Der verlorene Zahn

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Textdaten
Autor: Walther Kabel
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der verlorene Zahn
Untertitel:
aus: Neues Deutsches Familienblatt, Jahrgang 1912, Heft 33, S. 262
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1912
Verlag: W. Kohlhammer
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]
Editionsrichtlinien:


[262] Der verlorene Zahn. Die Fürstin Pauline Metternich war bekanntlich eine ebenso geistreiche wie witzige und schlagfertige Frau. Bei einer Abendgesellschaft in ihrem Hause verlor sie einmal einen einzelnen Zahn aus ihrem künstlichen Gebiß. Da es gerade ein Vorderzahn war, ließ sich der Verlust nicht verheimlichen. Man suchte also allgemein danach, freilich ohne Erfolg. Am anderen Morgen erhielt die Fürstin von einem Ungenannten ein kleines Paket, in dem ein Ochsenzahn und ein Brief lagen. Der anonyme Absender schrieb, er habe endlich das kostbare Gut gefunden und stelle es hiermit der Eigentümerin zu. Die Fürstin erriet sofort, wer sich diesen unziemlichen Scherz mit ihr erlaubt hatte. Es war der französische Graf v. L., der wegen seiner Spottsucht sich keiner allzu großen Beliebtheit in den höheren Kreisen erfreute. – Am nächsten Abend fand eine Tanzunterhaltung bei dem preußischen Gesandten am Wiener Hofe statt. Zu den Gästen gehörte auch die Fürstin und Graf v. L. Während die Geladenen sich noch im Empfangssalon befanden, schritt die Fürstin auf den boshaften Briefschreiber zu und reichte ihm vor aller Augen den Ochsenzahn hin. „Ich habe zwar nie an Ihrer großen Freundschaft für mich gezweifelt, Herr Graf,“ sagte sie laut. „Daß diese Freundschaft aber so weit gehen würde, daß Sie sich selbst haben einen Zahn für mich ausziehen lassen, das habe ich doch für unmöglich gehalten. Jedenfalls danke ich Ihnen. Leider ist dieser Zahn aber nur für Sie geeignet, und Ihre Aufopferung war umsonst!“ Natürlich hatte die Fürstin die Lacher auf ihrer Seite. Der Herr Graf v. L. soll aber nach dieser Abfuhr bedeutend vorsichtiger mit seinen „Scherzen“ geworden sein.

W. Kl.