Der Tod Moses

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Autor: Johann Gottfried Herder
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Titel: Der Tod Moses
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aus: Zerstreute Blätter (Dritte Sammlung) S. 264-266
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Erscheinungsdatum: 1787
Verlag: Carl Wilhelm Ettinger
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Erscheinungsort: Gotha
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Quelle: ULB Düsseldorf und Commons
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[264]
Der Tod Moses.


Als Moses, der Vertraute Gottes, sterben sollte und seine Stunde herannahte, versammlete Gott die Engel um sich her. „Es ist die Zeit, sprach er, die Seele meines Knechtes zu mir zu fodern, wer will mein Bote seyn?“

Die Edelsten der Engel, Michael, Raphael und Gabriel, sammt allen die vor Gottes Thron stehn, baten und sprachen: „wir sind seine, Er ist unser Lehrer gewesen, laß uns nicht fodern dieses Mannes Seele.“

Aber der abgefallene Sammael trat hervor: „Hier bin ich, sende mich.“

Mit Zorn und Grausamkeit bekleidet, stieg er hinab, das Flammenschwert in seiner Hand und freuete sich schon der Schmerzen des Gerechten. Als er aber näher zu ihm trat, erblickte er das Angesicht Moses. Seine Augen waren nicht dunkel worden und seine Kraft war nicht verfallen. Er schrieb die Worte seines letzten Liedes und den heiligen Namen; [265] sein Antlitz glänzete bewaffnet mit Ruhe und Himmelsklarheit.

Der Feind der Menschen erschrak. Sein Schwert entsank ihm und er eilete hinweg. „Ich kann dir die Seele dieses Mannes nicht bringen, sprach er zu Jehovah: denn ich habe an ihm nichts Unreines funden.“

Da stieg Jehovah selbst hernieder, die Seele seines Knechts von ihm zu nehmen und seine getreuen Diener, Michael, Raphael und Gabriel, sammt allen Engeln seines Angesichts, stiegen hinab mit ihm. Sie bereiteten Moses sein Sterbelager und standen ihm zu Haupt und Füssen und eine Stimme sprach: „fürchte dich nicht. Ich selbst will dich begraben.“

Da bereitete Moses sich zu seinem Tode und heiligte sich, wie Einer der Seraphim sich heiligt, und Gott rief seine Seele: „Meine Tochter, hundert und zwanzig Jahre hatte ich dir bestimmt, im Hause meines Knechts zu wohnen. Sein Ende ist gekommen: gehe heraus und säume nicht.“

Und Moses Seele sprach: „o du Herr aller [266] Welt! Ich weiß, daß du bist ein Gott aller Geister und aller Seelen und daß in deiner Hand sind die Lebendigen und die Todten. Aus deiner Hand empfing ich das feurige Gesetz und sahe dich in den Flammen und stieg hinauf und ging den Weg des Himmels. Durch deine Macht trat ich in den Pallast des Königes und nahm die Krone von seinem Haupt und that viel Wunder und Zeichen in Aegypten. Und führete dein Volk hinaus und spaltete das Meer in zwölf Spalten und verwandelte das bittere in süßes Wasser und offenbarte deine Geheimnisse den Menschenkindern. Ich wohnte unter dem feurigen Thron und hatte meine Hütte unter der Feuersäule und redete mit dir von Angesicht zu Angesicht, wie der Freund mit seinem Freunde redet. Und nun, es ist genug! nimm mich, ich komme zu dir.“ –

Da küssete der gnädige Gott seinen Knecht und nahm ihm im Kusse seine Seele. Moses starb am Munde Gottes und Gott begrub ihn selber und niemand weiß die Stäte seines Grabes.