Die Frau des Paters
[668] Die Frau des Paters. Die Zeitungen haben unlängst die Nachricht von der Vermählung des Paters Hyacinthe Loyson gebracht, welche am 3. September d. J. von dem Reverend N. Stanley in der Westminster-Abtei zu London vollzogen worden ist. Dieser entscheidende Act, der den Pater Hyacinthe wohl mehr als Andere noch aus der Gemeinschaft der katholischen Priester ausscheidet, obwohl er in seinem erlassenen Briefe sagt, daß er ein solcher sei und bleiben wolle, erfüllt uns nicht allein mit neuem Interesse für diesen Luther des neunzehnten Jahrhunderts, er erweckt auch den Wunsch, etwas Näheres über die Frau zu erfahren, die sich soeben mit ihm verbunden hat.
Das schönste Lob giebt ihr ohne Zweifel der Pater selbst, wenn er sagt: „Ich thue diesen Schritt mit Ueberlegung und Freudigkeit; ich bin ihn der edlen Freundin schuldig, welche mir seit mehreren Jahren die größte Aufopferung bewiesen hat. Als ich vor fünf Jahren aus dem Kreise der Kirchenglieder ausgestoßen ward, als meine Glaubensbrüder, meine Freunde, ja selbst meine Familie sich von mir abwendeten, da wäre ich an mir selbst und an der Menschheit verzweifelt, wenn mir diese hochherzige Freundin nicht Alles ersetzt hätte.“
Mrs. E. Meriman, jetzt Madame Hyacinthe Loyson, ist die Wittwe eines angesehenen Kaufmanns aus New-York; sie besitzt ein bescheidenes Einkommen, das sie durch schriftstellerische Arbeiten zu vergrößern weiß; sie ist etwa fünfunddreißig Jahre alt, von hoher, kräftiger Gestalt, hat große, seelenvolle Augen, einen schönen Teint und volles schwarzes Haar, das sie gern nach griechischer Weise aufsteckt. Sie hat einen Sohn von sechszehn Jahren, der vor etwa fünf Jahren die internationale Schule zu St. Germain en-Laye besuchte, und hielt sich während des Sommers 1867 in dieser Stadt auf um ihm nahe zu sein. Schreiber dieser Zeilen hatte damals Gelegenheit, mit ihr in Berührung zu treten, und erinnert sich mit Vergnügen des interessanten und liebenswürdigen Eindrucks, den die Dame auf ihn gemacht hat. Das kleine unscheinbare Häuschen in der Rue de Poissy war ein Asyl für Kunst und Gelehrsamkeit; das Arbeitszimmer, dessen Thür nach dem Garten stets geöffnet blieb, bot einen Geist und Auge erfreuenden Anblick durch die Büsten und Gemälde, mit denen es in geschmackvoller Weise geziert war.
Mrs. Meriman, welche zu jener Zeit für eine bedeutende amerikanische Zeitung schrieb, empfing nur wenige gewählte Freunde und widmete sich ausschließlich der Erziehung ihres Sohnes und ihrem schriftstellerischen Berufe; ihre Erholungsstunden waren der Malerei und der Musik gewidmet, für welche sie ebenfalls nicht unbedeutende Anlagen hatte. Mit dieser reichen Begabung, mit dieser Liebe für Kunst und Wissen verbindet Mrs. Meriman eine seltene Bescheidenheit, welche ihren Umgang nur um so anziehender macht; nur bei Erwähnung des tiefen Kummers, den sie bei dem Verluste eines vierjährigen Töchterchens erlitten, ließ sie uns ein rührendes Gedicht sehen, das sie damals geschrieben, und so erfuhren wir von ihrem Talente.
Vielleicht unternimmt es eine geübtere Hand, einige dieser Schriften zu übertragen; es schien uns aber eine angenehme Pflicht, der interessanten Begegnung mit einer Frau zu gedenken, die durch die Vermählung mit einem so tapferen Kämpfer für religiöse Freiheit eine gewisse historische Bedeutung erlangt hat.