Der grausame Bruder

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Titel: Der grausame Bruder
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aus: Deutscher Liederhort,
S. 153–154
Herausgeber: Ludwig Erk
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Th. Chr. Fr. Enslin
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Erscheinungsort: Berlin
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[153]
45. Der grausame Bruder.
Erste Melodie.


Mäßig. Mel. mündlich aus Schlesien
Noten
Noten


Zweite Melodie.


Mäßig. Aus dem Elsaß.
Noten
Noten


1.
Es fuhr ein Fuhrknecht über den Rhein,

er kehrt beim jungen Pfalzgrafen ein. :|:

2.
„Ach Pfalzgraf, lieber Pfalzgraf mein,

wo hast dein adlich Schwesterlein?“

3.
‚‚‚Was fragst nach meinem Schwesterlein,

sie wird dir wol viel zu adlich sein.‘‘‘

4.
„Soll sie mir viel zu adlich sein,

sie hat fürwahr ein Kindlein klein.“

5.
‚‚‚Hat sie fürwahr ein Kindlein klein,

so soll sie nimmer mein Schwester sein!‘‘‘

6.
Da ließ er spannen sechs Roß an Wagn

und ließ gar bald sein Schwester herfahrn.

7.
Als nun die Gräfin gefahren kam,

der jung Graf ihr entgegen sprang:

8.
‚‚‚Gott grüß dich, Schwester hübsch und fein!

wo hast dein artlich Kindelein?‘‘‘

9.
„„Jch hab fürwahr kein Kindelein,

die Leut die gehn mit Lügen auf mich ein.““

10.
Er nimmt sie bei ihrer schneeweißen Hand

und führt sie nach Holland zu dem Tanz.

[154]
11.
Er tanzt am Winter die lange Nacht,

bis daß ihr die Milch zur Brust ausbrach.

12.
„„Ach Bruder, hör auf, denn es ist genug,

daheime weint mein Fleisch und Blut.““

13.
Er nimmt sie an ihrem schneeweißen Arm

und führt sie in die Kammer, daß Gott erbarm!

14.
Er tritt sie am Winter die lange Nacht,

bis daß man Lung und Leber sach.

15.
„„Ach Bruder, hör auf, denn es ist genug,

es gehört dem König von England zu.““

16.
‚‚‚Ach Schwester, hättst dus mir ehr gesagt,

was hätt ich fürn lieben Schwager gehabt!‘‘‘

17.
Es stund wol kaum drei Tage an,

der König von England geritten kam.

18.
„Gott grüß dich, Pfalzgraf hübsch und fein!

wo hast dein adlich Schwesterlein?“

19.
‚‚‚Mein Schwesterlein ist lange todt,

sie liegt begraben röslinroth.‘‘‘

20.
„Liegt sie begraben röslinroth,

so mußt du leiden den bittern Tod!“

21.
Da zog er aus sein glitzrig Schwert

und stachs dem Pfalzgrafen durch sein Herz.

22.
Er stachs ihm ins Herz, so tief als er kann:

„Sieh an, das hast deiner Schwester gethan!“

23.
Er nahm das Kindlein wol auf den Arm:

„Jetzt habn wir keine Mutter mehr, daß Gott erbarm!“

24.
Er wiegt das Kindlein in süße Ruh

und ritt mit ihm nach England zu.

(Aus dem Elsaß.)
(Vgl. A. Schöll, „Briefe und Aufsätze von Goethe aus den Jahren 1766–1786. Weimar, 1846.“ S. 124.)

8. Artlich, artig.