Der verfahrne Schüler

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Textdaten
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Autor: Unbekannt
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Titel: Der verfahrene Schüler
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 375–377
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[375]
Der verfahrne[1] Schüler.

In dem verfallenen Schlosse zu Weingarten bei Durlach war vordem viel Geld vergraben, das zu gewissen Zeiten sich aus dem Boden herausbob, jedoch von Niemand gewonnen werden konnte. Nun kam in den Ort zu einem Schuhmacher ein verfahrener Schüler, das ist, ein Mensch, welcher, von seinen Eltern dem Teufel verkauft, 7 Jahre in der Hölle Teufelskünste [376] gelernt hat, alsdann an demselben Platz, wo er hinunter gefahren, auf die Erde zurückgekommen ist, auf welcher er niemals Mangel an Geld hat, jedoch keines für die Zukunft aufheben darf, sondern jeden Tag alles rein ausgeben muß.[2] Dieser Schüler begehrte von dem Schuhmacher eine Sauermilch mit dem Rahm, und fragte, da er sie gleich erhielt, ob nicht der Schuhmacher einen zuverlässigen Freund habe? Auf die Antwort, daß der Nachbarsmann ein solcher sei, sagte der Schüler: „So ist’s recht, denn es darf keine Falschheit dabei seyn, wenn ich Euch das viele Geld verschaffen soll, welches im alten Schloß, in einer Kiste mit vier Handhaben, vergraben liegt. Geht also am Abend, wenn die Betglocke läutet, miteinander unbeschrieen in das Schloß, und holt dort stillschweigend einen Hafen voll Erde, aber mit dem Aufhören des Läutens muß eure Arbeit gethan seyn. An dem Schatz will und darf ich keinen Theil haben, wenn ihr mir aber andres Geld geben wollt, lass’ ich mir’s gefallen.” Nachdem der Schuhmacher die Sache seinem Nachbarn eröffnet und dieser in alles gewilligt hatte, giengen beide am Abend, wie es der Schüler vorgeschrieben, die Erde zu holen, waren aber doch ängstlich, besonders da der Eine, als sie die Erde einfüllen wollten, an den Haaren in die Höhe gehoben wurde. Sie sahen jedoch nichts, sprachen auch nichts, und brachten die Erde glücklich in das Haus des Nachbars, wo dann der Schüler in einer obern Stube seine Künste anfing. Als er dieselben in der zweiten Nacht fortsetzte, brachten vier Männer, welche Scharlachröcke mit weißen Borten anhatten, hinter welchen zwei weißgekleidete Frauen gingen, die Kiste. Sie nahmen sie zwar wieder mit, jedoch in der dritten Nacht hätten sie dieselbe wiederbringen und da lassen müssen, wenn kein Hinderniß dazwischen gekommen wäre. Nun aber hatte der Nachbar seine alte Mutter bei sich, welche glaubte, sie bekäme nichts von dem Geld. Daher ließ sie am nächsten Tag ihren Mann, der als Schäfer in Bretten lebte, herbeiholen, und erzählte ihm Alles, was bisher geschehen war. Dieser war wie gewöhnlich betrunken, [377] fing an zu toben und schrie: Der Schüler sei ein Betrüger, den er zum Haus hinaus werfen wolle. Kaum hatte der Schüler in der obern Stube dies gehört, so nahm er den Hafen voll Erde und gieng damit weg. Der Schuhmacher und der Nachbar liefen ihm zwar bis an den Rhein nach, allein er ging nach Speier in ein Kloster, dem er wahrscheinlich den Schatz verschafft hat: denn seitdem ist er im Schlosse zu Weingarten nicht wieder gesehen worden.

(Siehe Mone’s „Anzeiger“ 1837.)

  1. Volksausdruck für „fahrende.“
  2. Diese Definition ist merkwürdig, und wohl von der gewöhnlichen Ansicht zu unterscheiden. Ein fahrender Schüler ist nur ein Landstreicher, ein verfahrener ist aber verflucht und verdammt, d. h. er hat eine üble Fahrt gemacht, nämlich zum Teufel und in die Hölle. Wir haben diese Vorstellung nur noch in der Redensart „Todes verfahren,“ denn das ist auch eine üble Fahrt, von der man nicht zurück kommt.
    (Mone).