Dichter in Gefangenschaft
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[868 d] Dichter in Gefangenschaft. Die Weltlitteratur erzählt von sehr vielen Dichtern, welche die Bekanntschaft mit den traurigen Gefängniszellen
machen mußten. Der Dichter des „Befreiten Jerusalem“, Torquato Tasso, war mehrfach in Haft und interniert, Voltaire saß sechsmal in der Bastille, der deutsche Stürmer und Dränger und Tyrannenhasser Schubart zehn Jahre auf Hohenasperg. Rouget de Lisle, der Dichter der französischen Volkshymne, kam durch Robespierre in den Kerker. Silvio Pellico, der italienische Patriot, schmachtete auf dem Spielberg, seine Memoiren über seine Gefängnishaft gehören zu den Kleinodien der italienischen Litteratur. Der Leipziger Dichter Mahlmann wurde 1813 von den Franzosen nach Erfurt abgeführt und dort in Haft gehalten. Christian Contessa, ein beliebter Romandichter, mußte 1797 in Spandau für allzuscharfe Kritik der damaligen politischen Zustände in Preußen Buße thun. Von den zahlreichen Opfern der Demagogenverfolgung nennen wir Fritz Reuter, der sieben Jahre Festungshaft erlitt. Die beiden jungdeutschen Schriftsteller Gutzkow und Laube wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt: der erstere wurde wegen seiner „Wally“, einer Novelle mit kühnen Aeußerungen, in Mannheim eingekerkert, der letztere saß wegen des „Jungen Europa“ in der Berliner Haus- und Stadtvogtei und dann in „Hausarrest“ bei dem ihm befreundeten Fürsten Pückler in Muskau. Der Königsberger Humorist Walesrode verbüßte seine Freiheitsstrafe in Graudenz, während der Freiheitskämpfer von 1848, der rheinische Dichter Kinkel, anfangs zum Tode verurteilt, im Zuchthause zu Naugard saß, bis ihn der spätere nordamerikanische Staatsmann Schurz befreite. Von den „Berliner Freien“ hat Edgar Bauer eine mehrfache Gefängnisstrafe abgebüßt. Der französische Volks- und Freiheitssänger Béranger war zu dreiviertel Jahren Gefängnis verurteilt; der englische Satiriker Leigh Hunt büßte zwei Jahre für seine Spottverse. Der spanische Dichter Quintana war sechs Jahre lang eingekerkert. Doch die schönsten Kerkerpoesien rühren von Dichtern her, die nicht eigene Erlebnisse besangen: wir meinen hier Lord Byrons „Gefangenen in Chillon“, Anastasius Grüns „Schutt“ und Saintines „Picciola“.†