Die Furcht vor dem Gewitter
[194] Die Furcht vor dem Gewitter, welche bekanntlich manche Menschen den ganzen Sommer hindurch nicht loswerden, und unter der sogar auch manche Tiere zu leiden haben, hat der amerikanische Psychologe Hiram Stanley zum Gegenstand seiner Untersuchungen gemacht. Eigentlich, so führt er aus, ist die Gewitterfurcht psychologisch nicht erklärbar, wenigstens bei dem gebildeten Menschen nicht, denn diesem zeigt ja die Statistik ganz genau, wie außerordentlich gering die durch Blitzschläge verursachten Unglücksfälle sind. Aber die Gewitterfurcht macht vor der Bildung nicht halt, es giebt vielmehr und hat eine große Anzahl hochgelehrter Leute gegeben, welche sich vor dem Gewitter entsetzlich gefürchtet haben, während die auf sehr niedriger Bildungsstufe stehenden australischen Eingeborenen z. B. um so freudiger gestimmt werden, je heftiger die elektrischen Entladungen sind. Auch viele wilde Tiere, so z. B. der Löwe, geraten bei Gewitter in freudige Stimmung, gezähmte [195] dagegen, wie unser Hunde, verkriechen sich gern. Nach den Untersuchungen H. Stanleys sind nun alle diejenigen, die sich vor Gewittern fürchten, elektrisch sehr empfindliche Menschen. Es ist ja selbstverständlich, daß während der Entladung eines Gewitters, ja sogar wenn es ohne Entladung nur vorüberzieht oder gar erst in der Bildung begriffen ist, bedeutende Veränderungen des elektrischen Zustandes der Erde und ihrer Atmosphäre hervorgerufen werden. Jedenfalls erzeugen nun diese Veränderungen heftige elektrische Wellen, die natürlich auch durch den menschlichen Körper hindurchgehen. Während dies auf die einen aber gar keinen Einfluß ausübt, ruft es bei andern ein gewisses Gefühl der Angst und Bedrückung hervor. Mit anderen Worten: die Gewitterfurcht ist nichts als eine nervöse Störung des Organismus, die ihren Grund in Veränderungen des elektrischen Zustandes der Erde und ihrer Atmosphäre hat.