Der arme Greis
Um das Rhinoceros zu sehn,
(Erzählte mir mein Freund,) beschloß ich auszugehn.
Ich gieng vors Thor mit meinem halben Gulden,
Und vor mir gieng ein reicher reicher Mann,
Nebst dem, was er damit die Messe durch gewann,
Und was er, wenns ihm glücken sollte,
Durch den Gewinnst nun noch gewinnen wollte,
In schweren Ziffern übersann.
Weil ich den seinen noch nicht weis:)
Er gieng; doch eh wir noch zu unserm Thiere kamen,
Begegnet uns ein alter schwacher Greis,
Für den, auch wenn er uns um nichts gebeten hätte,
Sein ehrlich fromm Gesicht, sein heilig graues Haar
Mit mehr als Rednerkünsten redte.
Ach! sprach er, ach erbarmt euch mein!
Ich habe nichts, um meinen Durst zu stillen,
Denn Gott wird wohl bald meinen Wunsch erfüllen,
Und mich durch meinen Tod erfreun:
O lieber Gott! laß ihn nicht ferne seyn!
Ihr seyd schon eine halbe Leiche,
Und sprecht mich noch um Geld zum Trinken an?
Ihr unverschämter alter Mann!
Müßt Ihr denn noch erst Brandwein trinken,
Wer in der Jugend spart, der darbt im Alter nicht. – – –
Drauf gieng der Geizhals fort. Ein Strom schamhafter Zähren
Floß von des Alten Angesicht. – – –
O Gott! du weißts! Mehr sprach er nicht.
Weil ich etwas mitleidig bin.
Ich gab ihm in der Angst den halben Gulden hin,
Für welchen ich die Neugier stillen wollte,
Und gieng, damit er mich nicht weinen sehen sollte:
Ach! sprach er mit noch nassem Blick,
Ihr werdet euch vergriffen haben,
Es ist ein gar zu großes Stück.
Ich bring euch nicht darum, gebt mir so viel zurück,
Ihr, sprach ich, sollt es alles haben,
Ich seh, daß ihrs verdient; trinkt etwas Wein dafür.
Doch, armer Greis, wo wohnet ihr?
Er sagte mir das Haus. Ich gieng am andern Tage
Und that im Gehn schon manche Frag an ihn.
Allein, indem ich nach ihm frage,
Die Mien auf seinem Sterbebette
Ein Psalmbuch und ein wenig Brodt
Lag neben ihm auf seinem harten Bette.
O! wenn der Geizhals doch den Greis gesehen hätte,
Mit dem er so unchristlich redte,
Daß er vor seinem Tod ihm einen Trunk versagt.
So sprach mein Freund und bat, die Müh auf mich zu nehmen,
Und öffentlich den Geizhals zu beschämen.
Wiewohl ein Mann, der sich zu keiner Pflicht