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Der Storch als Lastthier

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: C. St.
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Titel: Der Storch als Lastthier
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 7, S. 124
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1879
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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[124] Der Storch als Lastthier. In Nr. 42 des vorigen und in Nr. 5 des laufenden Jahrgangs der „Gartenlaube“ ist der schönen Volkserzählung gedacht worden, daß der Storch und andere große Wandervögel kleinere Singvögel, die keine besonderen Flugvirtuosen sind, auf den Rücken nähmen und in das Land ihrer Sehnsucht trügen. Es wäre eine allerliebste Geschichte, besonders wenn man annehmen könnte, daß der Storch die Last willig auf sich nähme, um sich durch die Lieder seines Passagiers die Zeit bei dem Fluge über weite Wasser- und Landwüsten vertreiben zu lassen. Möglich, daß dieser Geschichte etwas Wahrheit zu Grunde liegt, vorläufig mag darauf hingewiesen werden, daß man sie sehr vorsichtig aufzunehmen hat, einmal, weil sie in die Kategorie der Storchsagen gehört, und dann auch, weil sie an anderen Orten und mit Nebenumständen erzählt wird, welche deutlich auf eine Naturdichtung hinweisen. Schon der ältere Darwin kannte diese Geschichte und theilte sie in seiner 1794 erschienenen Zoonomia, ohne sie zu glauben und nur zum Vergnügen der Leser mit. „Gmelin“, erzählt er, „beobachtete in der Nachbarschaft voll Krasnojarsk (in Sibirien) zwischen verschiedenen anderen wandernden Wasservögeln eine große Menge Rallen, welche, wenn sie verfolgt wurden, niemals aufstoben, sondern durch schnelles Laufen zu entkommen suchten. Wir sprachen davon wie diese Vögel, welche nicht fliegen, im Winter nach anderen Himmelsstrichen gelangen könntest, und sowohl die Tataren als die Assanier berichteten uns, daß sie wohl wüßten, daß die Vögel nicht allein in andere Länder ziehen könnten, sondern daß, wenn die Störche im Herbste zögen jeder derselben eine Ralle auf seinen Rücken nähme und sie so in wärmere Klimate trüge.“ Man sieht, die Störche bekämen viel Gepäck, wenn sie alle schlechten Flieger huckepack nehmen sollten, und wenn sie sich auch allenfalls den leichten und kurzweiligen Sänger gefallen lassen könnten, dürften sie sich die vielleicht doppelt so schwere Ralle wohl verbitten. Auch haben die Rallen, Wachtelkönige und alle Sumpfhühner, die ebenso gut laufen wie schwimmen können, keinen genügenden Vorwand, sich geduldigen Lastthieren aufzudrängeln, die am Ende mit sich selber zu tun haben. Wahrscheinlich wandern diese Thiere des Nachts und zu Fuße, und die Sage ist eben nur dadurch entstanden daß man sie nicht oft fliegen sieht und doch ihre Wanderungen wahrnimmt. Auch mag der schwarze Saum der Storchflügel aus der Ferne die Täuschung begünstigen, als ob beim Auffliegen ein dunkles Thier auf den weißen Rücken steige und beim Niederlassen davon herabgleite, in der Höhe wird man den Reiter schwerlich jemals wahrnehmen. Diese Erwägungen widerlegen die hübsche Geschichte nicht, aber sie mahnen zur Vorsicht.

C. St.