Die „Schneeball-“ oder „Lawinenkollekten“

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Autor: F. Berg
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Titel: Die „Schneeball-“ oder „Lawinenkollekten“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 372
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[372] Die „Schneeball-“ oder „Lawinenkollekten“. Gegenwärtig sind in zahlreichen Städten des deutschen Vaterlandes zu den verschiedensten Zwecken sogenannte „Schneeball-“ oder „Lawinenkollekten“ in Uebung, welche in der Weise veranstaltet werden, daß der Urheber der Kollekte A z. B. an 4 gute Freunde B schreibt mit der Aufforderung, sich brieflich wiederum mit 4 Freunden C in Verbindung zu setzen etc., worauf dann, sobald die Briefe bei Z angelangt sind, letztere einen bestimmten Beitrag, sagen wir 30 Pfennig für den Kopf, an den entsprechenden Y abzuliefern haben, die Y an die entsprechenden X und so fort, bis schließlich die 4 B die ganze Summe an A abgeben.

Diese Art der Weiterverbreitung erscheint zwar im ersten Augenblick recht zweckmäßig, indessen stößt ihre folgerichtige Durchführung sehr bald auf unüberwindliche Hindernisse. Einmal nämlich ist auf der ganzen Erde nicht so viel Geld vorhanden, als auf diese Weise flüssig gemacht werden müßte, vor allem aber würde selbst die Zahl sämmtlicher Erdenbürger auch nicht im entferntesten an diejenige Summe heranreichen, welche zur vollständigen Ausführung einer solchen Sammlung erforderlich wäre. Dies ergiebt sich nach einfacher Berechnung:

A schreibt 4 Briefe an 4 B,
4 B schreiben je 4 Briefe an 16 C,
16 C    64 D,
64 D    256 E etc.

Schon zur Deckung der K reicht die Einwohnerschaft von Leipzig nicht aus, denn es soll an 262 144 K geschrieben werden, die Zahl der M ist in Berlin nicht aufzutreiben, und allein für den Bedarf der R (4 294 967 296) müßten die unglücklichen Briefschreiber Q sich nach dem Monde wenden. Das Endergebniß dieser Rechnung liefert ganz ungeheuerliche Zahlen, denn es müßten allein über 281 Billionen Z oder – um mich einer seit 1871 geläufigen Bezeichnung zu bedienen – 281 474 Milliarden Z 30 Pfennig zahlen. Hätte der Erfinder der Kollekte A allen Betheiligten das Briefschreiben ersparen und alle Anforderungen gedruckt absenden wollen, so würde er sich selbst von der Undurchführbarkeit seiner Idee haben überzeugen können. Denn rechnet man als Gewicht eines gedruckten Briefes nur ein Gramm, so würden über 7505 Millionen Centner Papier verbraucht werden müssen, und wenn unter einer Million Empfänger immer nur ein einziger die Post zur Weiterversendung in Anspruch nehmen sollte, so würden allein für Dreipfennigmarken über 11¼ Millionen Mark zu verausgaben sein, gewiß eine Summe, die selbst in unserem Reichshaushalt sehr bemerkbar wäre.

Würde man den Erlös der Kollekte in Gestalt unserer werthvollsten Münze, in Zwanzigmarkstücken, vor sich sehen und ließe sich daraus in der Weise eine lange Kette herstellen, daß man ganz genau den Rand eines Goldstücks an den des nächsten anfügte, so würde diese Kette, da jede Doppelkrone 22 Millimeter im Durchmesser mißt, eine so gewaltige Ausdehnung erhalten, daß man sie 3096 Mal um den Erdball von Pol zu Pol schlingen könnte, und die dadurch entstehenden Goldringe würden wiederum eine Straße von 68 Metern Breite bedecken. So könnten wir noch weitere Zahlen liefern, indessen mögen die angeführten unseren Lesern genügen. F. Berg.