Der reiche Mann und der arme Lazarus
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Der reiche Mann und der arme Lazarus.
Nach dem Englischen des Ernest Bilton von R. L.
Habt von dem Reichen ihr gehört im fernen Palästinerland?
Sein Reichthum, der war fabelhaft und fein und prächtig sein Gewand.
Es stöhnte von der Speisen Last sein Tisch, in Strömen floss der Wein,
Er wurde dabei stark und feist – und konnte das auch anders sein?
Freundlos, um Krumen bettelnd, lag er vor des reichen Mannes Thür.
Es hat die laute, trunkne Lust im Saal den Widerhall geweckt –
Die Hunde haben schweigend ihm die Schwären mitleidsvoll geleckt.
Ihr meint, es mache der Kontrast so grell und schroff wohl kaum sich breit?
Es war dem Reichen jeder Tag ein Fest und pomphaft sein Gewand,
Nicht weil er’s liebte, sondern weil er’s für den Handel nützlich fand;
Er schuf, indem er Seide trug, den armen Leuten groben Zwilch,
Indem er Sahne trank, versah die Armen gütig er mit Milch;
Indem sein Schiff von Gold gebaut, versorgte jene er mit Blei.
Um klarzulegen aller Welt, wie ihm die armen Leute lieb,
That selbst er keinen guten Zug, damit für sie noch Arbeit blieb.
Ihr findet, dass dies seltsam sei, sehr seltsam? Seid doch nur gescheidt!
Zum Ringen mit dem grimmen Tod ward mälig Lazarus zu schwach –
Der harte Kampf ums Dasein war ganz augenscheinlich nicht sein Fach.
So sah in einer frost’gen Nacht er traurig auf zum Sternenschein
Und machte seine Augen zu und ging dann in den Himmel ein.
Ein Rechtsgelehrter kam herbei und setzte auf sein Testament.
Von Söhnen und von Töchtern nahm Abschied der lebensmüde Mann,
Ermahnt‘ sie, es ihm gleichzuthun und starb und fuhr zur Hölle dann.
Zu solcher Rücksichtslosigkeit entschlösse Gott sich heute schwer.