Der neue Staufenritter
Wer wandert nach dem Hohenstaufen
Durch den verstörten Tannenwald?
Die Stürme wehn, die Bäume traufen,
Der Regen spinnt sich trüb und kalt.
Dort winkt ein gastlich helles Dach:
Er läßt sich nicht in’s Trock’ne weisen,
Es ruft der Wirth umsonst ihm nach.
Das eben sey das rechte Wetter,
Wie ruft des Donners dumpf Geschmetter,
Wie muß sie schön im Blitze stehn!
Die Klänge sind es, die nicht altern,
Die Lichter, die nicht ausgebrannt,
Ist droben wohl ihr Spiel bekannt.
Jetzt ist er ganz hinauf geklommen,
Er stellt sich auf die Trümmer hin,
Er hat ihn wahrlich mitgenommen
Mit seinem ernsten Angesichte,
Mit seinem sturmdurchwehten Kleid
Steht er in dem Gewitterlichte
Fast wie ein Geist aus jener Zeit.
Erhebt er seinen stolzen Sang,
Der ringt sich über Leid und Klagen
Hinauf zum hellen Freudeklang;
Er hat von seiner Burg gesprochen,
Er ruft mit Lust: sie ist zerbrochen,
Weil diese bess’re mir gehört.
Dann hat er weiter noch gesungen
Von seiner ungetreuen Braut;
Wie ein bewegter Seufzerlaut.
Doch herrlich über alle Schmerzen
Empor das hohe Lied sich reißt,
Er singt von Ihr aus festem Herzen
„Ist gleich mein Haus zerbrochen immer,
Zerbrochen auch mein edles Herz,
So ragen doch die hohen Trümmer
Mit Lust und stolz noch himmelwärts:
Verstoßen aus der neuen Welt:
Wer je gekämpft, geliebt, gedichtet,
Für den ist Wohnung hier bestellt.“
„Nun denn, ihr alten Heldengeister,
Ihr weitgepries’nen Sangesmeister,
Nehmt freundlich mich in Lehr’ und Pflicht!
Mit hoher Minne Leid vertraut,
Und tröstet mich für meine Braut!“
Der Ritter hat schon lang geschwiegen,
Der Donner rollt noch immer fort;
Man sieht ihn oft im Blitze liegen,
Geschloßnen Auges, blasser Wangen;
Ist’s Schlaf, ist’s Tod, ich weiß es kaum;
Doch sicher träumt er ohne Bangen
Von Staufen einen lichten Traum!