rechnung zu thun nicht schüldig seyn.