Schätze in den Bergen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: E. K.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Schätze in den Bergen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 7, S. 227–228
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[227] Schätze in den Bergen. In der österreichischen Alpenwelt lebt von altersher der Glaube, daß sich in einzelnen bekannten Bergen reiche Schätze befinden, welche jedoch den Bewohnern jener Gegenden und unter diesen auch nur den sogenannten „Glückskindern“ einzig und allein an gewissen hohen Feiertagen zugänglich sind. Zu diesen geheimnißvollen Tagen, an denen der Zauberbann für Stunden wenigstens gelöst ist, zählt in erster Reihe die weihevolle Christnacht, die sagenumwobene Sonnwendnacht, der Palmsonntag und der festliche Ostertag. Das Salzkammergut und die mit Naturschönheiten nicht minder gesegneten Gebiete der Mur und der Mürz in der oberen Steiermark weisen eine Fülle der sinnigsten Mythen auf, welche Einblick gewähren in das Denken und Dichten der dortigen Alpenmenschen. Als Dichtungen des Volkes besitzen die Sagen der Aelpler gewiß hohen Werth.

Die Geschichte von jener Hammerschmiedin, welche in der Christnacht über die Berge durch den nächtigen Wald zur Mitternachtsmesse nach Mürzzuschlag ging, ihr kleines Kind auf dem Arme, und der sich plötzlich auf ihrem Irrpfad ein Felsen aufthat, aus dessen Innerem sich ihr im strahlenden Lichte eines großen Karfunkelsteines zwölf Fässer mit Dukaten zeigten, ist gewiß von einem ethischen Hauche belebt. Statt ihres einzigen Kindes hatte die Frau sich stets Geld gewünscht, und nun sollte sich wirklich ihr beständiger Wunsch erfüllen. Eiligst entnahm sie den gleißenden Schätzen so viel sie nur in ihren Kleidern unterzubringen vermochte, und als sie auch im Schürzentuch reichlich Gold geborgen hatte, stürmte sie hinaus ins Freie. Plötzlich erinnerte sich die nun reiche Hammerschmiedin, daß sie ihr Kind im Zauberfelsen zurückgelassen habe. Jammernd irrte sie im Walde umher und suchte die Höhle, in der ihr Kindchen nach seiner Mutter schrie. Aber vergebens war all ihr Suchen, ihr Flehen; sie konnte den Felsen nicht mehr finden und niemand wollte von dem geheimnißvollen Berge etwas wissen. Am Christtage fanden Kirchengänger den Leichnam der armen Mutter, die sich aus Verzweiflung über den Verlust ihres Kindes ertränkt hatte, am Ufer der Mürz ausgespült.

Im Salzkammergut erzählt man sich vom „Böttingsberg“ eine ähnliche Sage, doch öffnete sich hier der Fels der Mutter und ihrem Kinde am [228] Osterfeste während des dritten „Zusammenläutens“. Auch hier vergaß die mit Schätzen beladene Frau ihr Kind, doch tröstete sie sich auf den Rath des Ortsgeistlichen und ging übers Jahr, als wieder zum Hochamte geläutet wurde, zum Felsen. Sie fand ihn offen und ihr Kind unversehrt.

Daß in mondhellen Sonnwendnächten in der Mitternachtsstunde z. B. auf dem steirischen Hochreichard, wo sich einst ein Silberbergwerk befand, sich Schätze heben ließen, wenn man den richtigen Zauberspruch wüßte, ist ein noch heute im Aelplervolke lebender Glaube. Aber es müßten drei Personen sein, die sich vereinigt haben und die beim Suchen und Heben des Schatzes gewisse Formen zu beobachten hätten. Würden diese aber nicht haarscharf eingehalten, so verfielen die drei dem Tode und ihre Seelen hole sich der Böse. E. K.