Der kluge Matz

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Textdaten
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Autor: Friedrich Lorentz
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Titel: Der kluge Matz
Untertitel:
aus: Aus dem Märchenschatz der Kaschubei, S. 5–8
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1930
Verlag: Fuchs & Cie.
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Erscheinungsort: Danzig
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Quelle: Pomorska Digitale Bibliothek, Commons
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Der kluge Matz.

Das war in dem Jahre, als hier ein so großes Gewitter war, da wohnte in Warschnau eine Witwe, die von den Leuten Ursula genannt wurde. Sie hatte einen Sohn, der war ein wenig bucklig und machte alles mit der linken Hand.

Eines Tages, das war so um Martini herum, sagte die Witwe zu ihrem Sohn: „Höre einmal, Söhnchen, wie du siehst, bin ich schon alt und werde vielleicht nicht mehr lange leben. Da könntest du dich, mein Matz, verheiraten. Sieh nur, dort auf dem Abbau bei Martinke ist Koschnars Katharine, ich denke, die würde dich heiraten.“

Mein Matz ließ sich das nicht zweimal sagen, sondern ging am anderen Tage in aller Frühe zu Katharine auf die Freite. Als er am Abend heimgehen wollte, schenkte sie ihm einen Ring. Er steckte ihn in die Tasche und kam nach Hause. Die Mutter fragte ihn: „Nun, Matz, wie ging es dir dort auf der Freite bei der Katharine?“ Da antwortete er schnell: „Sehen Sie nur, Mutter, sie will mich, denn sie hat mir einen Ring geschenkt!“

„Und wo hast du ihn?“ „Ich hab’ ihn doch in die Tasche gestreckt.“ „So war es nicht richtig, Söhnchen“, sagte die Mutter, „du hättest den Ring an den Finger stecken und dann so stolz gehen und mit der Hand schlenkern sollen, damit er so hübsch glänzen könnte, dann wäre es fein gewesen, Söhnchen.“ Er antwortete: „Ja, ja, Mutter, das nächste Mal mach’ ich es so.“

Am nächsten Tage ging Matz wieder zur Katharine auf die Freite, und sie schenkte ihm beim Abschied ein Taschentuch. Als mein Matz das Haus seiner Braut verließ, band er sich sogleicht das Taschentuch an den Finger und ging dann so stolz und schlenkerte mit der Hand, daß das Taschentuch hin und her flatterte. Aber dabei blieb es an einem Dornstrauch hängen und zerriß. Als er nach Hause [6] kam, erzählte er gleich seiner Mutter, daß Katharine ihm ein Taschentuch geschenkt und daß er damit so getan habe, wie die Mutter ihm befahl, aber dabei sei es zerrissen. Da sagte die Mutter: „So war es nicht richtig, Söhnchen, du hättest das Taschentuch hübsch in die Tasche stecken sollen, so daß eine Ecke herausguckte, sieh, Söhnchen, das hätte fein ausgesehen!“

„Ja, ja, Mutter, das nächste Mal mach’ ich es so.“

Am dritten Tage ging mein Matz wieder zur Katharine. Er aß und trank sich dort gut satt, und als er nach Hause gehen wollte, schenkte sie ihm ein hübsches Hündchen. Auf dem Heimwege erinnerte sich Matz an das, was ihm seine Mutter wegen des Taschentuchs gesagt hatte, und ohne weiter nachzudenken, steckte er das Hündchen in die Tasche und ließ das Schwänzchen herausgucken, ganz wie die Mutter ihm gesagt hatte. Als er nach Hause kam, sagte er: „Sehen Sie nur, Mutter, Katharine hat mir heute ein hübsches Hündchen geschenkt, und ich habe es in die Rocktasche gesteckt. Aber die Bestie wollte da nicht stillsitzen, doch ich hielt fest und ließ den Schwanz herausgucken, wie Sie mir befohlen haben, Mutter. Das war doch richtig?“ Sie antwortete: „So nicht, Söhnchen, du hättest das Hündchen hübsch an eine Leine binden und es dann führen sollen und immer rufen: „Tus! tus!“ dann hättest du es gut gemacht, Söhnchen.“ „Ja, ja, Mutter, das nächste Mal mach’ ich es so.“

Als er am vierten Tage zur Katharine kam, fragte sie ihn, ob sie zu Hause auch Fleisch hätten. Er antwortete ihr, ihre Speise zu Hause seien Kartoffeln mit saurer Milch und grobes Brot, und bisweilen briete die Mutter einen Hering auf den Kohlen. Das tat der Katharine leid, und sie schenkte dem Matz für seine Mutter ein Stück geräuchertes Schweinefleisch.

Als er mit dem Fleische fortging, erinnerte er sich an das, was seine Mutter ihm wegen des [7] Hündchens gesagt hatte, er band daher das Fleisch an einen Strick, zog es hinter sich her und rief immer: „Tus, tus!“ Aber das hörten die Hunde des Schäfers. Wasser und der Nero vom Hofe liefen herbei und fraßen meinem Matz das Fleisch auf.

Er kam nach Hause und erzählte seiner Mutter, wie es ihm mit dem geräucherten Fleisch erging. Ihr war schon das Wasser im Munde zusammengelaufen, aber als sie hörte, daß unterwegs die Hunde das Fleisch aufgefressen hatten, da übermannte sie der Zorn, und sie rief ihm zu: „Du dummer Matz, du hättest das Fleisch hübsch auf die Schulter nehmen und tragen und es dann in die Kammer oder in den Keller hängen sollen, dann hätten wir uns das Essen schmackhaft zubereiten können, das wäre richtig gewesen, mein Matz.“

Er klopfte ihr beruhigend auf die Schulter und sagte: „Ja, ja, Mutter, das nächste Mal mach’ ich es so.“

Als Matz am fünften Tage zu Katharine auf die Freite kam, beredeten sie alles wegen der Hochzeit, und sie gab ihm beim Weggehen ihre schwarzbunte Kuh mit den großen Hörnern mit. Matz erinnerte sich an das, was ihm seine Mutter wegen des Fleisches gesagt hatte, warf sich die Kuh auf die Schultern und schleppte sie nach Hause; dort schleifte er sie in die Kammer und hängte sie an Hörnern und Schwanz am Dachbalken auf. Dann ging er zu seiner Mutter und sagte: „Sehen Sie nur, ich habe sie schon in der Kammer aufgehängt, jetzt wollen wir uns ein Stück abschneiden und das Fleisch schmackhaft zubereiten. Sie sagten doch so, ich solle das Fleisch aufhängen, damit wir uns das Essen schmackhaft zubereiten könnten.“ Als die Mutter hinausging, hörte sie, daß dort in der Kammer eine Kuh brüllte, sie sah nach und fand die Kuh an Hörnern und Schwanz unter dem Dachbalken aufgehängt. Da fuhr sie ihren Sohn an: „Du dummer Matz, du hättest sie hübsch an einen Strick nehmen und sie leiten sollen und dabei [8] rufen: „Musa, Musa!“ Und dann mußtest du sie in den Stall bringen und sie fest an die Krippe binden und Heu auf die Raufe legen. Verstehst du? Das wäre gut geswesen.“ „Ja, ja, Mutter,“ antwortete Matz, „das nächste Mal werde ich es wissen, dann mache ich es so.“

Das dauerte nicht lange, da fuhr mein Matz zum sechsten Male zur Katharine. Da bekam sie Lust, mit ihm zu gehen und sich seine Wirtschaft anzusehen. Katharine putzte sich fein heraus, und sie machten sich zusammen auf den Weg. Da erinnerte sich mein Matz an das, was ihm seine Mutter gesagt hatte, und – nicht faul – warf er seiner Katharine einen Strick um den Hals und zog sie daran hinter sich her, immerfort rufend: „Musa, Musa!„ Katharine stemmte sich entgegen, aber Matz war ein strammer Bursche, und so schleifte er sie an dem Strick nach Hause, band sie im Stall an der Krippe fest, streute ihr Stroh, warf ihr Heu vor und ging dann, um seiner Mutter zu erzählen, Katharine gehöre ihm schon, er habe sie im Stall an der Krippe festgebunden, wie sie ihm befohlen habe, sie solle doch nachsehen, ob das gut gemacht sei.

Sogleich lief die Mutter in den Stall und band die Katharine los, aber diese ließ sich nicht halten, sondern lief Hilfe schreiend nach Martinke zurück. Ich ging zufällig in dem Augenblick vorbei und sah gerade, wie Katharine fortlief. Ich war neugierig, zu wissen, was geschehen war, und so erzählte mir Matzens Mutter, die Ursula, die ganze Geschichte von ihrem Sohn und seiner Braut Katharine.