Des Königs jüngster Rekrut
[227] Des Königs jüngster Rekrut. (Zu dem Bilde S. 200 und 201.) „Was ein Häkchen werden will, krümmt sich bei Zeiten,“ sagt das Sprichwort, und was ein richtiger Soldat werden will, drückt bei Zeiten die Kniee durch! So steckt dem kleinen siebenjährigen Bürschchen auf unserem Bilde der Soldat bereits in allen Gliedern, mit fast komischer Treue wiederholt sein Körperchen die eigenthümlich gestreckte S-Form der Haltung, welche sein Vater in langwierigem militärischen Drill sich angeeignet hat, und Säbel, Patronentasche und Czako, obwohl reichlich dreimal zu groß und zu weit, machen sich fast natürlich an dem strammen Kerlchen. Und wie wäre es anders möglich?! Der Großvater ein alter Soldat aus König Friedrich Wilhelms I. gestrengen Zeiten – die Mutter eine Soldatentochter, der Vater ein Grenadier Friedrichs II. – und Freunde und Gevattern, alles Soldaten in einer kriegerisch hoch bewegten Zeit! Da ist’s kein Wunder, wenn der kleine Knirps auf die Frage: „Was willst Du werden?“ keine andere Antwort weiß als: „Rekrut!“ Aber auch die Alten kennen kein höheres Ziel des Ehrgeizes für ihren Jungen. Darum auch die grinsende Freude im Gesichte des glücklichen Vaters und das behagliche Vergnügen von Mutter und Großvater, das fröhliche Lachen im Kreise der Nachbarn und Quartiergenossen. Selbst in des kleinen Schwesterchens Zügen spricht sich’s aus, daß der Bruder in ihren Augen jetzt den Gipfel der Vollendung erreicht hat.
Ob freilich die Wirklichkeit nicht oft recht herb in diese Soldatenidylle hineingreift? Ob der herangewachsene junge Mensch sich wohl einmal ebenso fröhlichen Gesichtes den Czako auf den Kopf stülpen wird, wenn er ihm nicht mehr zu weit ist? Ob er es nicht noch mit bitteren Schmerzen an Seele und Körper empfinden wird, daß er nichts ist als eben „des Königs jüngster Rekrut“? =