Die Brennstoffe, deren wir uns bedienen

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Autor: Johann Fausten d.J.
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Titel: Die Brennstoffe, deren wir uns bedienen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 2, S. 24–26
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1855
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Die Entstehung von Torf, Braunkohle und Kohle
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Populäre Chemie für das praktische Leben.
In Briefen von Johann Fausten dem Jüngeren.
Neunter Brief.
Die Brennstoffe, deren wir uns bedienen.


Noch nicht hundert Jahre sind verflossen, seitdem ein neuer Aufschwung in der Wissenschaft der zweitausendjährigen, unumschränkten Herrschaft der bekannten vier aristotelischen Elemente, welche die Welt und die Dinge in ihr bilden sollten, ein Ende machte. Dem Feuer ging es hierbei am Schlimmsten; es wurde ganz aus der Reihe der Körper gestrichen. Aber was auf der einen Seite genommen, das wurde auf der andern reichlich wieder ersetzt, denn die Verbrennung, ein rein chemischer Vorgang, ist der Ausgangspunkt aller Erfolge, deren sich unsere Wissenschaft rühmen kann und noch heute der Grundstein, auf dem das stolze Gebäude der neuen Chemie ruht. Doch davon wollen wir nicht reden. Eine Umschau im alltäglichen Leben bietet hinreichend Stoff zu anderen wichtigen Besprechungen, da das Feuer zugleich auch die Grundlage der Gewerbthätigkeit und der Haushaltung bildet. Um so mehr mußten wir uns wundern, daß ein neues Werk eines englischen Chemikers, obgleich es sich ausschließlich mit den chemischen Vorgängen des gewöhnlichen Lebens beschäftigt, die Verbrennung ganz bei Seite liegen läßt, und daß keiner der drei Uebersetzer diesen Mangel erkannt und beseitigt hat. Denn hier thut nicht nur eine Erörterung und Belehrung, sondern auch eine „Reform an Haupt und Gliedern" sehr Noth.

Für heute haben wir die Brennstoffe zur Besprechung ausgewählt. Das nächste Material, welches sich dem Menschen zur Befriedigung seiner Bedürfnisse darbot, waren die strauch- und baumartigen Pflanzen, mit einem Wort das Holz. Seiner chemischen Natur nach ist das Holz, d. h. die Holzfaser, gleichartig; eine jede Holzfaser, von welcher Pflanze sie auch herstamme, besteht aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff und zwar stets genau in denselben Gewichtsverhältnissen. Die beiden letzteren Bestandtheile treten hier stets in Mengen auf die in derselben Beziehung zu einander stehen, wie im Wasser, und daher können wir sagen: die Holzfaser besteht aus Kohle und Wasser, wobei wir aber nicht an ein loses Nebeneinanderlagern dieser beiden Substanzen, sondern an eine so innige Verbindung zu denken haben, daß wir durch keine Mittel eine Zerlegung der Holzfaser in Kohle und Wasser oder eine Trennung der letzteren von der ersteren bewerkstelligen können.

Trotz der Gleichartigkeit der Holzfaser durch das ganze Pflanzenreich hindurch zeigt aber das Holz verschiedener Bäume bei der Berarbeitung und in den Leistungen als Brennmaterial auffallende Unterschiede. Diese werden bedingt durch den Inhalt der Zellen und Gefäße, die durch die Holzfaser gebildet werden. Der Pflanzensaft besteht zwar dem weit überwiegenden Theile nach aus Wasser, aber dennoch üben die geringen Mengen organischer Substanzen, die darin gelöst enthalten sind, auf den Werth des Holzes bei der Verbrennung einen entscheidenden Einfluß aus, weil sie aus denselben Grundstoffen gebildet sind, wie die Holzfaser selbst, wenn freilich auch in andern Gewichtsverhältnissen. Stellen wir zur Vergleichung die Eiche und die Fichte neben einander; in dem Safte der ersteren finden wir Gerbstoff, in dem der letzteren Harze. In dem Gerbstoff sind so bedeutende Mengen von Sauerstoff enthalten, daß wir uns nicht allein den ganzen Wasserstoffgehalt, sondern auch einen bedeutenden Theil des Kohlenstoffgehaltes schon mit Sauerstoff verbunden denken müssen. Beide sind daher, ganz oder theilweise bei der Verbrennung von keiner Bedeutung, da diese ja weiter nichts ist, als eine Verbindung des Sauerstoffes mit dem Kohlen- und Wasserstoff. Anders ist es bei den Harzen, sie sind reich an Kohlen- und Wasserstoff, dagegen arm an Sauerstoff und daher ihr Brennwerth ein bedeutender. In allen Fällen aber wird der Brennwerth des Holzes durch die bei der Verdampfung des Wassers zurückbleibenden Bestandtheile des Pflanzensaftes erhöht, aber in einem verschiedenen Grade. Jetzt wird man auch leicht einsehen, warum ein Holz, das weite Strecken geflößt worden, schlechter ist. Es hat durch den langen Aufenthalt im Wasser einen großen Theil der Saftbestandtheile verloren und damit auch einen Theil seiner Heizfähigkeit. Man will beobachtet haben, daß der Verlust eines Kubikfußes Holz bis auf ein Pfund steigen kann und dadurch wird der Vortheil, den man durch den wohlfeilen Transport erzielt, bedeutend beeinträchtigt.

Von großem Einfluß auf den Werth des Holzes bei der Verbrennung ist auch, wie wir später sehen werden, der Wassergehalt. Darum fällt man im Allgemeinen die Bäume zu einer Zeit, wo sie, wegen der ruhenden Vegetation, arm an Saft sind. Und doch übersteigt in frisch gefälltem Holze mitunter der Wassergehalt die Hälfte, bei den gewöhnlichen Brennhölzern ein Drittel des ganzen Gewichtes. Beim Aufbewahren des Holzes an einem luftigen, vor Regen geschützten Orte geht ein großer Theil des Wassers verloren; nach und nach nimmt das Wasser Dampfform an und geht in die Luft über. Aber bald ist hier eine gewisse Grenze erreicht und der Neigung der Luft, Wasserdampf in sich aufzunehmen, tritt hartnäckig die des Holzes, das Wasser fest zu halten, entgegen. Gewöhnlich enthält vollkommen trockenes Holz noch ein Fünftel bis ein Viertel seines Gewichtes Wasser, das jetzt sehr hartnäckig fest gehalten wird; Holz, nachdem es ein halbes Jahr hindurch in einem geheizten Zimmer aufbewahrt worden, ergab immer noch 17 Pfund Wasser in 100 Pfund. Ganz können wir das Wasser dem Holze nicht entziehen, da wir die Wärme dabei so steigern müssen, daß das Holz selbst sich zersetzt.

Die leichte Entzündlichkeit und der geringe Aschengehalt, den wir, ohne sehr zu irren, zu 1 auf 100 annehmen können, ertheilen dem Holze Vorzüge vor anderen Brennstoffen. Der Umstand, daß der Baum der Natur zum Schmucke dient, durfte freilich den Menschen nicht abhalten, die Axt an ihn zu legen. Aber man hätte bedenken sollen, daß das Zerstören leichter ist, als das Aufbauen und daher sich bemühen, den Verlust nach Kräften wieder zu ersetzen. Verschiedene Ursachen haben dazu beigetragen, der Vernunft kein Gehör zu schenken; man hat gegen die Wälder aller Orten einen Vertilgungskrieg geführt und die Folge davon war eine Reihe ernster Uebelstände, weil man die Kette, durch die alle Dinge in der Natur zusammengehalten werden, zerriß, den Einklang in den Gesetzen der Natur störte. Der Kleinsten einer war der, daß der Mensch in neuerer Zeit sich nach andern Brennstoffen umsehen mußte und da die Oberfläche der Erde deren in zureichendem Maße nicht weiter bot, wurde er gezwungen zur Tiefe hinabzusteigen.

In der Voraussicht, daß die Entwicklung der Menschheit diesen Zeitpunkt früher oder später nothwendig bedinge, hat die Natur, eine sorgende Mutter, zur Zeit als sie dem Menschen die Stätte bereitete, obgleich sie hier vollauf zu thun hatte, reiche Schätze zur Abhülfe der Noth in den fernesten Zeiten niedergelegt und sie im Verlaufe vieler Jahrtausende zur Reife gebracht. Dem Auftreten des Menschen mußte eine Reinigung der Luft von dem Uebermaß der Kohlensäure vorangehen; dieses Geschäft verrichteten, wie noch heutiges Tages, die Pflanzen. Auf einem seit vielen Jahren brennenden Steinkohlenlager in der Nähe von Zwickau sehen wir so zu sagen natürliche Treibhäuser; so verhielten sich auch in der Jugendperiode unsers Erdballs, als nur eine dünne feste Kruste die glühende Masse überzog, die Inseln, welche im Weltmeer, damals fast die ganze Erde bedeckend, hier und da zerstreut lagen. Die übermäßige Wärme und die kohlensäurereiche Atmosphäre gaben die günstigsten Bedingungen zur Entwickelung einer gigantischen Vegetation, deren Tage aber gezählt waren; denn bald sprengte der gährende Kern die beengenden Fesseln der erkalteten Rinde und aus tausend Rissen quoll die feurige flüssige Masse empor. Das neue Land zwang das Meer zum Austritt; die Wogen staueten sich auf und ergossen sich über die Wälder, rissen diese mit sich fort oder begruben sie an Ort und Stelle unter den Trümmern der Verwüstung. Und mit sich in’s Grab nahmen sie die Sonnenstrahlen oder die Wärme, die ihnen Leben und Gedeihen gegeben hatte. Jetzt, nachdem an diese untergegangene Schöpfung der Ruf: stehet auf! ergangen ist, erhalten wir bei der Verbrennung der Steinkohlen diejenige Wärmemenge wieder, die zu der Bildung [25] der riesigen Farren und Schachtelhalme verwandelt werden. Denn in der Natur geht nichts verloren.

Die Sturm- und Drangperiode unserer Erde ist längst vorüber, aber das vorausblickende Walten, die Sorge für das Wohl der Menschheit hat das Ende noch nicht erreicht. Wie damals schafft die Natur noch heute immer von Neuem Brennstoffe für künftige Menschengeschlechter, wie es uns scheint in einem beschränkten Maßstabe, aber wohl nur, weil der Mensch störend in dies Schaffen eingreift und jetzt nicht ungezählte Jahrtausende zur Reife vergönnt sind. Die Bildungen vor dem Auftreten des Menschen umfassen die Steinkohlen-, als älteres und die Braunkohlenablagerungen als jüngeres Glied, der neueren Zeit gehören die Torfbildungen an. Die Bedingungen zu einer ruhigen Entwickelung der Pflanzenwelt fehlen heute; wo sich ein Sumpf oder ein stehendes Gewässer findet, da erblicken wir nur winzige Pflanzen: Moose, Algen, Riedgräser und Binsen und wenn es hoch kommt, strauchartige Pflanzen, die hier in Ueppigkeit gedeihen. Durch ihr Absterben legen sie den Grund zu einer neuen Vegetation, die sich reichlicher entfaltet als zuvor. Mit dem Tode fallen die Pflanzen der Vermoderung, einer chemischen Thätigkeit anheim; sie unterliegen einer theilweisen Zersetzung. Rühren wir einen Sumpf auf, so sehen wir zahlreiche Gasblasen aufsteigen, die wir deshalb Sumpfluft (Kohlenwasserstoffgas) nennen. Sie rührt her von den vermodernden Pflanzenresten; außerdem entwickelt sich auch noch Kohlensäure und andere übelriechende Luftarten, deren Auftreten die Sümpfe und Moräste für den Menschen gefährlich machen. Findet zu gleicher Zeit auch eine Sauerstoffaufnahme aus der Luft, die so nicht ganz durch das darüber stehende Wasser abgeschlossen wird, statt, so gehen doch alle drei Bestandtheile der Holzfaser fort, aber der Sauerstoff in vorwiegender Menge, so daß sich also der Wasserstoff und Kohlenstoff verhältnißmäßig in dem Torfe anhäufen.

Dadurch müßte nun der Torf ein besseres Brennmaterial werden als das Holz, wenn hier nicht andere Umstände hindernd einträten. Diese sind der große Wassergehalt in dem lufttrockenen Torfe, zwischen einem Viertel und der Hälfte des Gesammtgewichtes und selbst darüber schwankend, und die große Aschenmenge, bis zu einem Drittel – herrührend von erdigen Beimengungen, die sich mit den vermodernden Pflanzenresten vermischt haben. In den ungünstigsten Fällen hat man daher in 100 Pfunden Torf kaum 20 Pfund wirkliches Brennmaterial. Auf der andern Seite giebt es auch Torfarten, die das Holz bei weitem an Werth übertreffen und darunter auch solche, die kaum mehr Asche hinterlassen als Holz. Doch die ungünstigeren Verhältnisse kommen wohl öfters vor als die günstigen; den Wassergehalt kann man wohl durch längeres Lagern bedeutend einschränken, aber damit häuft sich auch die Asche, die besonders lästig wird durch das Verstauben. Nichts desto weniger sind große Länderstrecken auf dieses Brennmaterial angewiesen, da die Torfablagerungen in bedeutenden Ausdehnungen auftreten, so namentlich an den Gestaden der Nord- und Ostsee und es ist wohl keine Frage, daß diese Bildungen durch Uebertreten des Meerwassers auf die flachen Küsten vermittelt worden sind. Fast ein Siebentel des gesammten Flächeninhaltes der irischen Insel wird von Torfmooren gedeckt, während das nahe England Ueberfluß an den besten Steinkohlen hat. Die Wichtigkeit dieser Ablagerungen übersteigt hier weit die Tiefe von 70 Fuß. Die größte Ausdehnung eines Torfmoores finden wir in Nordamerika, – eine Breite von 25 und eine Länge von 40 Meilen.

Wie bei den Kohlen unterscheiden wir auch hier jüngere und ältere Bildungen; in den ersteren finden wir die Pflanzen – die Wurzeln und Stengel – noch, mehr oder weniger selten und daher kommt die Lockerheit und leichte Zerbrechlichkeit, während in den letzteren jede Spur des Ursprungs verschwunden ist und der Torf nichts weiter zu sein scheint, als eine brennbare Erde. Jenen nennen wir Rasentorf, diesen Moortorf und die ältesten Glieder Pechtorf. Je schwerer und dichter der Torf, um so besser muß er sein, – wenn hier nicht das eintritt, dessen wir oben Erwähnung gethan haben, – denn damit steigt so auch das Gewicht der Masse in einem gleichen Raume. Daher sucht man in neuester Zeit die Güte des Torfes durch starkes Pressen zu erhöhen, wobei man noch den Vortheil erlangt, daß eine große Menge Wasser entfernt wird. Wird der Torf durch seine zu große Dichte oder zu großen Aschengehalt nicht daran verhindert, so entzündet er sich eben so leicht wie das Holz.

Bei den Braun- und Steinkohlen ist die Zersetzung weiter vorgeschritten und um so mehr hat sich in ihnen, im Vergleich zum Holze der Kohlenstoff angehäuft, so daß als die Endglieder dieser Bildungen der Anthracit - eine Kohle, die nur sehr geringe Mengen von Sauerstoff und Wasserstoff enthält und die man deshalb natürliche Kohle nennen kann, - und der Graphit, - reine Kohle, austreten. An Uebergangsstufen dieser einzelnen Bildungen fehlt es nicht; mancher Torf ist auf den ersten Blick und von dem Laien nicht von der Braunkohle zu unterscheiden und manche Braunkohle nicht von der Steinkohle. Daß auch die beiden letzteren von Pflanzen herrühren, ist längst außer Zweifel gesetzt; sie selbst liefern in den oft zierlichen Abdrücken der sie begleitenden Gesteine und in oft sehr gut erhaltenen Stämmen die bündigsten Beweise dafür. Wenn man aber in neuerer Zeit selbst so weit gegangen ist, aus diesen Ueberresten die ganzen Pflanzen zu construiren und landschaftliche Bilder für jene Zeiten zu entwerfen, in denen keines Menschen Fuß die Erde betreten hatte, so dürfen wir dies mehr oder weniger eine Spielerei nennen, da die Phantasie einen überwiegenden Theil an dieser Arbeit hat. Die Pflanzen, welche die Braunkohlen bilden, stehen den heutigen Formen näher als die, welche wir in den Steinkohlen finden; außerdem aber sind selbst die Pflanzen in den einzelnen Lagern sehr verschieden.

Die Bildung des Torfes und die Anschwemmungen von Holz, die durch die großen Ströme des amerikanischen Festlandes und Sibiriens noch heute bewerkstelligt werden, geben Anhaltspunkte uns die Entstehung der Braun- und Steinkohlenlager deutlich zu machen. Schwillt das Wasser an, so reißt es zahlreiche Baumstämme mit sich fort; durch den langen Aufenthalt derselben im Wasser dringt dieses in die Poren des Holzes ein und verdrängt daraus die Luft, wodurch der Baumstamm der größern Schwere wegen, die er nun erlangt hat, die Fähigkeit verliert zu schwimmen. Er sinkt unter. Je näher dem Ausflusse, um so schwächer wird die Gewalt des Stromes. Die Stämme schichten sich entweder hier auf oder sie werden von den Meeresströmungen zu ruhigen Stellen, ja selbst bis zu gegenüberliegenden Küsten weiter fort geführt. Unaufhörlich reißt der Fluß größere oder geringere Massen von seinen Ufern los, die gleichfalls zu Boden sinken, wenn die Schnelligkeit des Stromes nachläßt. Sie überlagern die Baumstämme und bewirken, daß die Zersetzung nur langsam fortschreitet, weil sie den Zutritt des Sauerstoffes, der, stets im Wasser ausgelöst enthalten ist, beschränken. Denken wir uns diese Thätigkeit durch Hunderttausende oder Millionen von Jahren fortgesetzt, so ist sie wohl geeignet Ablagerungen hervorzurufen , die in der Ausdehnung vielen der heutigen Steinkohlenlager nichts nachgeben werden.

Daß[WS 1] vornämlich die Steinkohlen ein anderes Aeußere, eine größere Dichte und Festigkeit zeigen als der Torf, rührt von dem weit beträchtlicheren Alter, von der Hitze, die auf die Pflanzen eingewirkt hat und von dem ungeheuern Drucke her, der auf ihnen lastete. Dadurch sind die einzelnen Theilchen mehr zusammengedrängt worden und haben einen größern Halt erlangt; um so mehr, je bedeutender jene Einwirkungen waren. Der Chemiker zeigt uns, daß die Zusammensetzung der Braun- und Steinkohlen mit der des Holzes große Aehnlichkeit hat; durch einfache Formeln, durch Zahlen also, kann er sehr leicht die Bildung jener aus diesem übersichtlich vor Augen führen. Die Bestandtheile der fossilen Kohlen sind größeren Schwankungen unterworfen als die des Holzes; selbst in ein und derselben Grube ist die Zusammensetzung nicht immer gleich, und die Gründe dafür sind leicht zu finden: in der Verschiedenheit der Pflanzen, aus denen die Kohle entstanden und der erdigen Beimengungen. In Bezug auf die letztere und den großen Wassergehalt spricht sich auch die Verwandtschaft, die Aehnlichkeit der Braunkohlen und des Torfes entschieden aus. Bei der Untersuchung von zehn verschiedene Braunkohlen aus der Provinz Sachsen und Brandenburg stieg der Wassergehalt bis auf 51 p.C, und zwar in Kohlen, die schon lange Zeit an der Luft gelegen hatten. Die Asche betrug hier bei den wasserfreien Kohlen bei zweien unter 5 p.C., bei zwei anderen unter 10 p.C., bei den übrigen über 10 p.C. und bei zweien sogar über 20 bis 261/2 p.C. Bei anderen Kohlen ist der Aschengehalt noch viel bedeutender, bis zu 50 p.C. Durch diese beiden Umstände wird der Werth der Braunkohlen natürlich bedeutend verringert, aber dennoch übersteigt die Hitze, wegen der größern Anhäufung des Kohlenstoffes, die des Holzes.

[26] Bei den Steinkohlen sind die erwähnten Verhältnisse günstiger; hier zeigt sich deutlich, daß der Wassergehalt mit der größeren oder geringeren Dichte oder Festigkeit in einem innigen Zusammenhange steht. Wächst diese, so nimmt jener beträchtlich ab, ist aber die Festigkeit eine geringe, so ist der Wassergehalt sehr bedeutend. Bei 48 Steinkohlen aus Schlesien, Westphalen und vom Rhein stieg der Wassergehalt nur auf 8 p.C.; er ist hier also viel geringer als im Holz. Unter dieser großen Zahl betrug nur bei 11 die Asche zwischen 10 bis 15 p.C., nach Abzug des Wassers. Der lästigste Begleiter der Braun- und Steinkohlen ist der Schwefelkies (Schwefeleisen), der sich mitunter auch im Torfe findet und von dem wir schon auf Seite 186 im v. Jhrgng. gesprochen haben.

Unter den Steinkohlen ist die Verschiedenheit im äußeren Ansehen größer als unter den Braunkohlen, Wir haben hier Pechkohle, Schieferkohle, Grobkohle, Blätterkohle, Faserkohle u. s. w.

Die Namen erklären sich von selbst, Verschiedenheiten in der Zusammensetzung der Kohle bedingen sie nicht. Eine andere Eintheilung bezieht sich auf das Verhalten in der Hitze. Man spricht hier von Baukohlen, Sinterkohlen und Sandkohlen. Die ersteren erleiden eine Erweichung und bilden große zusammenhängende blasige Massen; bei den anderen bleibt die Form unverändert und die Letzteren zerfallen. Diese Verschiedenheit ist bedingt durch die chemische Zusammensetzung, aber der Grund ist noch nicht ganz aufgeklärt. Bis jetzt lehrt uns der Chemiker nur die letzten Bestandtheile kennen; wie diese aber unter sich mit einander verbunden sind, das ist noch nicht erforscht. In der zuletzt genannten Reihenfolge nimmt der Werth der Steinkohlen ab, weil der Gehalt an Kohlenstoff ein geringerer wird.

Wie eingreifend die Förderung dieser unterirdischen Schätze auf die Entwickelung der Gegenwart eingewirkt hat, lehrt am Eindringlichsten England und das kleine Belgien. Auch unser Vaterland selbst bietet uns beachtenswerthe Fingerzeige in Fülle. Hunderte von Essen, die sich hoch zum Himmel emporstrecken, und stattliche Fabrikgebäude in der Nähe von Kohlengruben lehren uns, daß die Gewerbthätigkeit hier günstigen Boden zu einer kräftigen Entfaltung gefunden hat. Und selbst die Küche, die Hauswirthschaft ist nicht unberührt geblieben. In großen Länderstrichen, die mit dem Segen der Braun- und Steinkohlen von der Natur bedacht worden sind, ist die Feuerung mit Holz, eben so wie in den an Torf reichen Gegenden bereits zur Mythe geworden. Bei der Vertheilung ihrer Gaben hat die Natur Deutschland nicht gar zu stiefmütterlich behandelt. Nord- und Mitteldeutschland ist mit ausgedehnten Braunkohlenablagerungen bedacht worden, ungleich reicher und bedeutender sind die Steinkohlengebiete in Schlesien, Westphalen, am Rhein und in Sachsen. Von diesen Kohlen können sich manche den englischen, die man allgemein für die besten hält, würdig an die Seite stellen.

Einige Zahlen werden den allgemeinen Deutungen mehr Färbung geben. England beschäftigt in seinen 3000 Kohlengruben 250,000 Arbeiter, gefördert werden jährlich 34 Millionen Tonnen, die einen Werth von 10 Mill. Pfd. St. repräsentiren. Davon wurden 1850 31/3 Mill. Tonnen ausgeführt; eben so viel verbrauchte die Riesenstadt allein, und fast ein Dritttheil der Gesammtsumme nahm die Eisenproduktion des Landes in Anspruch.

In der Zukunft wird England durch Nordamerika, das 1845 nur 80 Mill. Ctr., England dagegen 573 Mill. Ctr. Steinkohlen förderte, überflügelt werden, denn hier finden sich die ausgedehntesten Steinkohlengebiete. Die des Staates Illinois sind nicht viel kleiner als die Englands, das pittsburger Revier umfaßt 14,000 Q.-M. und durch Pensylvanien, Ohio und Virginien zieht sich ein Kohlenfeld von 63,000 Q.-M.

Preußen förderte 1840 123/4 Mill. Tonnen Steinkohlen, 1847 beschäftigte es in 423 Werken fast 29,000 Arbeiter, 1850 war die Produktion bereits um 8 Mill. Tonnen gestiegen und der Schatz, der aus der Tiefe herausgebracht wurde, belief sich auf 8 Mill. Thaler. Man nimmt an, daß Elberfeld und Barmen allein jährlich über eine Mill. Tonnen verbrauchen. Dazu kamen 1850 noch fast 9 Mill. Tonnen Braunkohlen. In einem Zeitraum von 15 Jahren hatte sich die Gewinnung der Steinkohlen verdoppelt, die der Braunkohlen aber vervierfacht.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Das